Gottfried Gusenbauer
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„GANZ PERSÖNLICH“

Vom Kabelträger zum Museumsdirektor

Seit 2012 ist Gottfried Gusenbauer Direktor des Karikaturmuseums Krems. Im Interview anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Hauses erzählt Gusenbauer von seiner Leidenschaft für Comics und von seinem außergewöhnlichen Werdegang zum Museumsdirektor.

Vor 20 Jahren öffnete das Karikaturmuseum Krems erstmals seine Pforten. Bis heute ist es nicht nur Österreichs erstes sondern auch einziges Museum für satirische Kunst. Seit seinen Anfängen im Jahr 2001 zeigte das Haus 92 verschiedene Ausstellungen. Knapp die Hälfte der Zeit steht es unter der Leitung von Gottfried Gusenbauer.

Zum Anlass seins Jubiläumsjahres zeigt das Karikaturmuseum derzeit eine außergewöhnliche Jubiläumsschau. Neben
Karikaturen von Manfred Deix, Ironimus, Erich Sokol und Bruno Haberzettl sind auch Comics und Illustrationen von den Anfängen der Kunstgattung bis zu hochaktuellen Arbeiten zu sehen. Direktor Gottfried Gusenbauer äußerte sich im Gespräch mit noe.ORF.at erleichtert, dass Museen nun wieder geöffnet haben dürfen und ortet gerade in Zeiten der Krise ein großes Bedürfnis nach Unterhaltung und satirischer Kunst.

noe.ORF.at: Zwei Wochen vor dem Jubiläum wurde der Lockdown gelockert, somit sind Museumsbesuche wieder möglich. Wie froh sind Sie darüber?

Gottfried Gusenbauer: Ich bin sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, wieder aufzusperren. Die Besucher nehmen das Angebot auch sehr gut an – natürlich mit Maske und mit Sicherheitsmaßnahmen, aber wir merken einfach, dass die Leute wieder raus wollen und etwas sehen wollen.

Gottfried Gusenbauer
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Seit seiner Jugend hegt Gottfried Gusenbauer eine Liebe zu Karikaturen und Comics. Einen Lieblingskarikaturisten hat er laut eigenen Angaben nicht

noe.ORF.at: Dennoch ist es wegen der Beschränkungen nur eine geringere Besucheranzahl im Museum. Rechnet sich das?

Gusenbauer: Ja, natürlich rechnet sich das! Wir sind in einer Situation, in der man sagen muss, einerseits wollen wir unsere Künstlerinnen und Künstler präsentieren und andererseits wollen wir auch dem Publikum etwas bieten. Ich merke, dass wir derzeit so etwas wie ein Nahversorger von Kunst und Kultur sind.

noe.ORF.at: Sie sind im Mühlviertel aufgewachsen, aber in Waidhofen an der Ybbs in die HTL gegangen?

Gusenbauer: Das war bei uns ganz normal. Jeden Samstag ist ein Bus nach Waidhofen an der Ybbs gefahren und für einige von uns war es logisch, dass man nach der vierten Hauptschule dann an die HTL geht. Dort waren wir im Kolpingheim und für uns war es keine Frage,
nach Linz an die HTL zu gehen, sondern eigentlich war Waidhofen der klare Weg.

noe.ORF.at: Die HTL ist auf Elektrotechnik spezialisiert, danach haben Sie Wirtschaftsinformatik studiert. Wie kommt man da zu Comics und Karikaturen?

Gusenbauer: Ich hab eigentlich diese HTL schon ein bisschen für meinen Vater gemacht. Er hat sich eingebildet, dass ich Ingenieur werden soll. Ich hatte immer den Daniel Düsentrieb von den Disney-Heften im Kopf und dachte, das klingt interessant, das könnte ich ausprobieren. Durch die Elektrotechnik habe ich meinen ersten Traumjob beim Fernsehen und beim Film bekommen. Ich habe als Kabelträger und Produktionsassistent begonnen, später war ich Kameramann und Cutter.

noe.ORF.at: Sie waren zunächst in Linz für das offene Kulturhaus tätig, haben ein Comicmagazin herausgegeben und seit 2012 sind Sie Direktor des Karikaturmuseums. Ist das so etwas wie die Erfüllung eines Lebenstraums?

Gusenbauer: Auf jeden Fall ist es ein Traumjob, ich bin sehr glücklich darüber. Ich habe in Linz eine Medienwerkstatt geleitet, habe nebenbei ein Projekt mit Comics und Karikatur begonnen, in Linz habe ich im Zuge der Kulturhauptsadt ein Festival gegründet. Als dann der Ruf nach Krems kam, war das natürlich eine große Ehre und eine tolle Aufgabe.

Gottfried Gusenbauer
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Gusenbauer ist gelernter Ingenieur. Über Umwege beim Film landete er schließlich in der Museumswelt

noe.ORF.at: Welchen Stellenwert hat für Sie das Karikaturmuseum in Krems?

Gusenbauer: Es hat einen sehr hohen Stellenwert, auch europaweit. Es gibt nicht so viele Karikaturmuseen. Wir sind wirklich in einer glücklichen Lage. Es gibt das Museum Wilhelm Busch in Hannover oder das Comic-Museum in Angouleme in Frankreich. Gemeinsam ist uns, dass die wichtigsten Museen nicht in der Hauptstadt sind, sondern in kleineren Städten, in Italien etwa in Lucca. Wir arbeiten sehr eng mit diesen befreundeten Häusern zusammen.

noe.ORF.at: Wer ist Ihr Lieblingskarikaturist?

Gusenbauer: Oje, vor dieser Frage habe ich immer Angst! Ich liebe Karikaturen, die minimal gezeichnet sind – wie etwa jene von Rudi Klein oder Michael Pammesberger. Bei der österreichischen Spezialität der farbigen Karikaturen sind natürlich Erich Sokol, Manfred Deix und Gerhard Haderer zu nennen, aber ich kann Ihnen darauf keine Antwort geben.

noe.ORF.at: Seit 20 Jahren besteht das Karikaturmuseum. Was wünschen Sie dem Museum zum Jubiläum?

Gusenbauer: Ich wünsche dem Museum einfach glückliche Besucherinnen und Besucher. Das ist das, was es ausmacht. Wir werden getragen von den Besuchen und das ist halt etwas, das uns freut. Ich möchte, dass die Leute weiterhin lachen im Museum und dass weiterhin eine gute Stimmung ist. Es gibt aber langfristig schon ein größeres Ziel. 1928 ist die Mickey Mouse geboren und wir wollen dann hier im Museum ihren 100-jährigen Geburtstag groß feiern.