Richard Eybner
ORF/Archiv
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Kultur

Richard Eybner: Mime, Kauz und Komiker

Der Geburtstag des Burgschauspielers, Filmlieblings und Vortragskünstlers Richard Eybner – oft als „liebenswerter Kauz und Komiker“ bezeichnet – jährt sich am Mittwoch zum 125. Mal. Eybner wurde am 17. März 1896 in St. Pölten geboren, 1986 starb er in Wien.

Am 17. März 1896 in St. Pölten geboren, besuchte der aus gutbürgerlichen Verhältnissen stammende Sohn des damaligen Bürgermeisters auch die Mittelschule der Stadt, als 14-Jähriger kam er an eine Handelsakademie nach Wien. 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg in russische Kriegsgefangenschaft geraten, entdeckte der 20-Jährige bei Unterhaltungsabenden für seine Kameraden erstmals seine Neigung und sein Talent für das Kabarett und die leichte Muse.

Dennoch schloss er, wieder in Wien, seine Ausbildung als Bankkaufmann ab und trat in die Zentralbank der Deutschen Sparkassen ein. Abends aber war der solide Bankangestellte immer öfter im Variete Leicht im Prater als Kabarettist und Vortragskünstler zu sehen.

Im ersten Jahrgang des Max-Reinhardt-Seminars

1927 legte er die Artistenprüfung ab, im Wintersemester 1929 trat er in den ersten Jahrgang des Max-Reinhardt-Seminars ein. 1930 debütierte Richard Eybner als Dünner Vetter im „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen. Am 1. September 1931 nahm Burgtheater-Direktor Anton Wildgans den Mimen in das Ensemble des Hauses am Ring auf, wo er in Molnars „Schwan“ als Oberst Wunderlich debütierte.

Richard Eybner
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Von 1931 bis 1986 war Richard Eybner auf der Bühne des Wiener Burgtheaters zu sehen

Nestroy- und Raimund-Rollen wurden seine Domäne, hier brillierte er mit einer unnachahmlichen, typensicheren Zeichnung der Figuren. Eybner war im Burgtheater bis zu seinem letzten Auftritt im Juni 1986 in Nestroys „Lumpazivagabundus“ in 316 oft auch kleineren Rollen (in 290 Inszenierungen) stets einprägend.

Seine erklärte Lieblingsrolle freilich wurde eine ernste: Die des Offiziersdieners Jossi in Franz Theodor Csokors „3. November 1918“. Über seine Beziehung zum Jossi sagte Eybner einmal lakonisch: „Diese tragische Figur war mein Hamlet“.

Erfolge in den 1930er-Jahren, Auftrittsverbot nach 1945

Auch Rundfunk und Film hatten ihn bald entdeckt: 1931 drehte er seinen ersten Film „Purpur und Waschblau“ mit Hansi Niese als Partnerin. In der Internet Movie Database, einer internationalen Online-Filmdatenbank, ist Eybner mit 83 Film- und Fernsehproduktionen verzeichnet.

Richard Eybner undatiert
Stadtarchiv St. Pölten
Richard Eybner war auch als Interpret der Lyrik seines Freundes Josef Weinheber bekannt: „Er war ein wirklich großer Meister und großer Dichter.“ Weinheber beging im April 1945 in Kirchstetten (Bezirk St. Pölten) Suizid.

Richard Eybner trat nach eigenen Angaben am 30. Mai 1933 der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bei und gehörte damit zu den frühesten Mitgliedern der bis 1938 in Österreich verbotenen NSDAP. „Als NSDAP‐Mitglied wurde er am 1. April 1940 mit der Nummer 9.017.259 aufgenommen, das heißt, seine angebliche ‚illegale‘ Mitgliedschaft wurde nicht anerkannt“, hieß es 2013 im Bericht des Forschungsprojekts „Straßennamen Wiens seit 1860 als ‚Politische Erinnerungsorte‘“.

In einem ORF-Interview im Jahr 1986 sagte Eybner: „Ich war Pg. (Parteigenosse, Anm.)“. Er wurde nach Kriegsende bis 1946 am Burgtheater suspendiert, hatte Auftrittsverbot und „ging auch freiwillig – so seine eigenen Angaben – im Stephansdom ab August 1945 als ehemaliger Nationalsozialist Schutt räumen“, so Oliver Rathkolb 2013 in seinem Bericht.

In den 1950er-Jahren verschrieb sich Eybner, der nach eigenen Aussagen während seines ganzen Berufslebens von Lampenfieber geplagt wurde, nebenbei dem heiteren Musiktheater. Ohne jemals Gesangsunterricht genossen zu haben, übernahm er an der Volksoper insgesamt 16 Operettenpartien mit mehr als 1.000 Auftritten. Sein Repertoire reichte hier von der Paraderolle des Frosch in der „Fledermaus“ bis hin zum „Bettelstudent“ und „Vogelhändler“. „Ich hab‘ nicht schön gesungen“, charakterisierte er seine Sangeskunst mit Selbstironie, „aber laut genug“.

„Universum der Eybnerschen Sonderlinge und Narren“

Als Vortragskünstler hatte sich Richard Eybner vor allem mit Mundartgedichten von Josef Weinheber („Wien wörtlich“) über Georg Strnadt bis H.C. Artmann einen Namen gemacht, der abseits von Kitsch und Schmalz die hintersinnige, auch bösartigere, Wiener Tonart traf.

Richard Eybner vor einem Bild seines Vaters im Rathaus in Sankt Pölten
Stadtarchiv St. Pölten
Richard Eybner im Jahr 1986 im Rathaus von St. Pölten vor einem Bild, das seinen Vater Otto Eybner (1856-1917) zeigt, der von 1906 bis 1917 Bürgermeister von St. Pölten war

Achim Benning, der 13. Direktor des auch nach seiner Pensionierung 1972 für das Burgtheater unverzichtbar gewesenen Mimen, sagte nach der Festvorstellung von „Freiheit in Krähwinkel“ anlässlich von Eybners 90. Geburtstag über den „listig Bescheidenen“, der sich gerne als Diener der großen Dichter hinstellte, in anerkennender Umkehrung: „Du hast alle diese Figuren zwischen dem Oberst Wunderlich von 1931 und dem Reakzerl von heute Abend den Dichtern entführt und in dein ureigenes Reich eingebürgert. Du hast das Universum der Eybnerschen Sonderlinge und Narren erschaffen“.

Richard Eybner war Kammerschauspieler und Professor, seine Geburtsstadt St. Pölten verlieh ihm 1969 den Jakob-Prandtauer-Preis für Wissenschaft und Kunst. Am 20. Juni 1986, drei Monate nach seinem 90. Geburtstag, starb der Schauspieler. Das von der Stadt Wien ehrenhalber gestiftete Grab befindet sich auf dem Döblinger Friedhof. Seit 1990 gibt es in Wien-Döbling einen Richard-Eybner-Park (Ecke Billrothstraße/Silbergasse).