entwurzelter Baum im Urwald Rothwald im Wildnisgebiet Dürrenstein
Werner Gamerith
Werner Gamerith
Umwelt

Dürrenstein: Fläche soll sich verdoppeln

Seit seiner Gründung im Jahr 2002 ist das Wildnisgebiet Dürrenstein auf inzwischen 35 Quadratkilometer gewachsen und seit 2017 Weltnaturerbe. Nun steht der nächste entscheidende Schritt bevor: Eine Erweiterung in die Steiermark auf das Doppelte seiner Fläche.

Die Waldgebiete im südlichen Mostviertel dürfen kommerziell nicht mehr genützt werden, sogar betreten ist verboten. Ausnahmen stellen geführte Touren dar, die allerdings schnell ausgebucht sind – und das zum Teil Jahre im Voraus. Das Unberührte soll eben auch unberührt bleiben. Nur wenige Menschen pro Jahr können also diesen Anblick und das dazugehörige Gefühl im Wildnisgebiet rund um den letzen Urwald Mitteleuropas, den Rothwald, genießen.

Ausstellung: 70 Quadratkilometer auf 700 Quadratmetern

Für alle anderen wurde in Lunz am See (Bezirk Scheibbs) ein „Haus der Wildnis“ gebaut, das Einblicke in den Urwald gewährt. 70 Quadratkilometer werden konzentriert auf 700 Quadratmeter Ausstellungsfläche – samt elektronisch vermittelter Einsichten, die man auch in der Natur nicht hat. So kann beispielsweise ein Blick via Tablet ins Innere eines alten, abgestorbenen Baumstammes geworfen werden, der Basis für neues Leben ist.

Eröffnet wird das Haus der Wildnis im Mai, zu sehen sein wird ein Geländemodell. Schon eingerechnet ist der neue steirische Teil von rund 35 Quadratkilometern, über dessen offizielle Anbindung aber noch final verhandelt wird, wie die steirische Naturschutzlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) betont: „Bestrebungen gibt es schon seit Jahren, das Gebiet in die Steiermark auszuweiten. Wir sind in den letzten Verhandlungen, und ich bin positiv gestimmt.“

Fotostrecke mit 3 Bildern

Ausstellung
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In der neu geschaffenen Ausstellungsfläche können Besucherinnen und Besucher in das Wildnisgebiet eintauchen, auch ohne in die geschützte Natur einzudringen
Ausstellung
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Auf 700 Quadratmetern Ausstellungsfläche bekommen Gäste einen Eindruck des Rothwaldes
Digitale Ausstellungsstücke
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Viele Exponate arbeiten mithilfe digitaler Medien. So kann man etwa durch ein Tablet ungewohnte Blicke in das Innere von Bäumen werfen

Der steirische Agrarlandesrat Johann Seitinger (ÖVP) pflichtet ihr bei: „Es geht noch um die eine oder andere vertragliche Situation, aber im Grunde genommen sind wird bereit, diesen Schritt nach vorne zu gehen, eine zweite solche Chance wird es so bald nicht geben.“ Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) weist auf die Sehnsucht nach der Natur hin, die durch die Pandemie weiter gestiegen sei: „Wenn wir dieses Symbol dafür in Zukunft noch größer bewahren können, dann ist uns – in Niederösterreich und der Steiermark gemeinsam – etwas gelungen für alle Menschen in Österreich.“

Großteil der Fläche kommt von den Bundesforsten

Eine zentrale Rolle spielen die Österreichischen Bundesforste, denen der Großteil dieser Fläche gehört – und damit der Republik Österreich. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), in deren Ressort die Bundesforste fallen, zeigt sich zufrieden: „Dieses Gebiet ist absolut schützenswert. Es ist schön, dass es eine so große Fläche noch gibt, die ein reines Wildnisgebiet ist. Die länderübergreifende Einigung nach vielen Jahren der Gespräche macht stolz, dass es gelungen ist, diesen Naturschatz zu bewahren.“

Baumwurzeln im Urwald Rothwald im Wildnisgebiet Dürrenstein
Werner Gamerith
Das Wildnisgebiet Dürrenstein beheimatet einen der letzten echten Urwälder Europas

Alles deutet also darauf hin, dass das Wildnisgebiet schon bald doppelt so groß sein wird wie bisher. Christoph Leditznig, der Geschaftsführer des Wildnisgebietes, rechnet mit einer endgültigen Umsetzung im Sommer. Schon jetzt werde das Team um einige Mitarbeiter erweitert, eine neue Mitarbeiterin habe ihren Sitz in Graz, um die direkte Verbindung zu haben, so Leditznig. Und wenn das Haus der Wildnis in Lunz zum Besuchermagneten wird, kann die Ausstellungsfläche ebenfalls verdoppelt werden.

Naturgeschichte über Jahrtausende

Die Geschichte des Wildnisgebietes beginnt in der Eiszeit. Der sogenannte Rothwald, der so heißt, weil er der Bankiersfamilie Rothschild gehörte, war nie genützt worden und ist somit seit der Eiszeit unberührt. Die Rothschilds stellten ihn unter Schutz, damit dies auch so bleibt. Dieser 500 Hektar große Rothwald, einer der letzten echten Urwälder Europas, bildet den Kern des Wildnisgebietes. Das wurde im Jahr 2002 mit 2.500 Hektar Fläche gegründet, im Jahr 2013 wurde es auf 3.500 Hektar erweitert.

Im Jahr 2017 verlieh ihm die UNESCO – im Zusammenhang mit dem Nationalpark Kalkalpen und weiteren Buchenwäldern Europas – den Status eines „Weltnaturerbes“. Es ist das erste und bislang einzige in Österreich. Der nächste Schritt ist die jetzt bevorstehende Erweiterung von 3.500 auf 7.000 Hektar Fläche – von Niederösterreichs südlichem Mostviertel hinab in die Steiermark bis nach Wildalpen.