Astra Zeneca, Coronavirus, Impfung
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Coronavirus

Ärzte: „Keine Dosis wird weggeworfen“

An manchen Tagen nehmen etwa 20 Prozent der Impfberechtigten ihren Impftermin nicht wahr. Was geschieht mit dem übriggebliebenen Impfstoff? Ärztinnen und Ärzte sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, Impfstoffe an Bekannte weiterzugeben.

Die Impfung gegen das Coronavirus ist für viele der langersehnte Ausweg aus der Krise. In Niederösterreich werden aktuell in 475 Ordinationen Coronavirus-Schutzimpfungen verabreicht. Ärztinnen und Ärzte bekommen dazu von Notruf Niederösterreich, der Impfkoordination des Landes, Listen mit jenen Personen, die zu impfen sind.

Dementsprechend wird den Ärztinnen und Ärzten auch die passende Menge an Impfstoff geliefert. „Der Hausarzt, der Impfarzt hat überhaupt nichts mit der Erstellung oder Einteilung dieser Listen zu tun. Es kommt leider Gottes auch zu Vorfällen, wo Personen nicht zum Impftermin erscheinen“, schildert Max Wudy, stellvertretender Kurienobmann der Ärztekammer Niederösterreich.

Dr. Max Wudy, stellvertretender Kurienobmann der Ärztekammer Niederösterreich.
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Max Wudy in seiner Ordination in Bad Vöslau

Für den Fall, dass ein Patient seinen Termin nicht in Anspruch nimmt, gibt es in jeder Ordination eine Warteliste. „Wir haben eine Risikoliste von unseren Patienten und die rufen wir in einem solchen Fall an und fragen, ob sie kommen können“, erzählt Beatrix Holzinger, Allgemeinmedizinerin aus Krems an der Donau, im Gespräch mit noe.ORF.at. „Es wäre so schade, diese Dosen zu verwerfen. Manchmal erreichen wir den Patienten aber nicht und dann kontaktieren wir jemanden, der vielleicht noch nicht ganz so risikobehaftet ist, um diese ‚heilige Ware‘ ja nicht wegzuwerfen“, so Holzinger.

Druck auf Ärzte nimmt spürbar zu

Ist der Impfstoff erst einmal in der Spritze aufgezogen, muss er binnen maximal sechs Stunden verimpft werden, ansonsten kann er nicht mehr verwendet werden. Bei manchen Herstellern ist diese Zeitspanne unter Umständen noch kürzer. Der Druck auf die Hausärzte habe sich im Alltag merklich erhöht, sagt Max Wudy.

„Es ist die Aufgabe der Hausärzte, als Primärversorger die Impfung durchzuführen. Die Spritze zu verabreichen ist dabei das Wenigste. Die damit verbundene, notwendige Aufklärung der Patientinnen und Patienten bedeutet den Mehraufwand“, beschreibt Wudy die aktuelle Situation.

Dr. Beatrix Holzinger,
Allgemeinmedizinerin Krems an der Donau
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Beatrix Holzinger plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Impfstoff

Ärztinnen und Ärzte würden sich aktuell auch häufig mit dem Vorwurf der „Freunderlwirtschaft“ konfrontiert sehen. Ihnen werde immer wieder vorgeworfen, Impfstoffe an Bekannte weiterzugeben. „Bleiben mir in meiner Praxis Impfungen übrig, dann versuche ich sie nach Kräften an Personen auf meiner Warteliste zu verabreichen“, erklärt Wudy. „Wir haben sogar Chatgruppen mit mehreren Ärzten aus der Region, um die Impfung eventuell in einem anderen Ort an eine impfwillige Person – die den Kriterien entspricht – zu bringen. Der eigentliche Skandal wäre, Impfstoff wegzuwerfen.“

Grundtenor: Impfdosen nicht verschwenden

Eine ähnliche Herangehensweise bestätigen auch andere Ärzte auf telefonische Nachfrage. „Wenn ich eine Impfung übrig habe und nur mehr wenig Zeit bleibt sie einzusetzen, würde ich zum nächsten Straßenarbeiter gehen und fragen, ob er sie haben will. Falls ja, würde ich ihm die Impfung geben“, sagt auch Holzinger.

In einigen Bundesländern – etwa Niederösterreich, Kärnten und Vorarlberg – werden übriggebliebene Dosen auch an die Polizei weitergegeben. So sind im Bezirk Horn bereits alle Polizistinnen und Polizisten immunisiert. Oberstes Ziel der Ärzte – so der Tenor – sei es, keine der wertvollen Dosen zu verschwenden.