Coronavirus

Mikl-Leitner: „Handel muss offen bleiben“

Niederösterreich, Wien und das Burgenland beraten am Abend mit dem Gesundheitsminister über mögliche Verschärfungen. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forderte im Vorfeld, dass der Handel offen bleiben müsse.

„Zusätzliche Einschränkungen bringen uns in der Pandemiebekämpfung nicht weiter, weil dort (im Handel, Anm.) praktisch keine Weiterverbreitung stattfindet. Das hilft nur den ausländischen Onlinekonzernen bei der Umsatzsteigerung“, sagte Mikl-Leitner im Vorfeld des Treffens am Dienstagabend. Für zusätzliche Maßnahmen ist die niederösterreichische Landeshauptfrau offen, „wenn sie der Sache dienen“.

Mikl-Leitner verwies darauf, dass Niederösterreich bereits in der Vorwoche weitere Schritte gesetzt habe. So wurde die Quarantäne auf 14 Tage verlängert, positiv Getestete und Kontaktpersonen ersten Grades (K1) können sich nach zehn Tagen freitesten. Es gibt eine Testverpflichtung nicht nur für K1-, sondern auch für K2-Personen. Bei Betroffenen, die mit der zuerst in Südafrika nachgewiesene Mutation B.1.351 infiziert sind, läuft die Quarantäne nicht automatisch aus, sondern endet nur mit einem negativen Test oder einem CT-Wert von über 33. Außerdem wird die Polizei bei der Suche nach Infektionsquellen und beim Contact Tracing eingebunden.

Mikl-Leitner, Ludwig, Anschober, Doskozil beim „Ostgipfel“
ORF/Gernot Rohrhofer
Die Landeshauptleute von Niederösterreich, Wien und dem Burgenland beraten mit dem Gesundheitsminister über weitere Maßnahmen in der Ostregion

Frühwarnsystem in Niederösterreich

Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 300 muss in einer Gemeinde gleich ab dem ersten Tag die Bezirkshauptmannschaft mit dem Bürgermeister Kontakt aufnehmen, die Begründung für die hohe Inzidenz eruieren und gemeinsam Gegenmaßnahmen entwickeln. Für sogenannte Hochinzidenzgebiete – das sind Bezirke, die länger als eine Woche eine Sieben-Tage-Inzidenz von über 400 haben – wurden zusätzliche Maßnahmen festgelegt: Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler sollen vermehrt getestet werden, in den Schulen ist das Tragen einer FFP2-Maske für alle Lehrer und alle Schüler ab der Unterstufe im Gebäude Pflicht, auch für das Kindergarten-Personal gilt in Hochinzidenzgebieten eine FFP2-Masken-Pflicht.

Auch Niederösterreichs Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) sprach sich im Vorfeld des Gipfels am Dienstag gegen schärfere Einschnitte aus: „Die beste Maßnahme hilft nichts, wenn wir sie nur am Papier stehen haben“, führte sie eine gesunkene Bereitschaft der Bürger an, sich zur Eindämmung der Pandemie zu beschränken.

Ab 19.30 Uhr empfing Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in seinem Ministerium neben Mikl-Leitner auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (beide SPÖ). Denn in Wien (7-Tage-Inzidenz am Montag laut AGES 321,9), Niederösterreich (271,7) und Burgenland (256,1) ist die Lage wegen der starken Ausbreitung der zuerst in Großbritannien nachgewiesenen, gefährlicheren B.1.1.7-Variante besonders angespannt.

In einzelnen Bezirken liegt die Inzidenz sogar deutlich über der 400er-Schwelle, ab der laut der Hochinzidenz-Verordnung Anschobers für die Ausreise aus Bezirken oder regionalen Hotspots negative Coronavirus-Tests vorgelegt werden müssen.

ORF-NÖ-Reporter Gernot Rohrhofer vom „Ostgipfel“

Die Vertreter der östlichen Bundesländer beraten in Wien. ORF-NÖ-Reporter Gernot Rohrhofer berichtet, was bei diesem Gipfel zu erwarten ist.

Verstärkte FFP2-Masken-Pflicht steht im Raum

Ein scharfer regionaler Lockdown war im Vorfeld der Gespräche dennoch nicht zu erwarten. Erwogen werden offenbar softe Maßnahmen wie eine Ausweitung der (Gurgel-)Tests und eine verstärkte FFP2-Maskenpflicht (etwa auch für Kindergärtnerinnen und jüngere Schüler oder etwa in Sozialräumen von Unternehmen). Auch raschere Quarantäne-Reaktionen bei positiven Testergebnissen in Schulen dürften kommen. So könnte schon nach einem positiven Fall die ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden (derzeit erst ab zwei Fällen). Grenz-Pendler müssen wohl mit Verschärfungen bei der Gültigkeitsdauer der vorzulegenden Tests rechnen. Auch dürfte es Appelle auf bessere Mitwirkung beim Contact Tracing geben.

Zu einer Sperre des Handels, der Rückkehr zum Distance Learning oder schärferen Kontaktregeln zumindest über Ostern wird es wohl nicht kommen. Das wurde bereits mit den Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Landeshauptleuten am Montag nach dem großen Gipfel klar.

CORONA: PK NACH TREFFEN DER BUNDESREGIERUNG MIT EXPERTEN UND LANDESHAUPTLEUTEN –
APA/HELMUT FOHRINGER
Ein Gipfel von Bund, Experten und Ländern am Montag brachte de facto kein Ergebnis, nun sollen im kleineren Kreis am Dienstag Maßnahmen für die Ostregion geklärt werden

Ludwig kündigt Verschärfungen an

Wiens Bürgermeister Ludwig wollte am Dienstag den Gesprächen nicht vorgreifen, es würden aber jedenfalls Verschärfungen gesetzt, sagte er. Von Ausreisetests für drei Bundesländer hält er aber wenig: „Die ganze Ostregion abzuschotten, kann ich mir nicht vorstellen.“ Auch sprach er sich für einheitliche Regeln innerhalb der Ostregion aus. Die Maßnahmen müssten jedenfalls sicherstellen, dass die Spitals-Kapazitäten nicht überschritten werden, insbesondere in den Intensivstationen.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hofft auf einen Kompromiss, übte gleichzeitig aber auch Kritik am Ablauf der Beratungen am Montag. Dort sei man mit Dingen konfrontiert worden, über die man vorher nicht diskutieren konnte. Er habe deshalb einen neuerlichen Gipfel am Dienstag gefordert. „Ich kann nicht verantworten, dass ich bei einem Kaffeegespräch salopp zustimme“, betonte er. Doskozil machte sich zudem erneut für eine „kontrollierte Öffnung“ stark. Es gebe Bereiche, bei denen man bereits gesehen habe, dass es keine Probleme gebe – etwa die Thermen. Außerdem sei es wichtig, die Bevölkerung mitzunehmen. „Das kann man nur, wenn man Hausverstand walten lässt“, sagte Doskozil.

Anschober würde – wie er nach dem großen Gipfel erkennen ließ – ein entschiedeneres Vorgehen gegen den Zufluss auf die Intensivstationen für durchaus geboten halten. Aber als Gesundheitsminister stehe man manchmal „allein auf weiter Flur“, ließ er in der „ZiB2“ am Montagabend wissen. Er hofft, mit einer „Toolbox“ Länder oder Regionen, die besonders betroffen sind, zum Handeln zu bewegen. Ob nach dem Gipfel bereits ein Ergebnis verkündet werden kann, war am Nachmittag unklar.

Gesundheitsminister Anschober zu den neuen Corona-Beschlüssen

Der Coronavirus-Gipfel von Bund und Ländern hat weder Lockerungen noch Verschärfungen gebracht. Weitere Maßnahmen werden diskutiert. In der ZIB2 war dazu Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zu Gast.

Vier Bezirke in Niederösterreich mit Inzidenz über 400

Am Dienstagnachmittag gab es in Niederösterreich vier Bezirke, die bei der Sieben-Tages-Inzidenz über der signifikanten Grenze von 400 lagen. Spitzenreiter war Neunkirchen mit einem Wert von 484,1. In absoluten Zahlen wies der Bezirk bei 86.380 Einwohnern 418 Infizierte auf. Erstmals über die 400er-Marke sprang der Bezirk Scheibbs mit einem Wert von 408,1, was bei 41.460 Bewohnern 169 Infizierten entsprach.

Anhaltend über 400 lagen weiterhin Wiener Neustadt mit 460,5, wo seit 13. März Ausreisekontrollen stattfinden, und Wiener Neustadt-Land mit 420,1. Der kritischen 400 immer näher rückte Baden mit 366,6 – mit 538 Infizierten war dies in absoluten Zahlen auch der am stärksten betroffene Bezirk in Niederösterreich.