Ganz persönlich Schauspieler Christopher Schärf
ORF/Andreas Kotzmann
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„Ganz persönlich“

Film-„Strizzi“: „Das war für mich mystisch“

Schauspieler Christopher Schärf ist als „Strizzi“ bzw. Gauner bekannt. Im ganz persönlichen Interview spricht der Niederösterreicher über die Mühsal bei den Dreharbeiten während der Pandemie, sein Studium in New York und die Flucht in die Berge.

Filme lösten bei Christopher Schärf schon immer eine besondere Faszination aus, genauso wie die Schauspielerei. Doch die ersten konkreten Berührungspunkte mit dem Film bzw. Dreharbeiten hatte er als Lichtassistent. „Ich wusste nicht, was ich studieren soll. Und solange ich das nicht wusste, wollte ich Geld verdienen“, erzählt er im persönlichen „NÖ heute“-Interview.

Mittlerweile hat sich der Niederösterreicher in der Filmszene fest etabliert. Sein Erfolgsrezept: „Es geht nicht darum, dein Ego zu schüren, sondern dein Ego aufzugeben und 100 Prozent zu geben.“ Der Niederösterreicher kann aber viel mehr Talente aufweisen. In der Coronaviruskrise entdeckte er seine Liebe zum Malen und Musizieren. „Das war so mein Auffangnetz.“

noe.ORF.at: Seit mehr als einem Jahr leben wir mit der Pandemie. Wie geht es Ihnen? Homeoffice und Schauspielen geht ja eigentlich nicht.

Christopher Schärf: Es geht schon, es muss gehen. Der Fokus ist mehr auf e-castings. Das heißt, ich nehme meine Castings vor neutralem Hintergrund selbst auf und schicke sie ein. Es ist natürlich alles sehr mühsam. Das schwierige beim Homeoffice für mich ist, dass ich nicht zu viel in meinem Kopf bin. Ich bin ja ein sehr kopflastiger Mensch. Ich lese jetzt viel mehr oder arbeite intellektuell und dann muss ich halt raus. Ich fahre viel auf die Berge und aufs Land, einfach um mal rauszukommen.

noe.ORF.at: War die Coronakrise eine Art Pausenknopf?

Schärf: Bei mir war’s eigentlich so, dass ich vor und während der Pandemie nur gearbeitet habe. Es ist schon sehr komplex. Denn die Sachen, die letztes Jahr so schön aufgeteilt gewesen wären, die waren dann alle komprimiert: Lockdown, dann war alles offen, und dann kam alles gleichzeitig. Das war schon schwierig für mich.

noe.ORF.at: Wie funktionieren denn Dreharbeiten in der Coronavirus-Pandemie?

Schärf: Es gibt meiner Erfahrung nach zwei Varianten. Entweder das ganze Team wird ständig getestet. Wir hatten bei Drehs auch immer wieder Gesundheitsbeauftragte, die die Tests kontrolliert haben und die Abstände. Dann bist du in einer Blase und du bleibst als Team. Aber beim „Tatort“-Dreh hatten wir ganz spezielle Auflagen. Ich als Hauptdarsteller wurde abgekapselt vom Team. Ich durfte die Maske nur runternehmen, wenn die Klappe geschlagen wurde. Ich durfte nur allein essen in meinem Trailer und ich musste drei oder vier Wochen ganz in Quarantäne, also Essen vor die Haustür. Das war schon heftig.

noe.ORF.at: Für die Kulturwirtschaft ist die Pandemie ein schwerer Schlag – ist es Ihnen auch so ergangen?

Schärf: Beim Fernsehen wird sogar mehr gedreht, kommt mir vor. Weil die Leute mehr gezwungen sind, zuhause zu sein. Ich hatte schon viele Castings. Es wird wirklich viel Geld in die Gesundheitsauflagen investiert. Netflix und auch Amazon drehen schon viel, weil die schon auch wissen, die Leute setzen sich hin und schauen Serien oder streamen.

noe.ORF.at: Sie sind nach der Matura zum Film gekommen und zwar als Lichtassistent.

Schärf: Mich hat das Schauspielen immer interessiert. Ich hatte immer einen Bezug zum Film. Ich habe es immer faszinierend gefunden, wenn ich Filme anschaue, da übertragt sich was, das war für mich mystisch und interessant.

Ich wusste nicht, was ich studieren soll. Und solange ich das nicht wusste, wollte ich Geld verdienen. Wo brauchen sie viele Leute? Beim Film. Da haben alle gesagt ‚Das ist cool und da kriegt man Einblick‘ und das ist physisch und ich wollte was Körperliches machen, das war wie Training (lacht). Das war eine coole Crew. Wir haben Musikvideos gemacht und das war dann schon so „wow“.

Aber ich war eigentlich immer bei den Schauspielern. Ich habe mir dann gedacht, wenn ich das jetzt nicht probiere und dem Impuls nicht nachgebe, dann bereue ich das einmal. Und dann bin ich zu Castings gegangen und habe mich verliebt in die Schauspielerei.

Ganz persönlich Schauspieler Christopher Schärf
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Durch die Coronaviruspandemie hatte Schärf Zeit zum Reflektieren und ist mit sich seither mehr im Einklang

noe.ORF.at: Sie sind dann nach New York gegangen und haben dort Schauspiel studiert – was kann man in New York lernen, was man in Österreich oder Wien nicht lernen kann?

Schärf: Ich würde sagen, Schauspielen ist eine Kunstform, so wie ich sie sehe, weil ich mich sehr reinhau und was von meiner Seele hergebe. Ich war auf Schauspielschulen hier, habe aber abgebrochen. Ich war eigentlich Autodidakt und habe mir das selbst beigebracht. Ich habe auch viele Workshops gemacht. Den Ausschlag gab ein Workshop in Berlin, bei einer Legende im Filmbusiness, der eigentlich in New York war. Das war so, wie ich mir das immer vorgestellt habe.

Mir ist damals klar geworden, dass ich in New York studieren möchte. Ich habe also mein Geld gespart und bin nach New York gezogen. Dort habe ich keine Schauspiel-Technik gelernt. Du lernst vielmehr, dass du individuell für dich, deinen Weg findest. Es geht nicht darum, dein Ego zu schüren, sondern dein Ego aufzugeben und 100 Prozent zu geben.

noe.ORF.at: Es gibt eine Rolle, die man mit Ihnen verbindet.

Schärf: Ja, welche?

noe.ORF.at: Den Gauner, den Strizzi.

Schärf: Ah, ja, das bleibt hängen, oder? Ich glaube, das war seit „Einer von uns“.

noe.ORF.at: Stört Sie das?

Schärf: Nein, ich finde diese Rollen viel spannender, weil man viel mehr reingeben kann. Als ich den Zuhälter im Landkrimi „Achterbahn“ gespielt habe, da waren wir ja wirklich in den Puffs drehen und der Typ, dem das Puff gehört, der kam dann zu mir und sagt: „Heast Oida, du bist aber schon ein Echter" (lacht). Da habe ich mir gedacht, super, danke, das passt. Das sind dann so Schmankerl, wenn die Leute das sagen, dann ist das cool, weil dann weiß ich, ich bin authentisch.

noe.ORF.at: Wir haben uns in Ternitz getroffen, in einem Atelier eines Freundes von Ihnen mit dem Sie Musik machen und hier malen Sie auch. Ist das Ihr Ausgleich zum Coronablues?

Schärf: Das ist absolut mein Ausgleich. Ich glaube so viel Musik wie hier habe ich überhaupt noch nie gemacht. Der Bernd (Anm.: Besitzer des Ateliers) hat mich auch zum Malen gebracht. Der Berg und das, das war so mein Auffangnetz würde ich jetzt mal sagen und sonst war ich eigentlich nirgends.

noe.ORF.at: Können Sie der Coronapandemie auch was Positives abgewinnen?

Schärf: Ja, schon. Mir kommt vor, ich bin mehr mit mir im Einklang als vorher. Also, ich brauche das schon, das Fortgehen, aber ich denke, man hat jetzt auch Zeit zu reflektieren. Ich habe viel mehr Bezug zur Natur, ich bin viel mehr mit meiner Familie zusammen, und ich bin sehr bei mir angekommen. Ich habe das System runtergefahren. Ich bin eh viel zu viel Tausendsassa. Aber das geht jetzt nicht. Ich merke dann eben, ich will eigentlich nur mehr in die Berge. Man setzt sich mit Dingen auseinander, die man sonst nicht machen würde.

noe.ORF.at: Was sind die nächsten Projekte?

Schärf: Ich drehe im August einen Film. Der Film nimmt Bezug auf eine Geschichte um eine Homo-Ehe beim Militär. Ich spiele einen Offizier. Das ist natürlich cool, weil ich bisher noch nie in meinem Leben etwas mit dem Militär zu tun hatte. Das ist das Erstlingswerk eines Regisseurs, das sehr spannend ist, weil ich mich noch beim Drehbuch einbringen kann.