Patientenanwalt Gerald Bachinger am 5.3.2021 im NÖ-heute-Interview
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Coronavirus

Bachinger: Vollstes Vertrauen in AstraZeneca

Die jüngsten wissenschaftlichen Daten zum AstraZeneca-Impfstoff machen eine Zulassung für über 65-Jährige und Hochrisikogruppen möglich, so Patientenanwalt Gerald Bachinger. Mit der Zulassung können Impfungen um einige Wochen vorgezogen werden, bestätigt Notruf Niederösterreich.

Es sei angesichts der Infektionszahlen eine freudige Entwicklung für die Altersgruppe 65 plus, so Patientenanwalt Gerald Bachinger am Freitag in „NÖ heute“. Er betonte, dass man aufgrund der jüngsten Studienergebnisse vollstes Vertrauen in den AstraZeneca-Impfstoff haben kann, Impfreaktionen seien in diesen Studien nur geringfügig und vorübergehend registriert worden.

Auf die Frage, ob Österreich angesichts der Dauer der Zulassung zu bürokratisch sei, sagte Bachinger: „Wir sind sehr sorgfältig und achtsam im Umgang mit der Gesundheit der Bevölkerung. Wir wissen, dass die europäische Zulassungsbehörde EMA bereits Ende Jänner AstraZeneca bedingt zugelassen hat, ohne Altersbeschränkung ab 18. Aber es haben noch Daten gefehlt, deswegen haben die österreichischen Behörden noch einen kleinen Zeitraum eingeschoben, um bessere Daten einzuholen.“

Patientenanwalt Gerald Bachinger am 5.3.2021 im NÖ-heute-Interview
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Patientenanwalt Gerald Bachinger im „NÖ heute“-Interview mit Claudia Schubert

AstraZeneca soll Tempo bei Impfungen erhöhen

Durch die Altersfreigabe von AstraZeneca erwartet sich Bachinger nun einen Schub in den höheren Altersgruppen. In Niederösterreich sind nach einer Berechnung der APA nur knapp 26 Prozent der über 85-Jährigen geimpft, das ist der niedrigste Wert im Bundesländervergleich. Bachinger mahnte bei diesen Vergleichen zur Vorsicht, laut seinen Informationen sei Niederösterreich im unteren Drittel der Bundesländer.

Diese Woche durfte Lehr- und Kindergartenpersonal Impftermine mit AstraZeneca-Impfstoff buchen. Es könne nun passieren, dass es zu Terminverschiebungen kommt, denn der Impfstoff werde insgesamt nicht mehr, so Bachinger im Gespräch mit „NÖ heute“-Moderatorin Claudia Schubert. Jene Personen, die einen Termin buchen konnten, werden aber geimpft. Das sagte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Freitag. Es werde aber keine neuen Termine geben, solange nicht alle über 65-Jährigen und Hochrisikopatienten geimpft seien, so Kurz – mehr dazu in Ältere haben nun „absoluten Vorrang“ (news.ORF.at; 5.3.2021).

Gesundheitspersonal durch Hygiene und Tests unterstützen

Die steigenden Zahlen in den Spitälern sind für Bachinger ein Zeichen, dass das Land vor der nächsten Welle stehe. „Wir werden das in den nächsten Tagen sehen, wie sich das entwickelt. Wenn es so weitergeht, dann müssen wir das Krankenhauspersonal besonders unterstützten. Die sind ein Jahr im Dauereinsatz, da müssen wir als Bevölkerung darauf achten, dass die Hygienemaßnahmen weiter eingehalten werden.“ Mit Maßnahmen wie Händewäschen bis zum regelmäßigen Testen leiste man einen Beitrag, um das Gesundheitssystem zu entlasten.

AstraZeneca-Impfstoff
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Wegen der eingeschränkten Datenlage war in vielen Ländern eine Empfehlung abgegeben worden, vorerst Personen unter 65 Jahren zu impfen. Nun gibt es neue Daten, die eine Zulassung ermöglichen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium

Dass Operationen wieder im großen Stil verschoben werden müssen, erwartet der Patientenanwalt derzeit noch nicht. Durch das Testen und die Impfungen könne das womöglich verhindert werden. Man sehe etwa bei den geimpften Bewohnerinnen und Bewohnern in Pflegeheimen, dass diese bei einer Infektion nicht mehr auf Intensivstationen behandelt werden müssen.

Impfplan wird derzeit überarbeitet

Ende nächster Woche oder übernächste Woche könne man wegen der Zulassung nun Termine für Hochrisikopatientinnen und -patienten freischalten, so Stefan Spielbichler, Sprecher von Notruf Niederösterreich am Freitagnachmittag gegenüber noe.ORF.at. Damit sei man um einige Wochen früher dran als ursprünglich geplant. Nächste Woche soll es zudem wieder eine Anmeldemöglichkeit für über 80-Jährige geben, diese hätte aber auch ohne Zulassung von AstraZeneca stattgefunden.

In den nächsten zwei Wochen beziehungsweise bis Ende März erwarte man über 40.000 Impfdosen von AstraZeneca in Niederösterreich. Damit werden auch 200 zusätzliche Hausärzte mit dem Impfen beginnen. Somit dürfte es auch mehr Impfmöglichkeiten in Wohnortnähe geben. Dass Personen in manchen Fällen für eine Impfung weite Wege zurücklegen müssen, war einer der Kritikpunkte der vergangenen Wochen.

Mikl-Leitner begrüßt Entscheidung

Wien war bereits vorgeprescht und startete diese Woche mit dem AstraZeneca-Impfstoff auch bei über 65-Jährigen – mehr dazu in AstraZeneca: Impfgremium empfiehlt Vakzin für Ältere (news.ORF.at; 5.3.2021). Die Ärztekammer Niederösterreich sowie Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) – sie hatte zuletzt eine rasche Zulassung für über 65-Jährige gefordert – begrüßen die Entscheidung des Impfgremiums. „Ich halte es mit den Expertinnen und Experten: Jeder Impfstoff, der verfügbar ist, ist ein guter Impfstoff und der schlechteste ist jener, der nicht verfügbar ist“, so Mikl-Leitner.

Zu einer Häufung von Infektionsfällen kommt es unterdessen in den niederösterreichischen Spitälern. Im Universitätsklinikum St. Pölten wurden 34 Fälle gezählt, im Landesklinikum Wiener Neustadt 17. Betroffen ist davon ausschließlich das Personal, also etwa Ärztinnen und Pfleger. Laut Bernhard Jany, Sprecher der Landesgesundheitsagentur, habe das keine Auswirkungen auf die Personalsituation.

Cluster in Kindergarten und mehr B.1.351-Fälle

In Wiener Neustadt bereitet den Gesundheitsbehörden auch ein Cluster in einem Kindergarten Sorgen. Hier wurden am Freitag 18 Infizierte gezählt, so Anton Heinzl, Sprecher von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). Gegenüber dem Vortag ist das ein Anstieg von zwei Fällen. Es handle sich um zehn Kinder und acht Erwachsene.

Nach oben geklettert ist im Vergleich zum Donnerstag auch die Zahl der Südafrika-Fälle. Hier wurden laut dem Büro der Gesundheitslandesrätin drei weitere und damit 26 registriert. Die neu identifizierten Erkrankten stammen aus den Bezirken St. Pölten, Hollabrunn und Korneuburg. Insgesamt sieben der im Bundesland mit der Variante B.1.351 Infizierten sind wieder genesen.