CHRONIK

Wirte wollen nach der Krise weiter liefern

Weil die Gastronomiebetriebe geschlossen sind, bieten viele Unternehmen einen Lieferdienst an. Für die Gastwirte ist es ein wichtiges Angebot und ein finanzielles Zubrot. Die meisten Betriebe wollen dieses Service auch nach der Pandemie beibehalten.

Die Tische im Gasthof Graf in St. Pölten sind seit Monaten leer, aber in der Küche herrscht Hochbetrieb. Viele Gäste bestellen Speisen zum Abholen, ein Großteil lässt auch liefern. Das Service kommt an, sagt der Bezirksvertrauensobmann der Gastronomie St. Pölten, Leo Graf, der in seinem Betrieb bereits im Vorjahr mit dem Lieferservice begann. „Wir haben nach dem ersten Lockdown zwei Wochen gewartet und haben dann gesehen, dass es notwendig ist, mit dem Liefern zu beginnen. Das ist bis jetzt so geblieben. Außerdem ist es wichtig für die Mitarbeiter, damit sie auch etwas zu tun haben“, meint Graf.

Windschutzscheibe mit Lieferservice Schild
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Etwa zwei Stunden am Tag ist Leo Graf als Lieferant unterwegs

Unter der Woche sind es unter anderem Büromitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die sich das Essen liefern lassen. Am Wochenende wird in Privathaushalte geliefert – und zwar oft mehrgängige Menüs, weil am Wochenende mehr Zeit zum Essen ist. Etwa zwei Stunden am Tag ist der Chef selbst als Lieferant unterwegs. „Ich fahre wirklich gerne selber. Ich freue mich, wenn ich viele Stammgäste Zuhause beliefern darf. Die Menschen freuen sich auch, wenn sie jemanden von uns sehen, der ihnen das Essen nach Hause bringt. Mittlerweile kenne ich in St. Pölten also fast alle Straßen und Häuser“, erzählt der Gastronom.

30.000 gefahrene Kilometer in fünf Monaten Lockdown

Im Wilhelmsburger Gasthaus Lukic herrscht ebenso Hochbetrieb in der Küche, während die Gaststube leer bleibt. Im ersten Lockdown startete man mit dem Lieferservice, erzählte Geschäftsführer Dusko Lukic: „Wir waren damals eigentlich die ersten in dieser Region und es ist sehr gut angekommen. Wir hatten gleich am Anfang sehr viele Lieferungen.“

Frau packt Essen ein
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Hochbetrieb in der Küche des Gasthaus Lukic

Am Land legt man viele Kilometer zurück, schildert Lukic. Aber, im Familienbetrieb helfen alle zusammen, damit die Gäste pünktlich beliefert werden können. „Wir fahren mit drei Autos. Ich habe allein mit meinem Auto über 10.000 Kilometer in vier oder fast fünf Monaten Lockdown zurückgelegt, mein Vater genauso. Die Arbeitskollegen fahren mit ihren privaten Autos. Wir sind zusammen mittlerweile sicher 20.000 bis 30.000 Kilometer gefahren“, so Lukic.

In der Branche hofft man, dass bald wieder aufgesperrt werden darf. Die aktuelle Situation macht eine Prognose schwierig. „Wir freuen uns sehr, wenn wieder aufsperren dürften, aber unter diesen Maßnahmen, das sieht man ja auch in Vorarlberg, funktioniert es nicht“, meint Dusko Lukic. „Viele Leute wollen sich nicht testen lassen. Sie haben keine Zeit, wollen sich nicht für Tests anstellen, um dann 15 Minuten einen Kaffee trinken zu gehen. Ich glaube, dass man da sicher noch ein besseres Konzept herausbringen könnte“, so der Gastronom.

Köchinnen
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Trotz geschlossener Gaststube wird fleißig gekocht

Öffnung: „Sinnvoller noch ein bisschen zu warten“

Gastwirt Leo Graf kann sich Eintrittstests prinzipiell vorstellen, ist aber bei anderen Maßnahmen skeptisch. „Für uns wäre wichtig, dass wir nicht um 20.00 Uhr zusperren müssen, sondern länger offen lassen können. Auch die Vierer-Regelung am Tisch halte ich für zu klein, weil dann keine Geburtstagsfeier oder ein Mittagessen mit Kollegen möglich ist, wo man schnell zu fünft oder zu sechst essen geht“, meinte er.

Graf hofft auf eine generelle Öffnung. Momentan sei die Situation aber schwierig. „Ich glaube, es ist sinnvoller noch ein bisschen zu warten, einfach aus gesundheitstechnischen Gründen“, sagte Leo Graf, „außerdem sollte dann auch eine Chancengleichheit gegeben sein. Was tut jemand, der keinen Schanigarten hat? Der bleibt dann komplett über. Da würde ich lieber noch warten und dann generell aufmachen.“ Bis dahin wird weiter ausgeliefert, damit die Gäste nicht auf das gastronomische Angebot verzichten müssen.