Fitnessstudio, Gewichte, Hanteln
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CORONAVIRUS

Einem Drittel der Fitnessstudios droht die Insolvenz

Zusammengerechnet acht Monate seit dem ersten Lockdown stehen die Ergometer in den Fitnessstudios still. Branchensprecher rechnen damit, dass bis zu einem Drittel der Betriebe die Insolvenz droht. Auch eine baldige Öffnung würde die Probleme noch nicht lösen.

268 Fitnessstudios gibt es in Niederösterreich. Alle Betreiber sehnen sich danach, bald wieder zu öffnen. Wie viele dann tatsächlich noch aufsperren können, ist fraglich. „Wir rechnen damit, dass aktuell 30 bis 50 Prozent aller Betreiber mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Wir schätzen auch, dass bis zu einem Drittel diese Krise nicht überleben werden“, skizziert Branchensprecher Werner Weissenböck von der Wirtschaftskammer Niederösterreich ein düsteres Bild.

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Betreiber kritisieren vor allem die fehlende Perspektive für ihre Branche

Die lange Schließung setzt den Betreibern massiv zu – auch eine baldige Öffnung werde die Probleme alleine nicht lösen können. Viele Mitglieder kündigten während der beiden Lockdowns ihr Abo und trainieren nun vermehrt zu Hause.

„Die Förderungen, die wir aktuell erhalten, sei es Fixkostenzuschuss oder Umsatzersatz, decken bei Weitem nicht unsere Kosten. Die viel drastischere Seite ist allerdings, dass wir aktuell Kunden verlieren – ohne aber gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, neue Kunden dazu zu gewinnen“, so Weissenböck. Vorsichtigen Schätzungen der Branchenvertreter zufolge wird es drei bis fünf Jahre dauern, um den Kundenstock aus der Zeit vor dem ersten Lockdown wieder herzustellen.

Österreichweit 25 Prozent weniger Mitglieder

Weniger Mitglieder – österreichweit sind es 25 Prozent – bedeutet auch gleichzeitig weniger Umsatz nach Wiedereröffnung. Es ist eine bedrückende Perspektive, die auch Lisa Riegler, Inhaberin einer Crossfit Box in St. Pölten, spürt. „Man fragt sich jeden Tag, ob man noch überleben kann und in der Branche richtig ist“, beschreibt Riegler ihre Situation. Sie ist hauptberuflich Physiotherapeutin, nur mit ihrer Box alleine könnte sie sich finanziell derzeit nicht über Wasser halten.

„Mit jedem Monat, der vergeht, wird es dramatischer“, zeichnet Sascha Bauer, Inhaber von vier Studios in Niederösterreich, ein ähnliches Bild. „Unser Mitgliederstamm ist vergleichbar mit einem Eisberg, der bei Leuten, die länger im Geschäft sind, natürlich breiter ist. Aber er schmilzt bereits bedrohlich und wird immer dünner.“

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Zusammengerechnet fast acht Monate sind die Fitnessstudios bereits geschlossen

„Wir fühlen uns ungleich behandelt“

Im Vergleich zur Gastronomie fühlt sich Niederösterreichs Branchenvertreter, der sechs Studios betreibt, ungleich behandelt. Speziell beim Contact Tracing hätten sie laut eigener Aussage klar die besseren Voraussetzungen. „Durch unsere elektronischen Systeme können wir minutiös jeden Kunden erfassen, ohne einer ähnlichen Zettelwirtschaft wie in der Gastronomie“, beschwert sich Weissenböck.

Die Inhaber betonen zudem, dass Fitnessstudios einen wesentlichen Beitrag zum körperlichen Wohlbefinden leisten. „Wir Menschen brauchen Bewegung und brauchen auch den Sport in der Gruppe. Natürlich mit Abstand und allen Sicherheitsvorkehrungen, die in unserem Bereich leicht umsetzbar sind. Gerade darauf sollte jetzt – mehr denn je – Wert gelegt werden“, wünscht sich auch Lisa Riegler. Die Fitnesskrise inmitten der Gesundheitskrise erscheint umso paradoxer, wenn man bedenkt, dass Übergewicht zu schweren Verläufen bei einer Coronavirus-Erkrankung führen kann.