Gesundheit

Traumjob trotz Behinderung: Eine Initiative hilft

Fast 3.400 Menschen mit Behinderung sind derzeit in Niederösterreich arbeitslos. Bei der Vermittlung hilft die Firma „Menschen und Arbeit“. So fand etwa Christian Gütl, der eine Sehbehinderung hat, einen Job als Masseur. „Die Hände sind meine Augen“, sagt er.

Für „NÖ heute“ besuchten wir Christian Gütl an seinem neuen Arbeitsplatz im Landesklinikum Mauer bei Amstetten. Eine Patientin liegt bereits am Bauch auf der Massageliege, als wir gemeinsam mit dem Masseur eintreten. „Guten Tag. Schultern und Nacken machen wir heute, oder?“, sagt Christian Gütl. Er geht schnurstracks zum Regal, das sich neben der Liege befindet, nimmt das Massageöl und verreibt es zwischen seinen Händen. Anschließend dreht er sich zu seiner Patientin und beginnt mit streichenden Bewegungen seine Behandlung.

„In meinen Augen sehe ich gut“

Wenn man Christian Gütl bei seiner Arbeit beobachtet, ist nichts von einer Behinderung zu bemerken. Jeder Handgriff und jeder Schritt sitzen. „Ich habe seit meiner Geburt eine 90-prozentige Sehbehinderung“, schildert Gütl im Gespräch mit noe.ORF.at. „Ich weiß nicht, wie ein Normalsehender sieht. Ich kenne es nur so, wie ich sehe. In meinen Augen sehe ich gut.“

Christian Gütl
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Christian Gütl muss beim Massieren nicht sehen, erklärt er

Er schlage sich problemlos durchs Leben, meint Gütl. Bei seinem Beruf als Masseur stört ihn seine Sehbehinderung nicht. „Beim Massieren sind die Hände meine Augen. Man spürt. Da braucht man nicht sehen.“ Seit Jahresbeginn ist der 43-Jährige im Landesklinikum Mauer tätig. Vermittelt wurde er von der „Menschen und Arbeit GmbH“.

Die Initiative zählt derzeit 58 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Interessierte können sich bei der Firma bewerben. In einem Erstgespräch wird ermittelt, welche Fähigkeiten vorliegen und in welchem Ausmaß man arbeiten kann und will, schildert Betreuer Thomas Zitzmann. Anschließend beginnt der Vermittlungsprozess.

Zum Traumjob nach 16 Jahren

Christian Gütl hatte bereits bei seiner Bewerbung eine abgeschlossene Masseur-Ausbildung. „Das ist mein Lehrberuf“, erklärt er, „als ich von Salzburg nach Niederösterreich gezogen bin, habe ich aber keine Stelle gefunden und dann eine Trafik eröffnet.“ 16 Jahre lang führte Gütl die Trafik, sein Traumberuf war und blieb aber Masseur. „Ich wollte unbedingt in diesen Beruf zurück, weil mir das einfach Spaß macht und ich gerne mit Menschen zusammenarbeite.“ Nach mehr als 16 Jahren ist das nun gelungen.

Christian Gütl massiert
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Seit seiner Geburt hat Christian Gütl nur zehn Prozent Sehkraft

Schon acht Menschen mit Behinderung, die am Projekt teilnahmen, fanden im Landesklinikum Mauer eine Stelle. „Wir sind ein Klinikum mit großteils psychiatrischen und neurologischen Patienten“, erklärt der kaufmännische Direktor, Robert Danner, die Beweggründe. „Unsere Mitarbeiter sind es daher gewohnt, mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen umzugehen, daher tun wir uns da ein bisschen leichter, diesen Menschen eine Chance für eine Arbeit zu geben.“

Mehr Sensibilität beim Fühlen

Auch wenn Menschen mit Behinderung teilweise eine verstärkte Betreuung im Arbeitsalltag benötigen, können sie eine genauso große Bereicherung für eine Firma sein, wird betont – wie etwa Christian Gütl. „Er ist durch den fast vollständigen Verlust des Augenlichtes mit den Händen sehr viel mehr sensibilisiert als wir“, sagt dessen Betreuer Thomas Zitzmann. Am Landesklinikum Mauer ist die Vermittlung also ein Gewinn für beide Seiten: Für Christian Gütl, der nach 16 Jahren endlich seinen Traumberuf ausüben kann, vor allem aber auch für die Patientinnen und Patienten auf der Massageliege.