Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen (16.10.2015)
HANS PUNZ / APA / picturedesk.com
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Soziales

Therapiezentrum für Flüchtlinge bleibt

Das Aus für das Psychotherapiezentrum Jefira für Flüchtlinge in St. Pölten ist vorerst abgewendet. Dank einiger Großspenden ist der Fortbetrieb bis Jahresende gesichert. Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) hatte kürzlich die Förderung gestrichen.

Berichte über das mögliche Aus für das Psychotherapiezentrum für Flüchtlinge hätten Wirkung gezeigt, dank einiger Großspenden könne man die laufenden Therapien fortsetzen, sagte Heinz Fronek, Leiter des Fachbereichs Psychotherapie und Gesundheit bei der Diakonie Österreich, gegenüber noe.ORF.at. „Wir können durchatmen, aber es ist keine Lösung für das Problem“, so Fronek.

Die Einrichtung in St. Pölten betreut seit fast 15 Jahren traumatisierte Flüchtlinge. Anfang Februar wurde das Ansuchen um eine weitere Förderung aber zurückgewiesen. Damit fehlten Jefira 80.000 Euro im Jahr, das Psychotherapiezentrum stand vor der Schließung. Nun ist der Betrieb zumindest bis Ende des Jahres gesichert. „Die mittelfristige Prognose ist positiv, es gibt eine gewisse Sicherheit für die Klientinnen und Klienten sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber langfristig ist klar, dass wir das Geld vom Land brauchen“, so Fronek.

Waldhäusl: „Das hat kein Niederösterreicher“

Laut dem in Niederösterreich für Integration zuständigen Landesrat Waldhäusl, der die Förderung gestrichen hatte, ist damit aber derzeit nicht zu rechnen. „Es ist in keiner Weise vertretbar, denn beim Land ist derzeit aufgrund von Corona generell Sparen angesagt“, so Waldhäusl im Gespräch mit noe.ORF.at. Die Therapie bei Jefira würde pro Person auf 1.700 Euro kommen. „Es kann nicht sein, dass es eine Art Gutschein ist. Das hat kein Niederösterreicher.“

Durch die Grundversorgung sei gesichert, dass die betroffenen Flüchtlinge Unterstützung bekommen würden. „Sie werden behandelt wie jeder Österreicher auch“, so Waldhäusl. Er kündigte allerdings an, die Situation in einem Jahr neu zu evaluieren. „Sollte es ausufern, muss ich die Entscheidung neu bewerten. So wie es derzeit ausschaut, werden wir uns seitens des Landes aber Geld ersparen.“

Kritik von Gesundheitsexperten

Nachdem das mögliche Aus für Jefira bekanntgeworden war, gab es Kritik von zahlreichen Experten aus dem Gesundheitsbereich, etwa dem Landesverband für Psychotherapie, dem Primar am Wiener Wilhelminenspital und Traumaexpertinnen der Universitäten Wien und Klagenfurt. Die Aufarbeitung von traumatischen Erfahrungen sei für Flüchtlinge dringend notwendig, um sich in die Gesellschaft integrieren zu können, lautete der Tenor. Psychotherapie für diese Personengruppe würde darüber hinaus Folgekosten für das Gesundheitssystem verhindern, indem es zu weniger Krankenhausaufenthalten und weniger Krankenständen wegen chronischer Beschwerden kommen würde.

„Jetzt melden sich viele und schimpfen sich Experte“, meinte Waldhäusl dazu. Die Behauptungen seien „nicht wissenschaftlich und nicht mit Zahlen untermauert“, so der Integrationslandesrat. „Es kann jeder diese Personen durch Spenden unterstützen. Ich kann es nur nicht weiter verantworten, dass sie besser gestellt sind.“

Diakonie: „Kein Luxus, sondern Notwendigkeit“

Die Menschen, die von Jefira betreut werden, haben unter anderem Krieg und Folter erlebt. Um ihre Erfahrungen aufzuarbeiten, braucht es speziell ausgebildete Dolmetscher. Diese werden von der Diakonie bezahlt und seien „kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit“, sagte Fronek. „Das, was die Menschen erlebt haben, benötigt eine spezielle Herangehensweise, die man nicht in jeder Psychotherapieausbildung lernt. Die Leute haben eine Zusatzausbildung, was Traumatisierung betrifft. Zudem braucht es auch für sie die Möglichkeit zum Austausch etwa in Form einer Supervision.“

In Österreich gibt es in jedem Bundesland zumindest eine Einrichtung, die auf Psychotherapiebehandlungen von Flüchtlingen spezialisiert ist. „Wenn in Niederösterreich das Bundesland auslässt, ist das hochproblematisch“, so Fronek. Er verwies darauf, dass es in den vergangenen Jahren bereits deutliche Kürzungen gegeben habe. Drei weitere Standorte außerhalb von St. Pölten mussten deshalb geschlossen werden, das Therapieangebot musste deutlich reduziert werden.

Borkenkäfer-Sager: Waldhäusl fühlt sich missverstanden

Kritik übte der Leiter der Fachabteilung Psychotherapie der Diakonie Österreich darüber hinaus an den jüngsten Wortspenden von Landesrat Waldhäusl. „Die Flucht war für die Menschen extrem traumatisierend, nun gab es diesen Borkenkäfer-Vergleich. All diese Geschichten erzeugen Angst und machen die Menschen noch kränker“, so Fronek.

Waldhäusl fühlt sich hinsichtlich des „Borkenkäfer-Vergleichs“ allerdings missverstanden. „Ich kann nur etwas richtigstellen, was Journalisten nicht verstanden haben“, meinte er. „Tatsache ist, dass ich nie Asylwerber mit Borkenkäfern verglichen habe. Richtig ist, dass ich die Corona-Problematik mit der Borkenkäferproblematik verglichen habe. Die Wirtschaft ist am Boden, die öffentlichen Kassen sind leer. Daher muss man auch das Asylwesen neu überdenken. Ich erwarte mir auch vom Bund, dass es Einsparungen in dem Bereich geben wird“, so Waldhäusl.