Politik

Lockdown: Mikl-Leitner verteidigt Pläne

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) haben am Donnerstag den harten Lockdown zu Ostern verteidigt. Es gebe zwar noch genügend Intensivbetten, doch das könne sich rasch ändern.

„Wir haben noch Platz nach oben“, sagte Mikl-Leitner am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag, „das heißt, wir können Intensivpatienten mit Covid-19 in den nächsten Wochen noch gut versorgen.“ Sorge bereitet ihr aber die erstmals in Großbritannien nachgewiesenen Variante des Coronavirus, die sich derzeit in der Ostregion ausbreitet. „Wir wissen, dass sich die britische Mutation unglaublich dynamisch entwickelt, schneller bei der Infektionsweitergabe und aggressiver in der Auswirkung ist“, so die Landeshauptfrau. „Deswegen landen immer mehr Jüngere direkt auf den Intensivstationen.“

In Wien ist die Lage auf den Intensivstationen mittlerweile bereits angespannt – mehr dazu in Intensivbetten werden aufgestockt (wien.ORF.at; 24.3.2021). Das könnte freilich auch Auswirkungen auf Niederösterreich haben, wenn etwa Patienten aus Wien auf Krankenhäuser außerhalb der Bundeshauptstadt ausweichen müssen. „Die Lage in Wien ist für die gesamte Ostregion wichtig“, betonte Mikl-Leitner. In Niederösterreich könne man „im worst case“ aber noch Intensivbetten aufstocken.

Besorgniserregender Blick auf Nachbarländer

Eine besondere Herausforderung sei die Situation in den Nachbarländern Ungarn, Tschechien und Slowakei, so Mikl-Leitner. „Wir wissen, dass es dort hohe Infektionszahlen gibt. Keiner kann garantieren, ob diese Intensität des Virus in den nächsten Tagen oder Wochen nicht auch Richtung Westen geht. Deswegen braucht es diese Maßnahmen.“

Nachdem am Montag ein Gipfel zwischen Bund, Ländern und Experten de facto ergebnislos verlaufen war, einigten sich die Länderchefs von Niederösterreich, Wien und dem Burgenland in einem stundenlangen Gespräch am Dienstag, das bis nach Mitternacht dauerte, auf verschärfte Maßnahmen für die Ostregion. Konkret steht den drei Bundesländern ein kurzer harter Lockdown bevor, der am Gründonnerstag beginnen und bis Dienstag nach Ostern dauern wird.

Auch der Handel wird in dieser Zeit schließen, soll aber am 7. April mit strengeren Auflagen wieder öffnen dürfen. So ist etwa vorgesehen, dass man nur mit einem negativen Coronavirus-Test einkaufen gehen darf. Mikl-Leitner hatte im Vorfeld der Gespräche mit dem Bund gefordert, den Handel offen zu halten, mit den Argumenten, dass „die Infektionen nicht im Handel stattfinden“ und es „bei der Schließung des Handels zu finanziellen und emotionalen Schäden“ sowie einer „Vernichtung von tausenden Arbeitsplätzen“ kommen würde, wie sie am Donnerstag neuerlich festhielt – mehr dazu in Mikl-Leitner: „Handel muss offen bleiben“ (noe.ORF.at; 23.3.2021).

Analyse der Maßnahmen in der Ostregion

Komplexitätsforscher Peter Klimek, der auch in jeder Expertengruppe sitzt, die für die Regierung die Prognosen errechnet und Politikwissenschafter Peter Filzmaier über die neuen Maßnahmen.

Eintrittstests im Handel „kein Problem“

Die Landeshauptfrau begrüßt nun jedoch die geplante rasche Wiederöffnung des Handels nach den Osterfeiertagen. „Ich bin überzeugt davon, dass diese Öffnung ein wichtiger und richtiger Schritt ist, gerade jetzt zu Ostern, weil sonst alle zu den Onlineshops abdriften, wo vor allem die internationalen Onlineshops die Gewinner sind. Ich will, dass der Handel lebt und überlebt“, so Mikl-Leitner.

Die künftigen „Eintrittstests“ im Handel sieht sie nicht als Problem. Die Testungen sollen generell ausgeweitet werden, so Mikl-Leitner. „Wir wissen, dass es gerade in der Region rund um Wiener Neustadt, wo wir einen besonderen Migrationsanteil haben, oft eine Hemmschwelle gibt oder es kulturell nicht gewünscht wird, dass man sich testen lässt. Mir ist es wichtig, dass jeder Arbeitnehmer getestet wird.“ Insofern werde es künftig kaum mehr Menschen geben, die nicht getestet sind. „Bei dieser Intensität von Testungen wird fast jeder ein Testzertifikat am Handy oder in der Hosentasche haben. Insofern spielt es keine Rolle, ob man im Handel ein solches Testzertifikat herzeigen muss oder nicht“, sagte Mikl-Leitner.

Königsberger-Ludwig: „Experten statt Bauchgefühl folgen“

Während SPÖ-Landesparteiobmann Franz Schnabl den bevorstehenden Lockdown in einer Aussendung scharf kritisiert hatte, sprach sich Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) am Rande der Pressekonferenz mit Mikl-Leitner am Donnerstag für schärfere Maßnahmen aus. „Ich stehe zu 100 Prozent dazu, dass man in einer Pandemie nicht dem Bauchgefühl, sondern Expertinnen und Experten folgen soll. Wenn diese dazu raten, dass man weitere Maßnahmen setzen soll, dann sollte sich die Politik nicht darüber hinwegsetzen.“

„Die beste Maßnahme am Papier hilft aber nichts, wenn sie die Menschen nicht mittragen“, so Königsberger-Ludwig. Sie erneuerte ihren Appell an die Bevölkerung, alle Kontaktpersonen bei Contact Tracing bekanntzugeben. „Ich bin überzeugt, dass das eines der ganz wichtigen Instrumente ist, um die Ansteckungsketten zu durchbrechen“, so die Gesundheitslandesrätin.

Kritik von FPÖ und NEOS

Harsche Kritik rief der Lockdown bei der FPÖ Niederösterreich hervor. Landespartei- und Klubobmann Udo Landbauer sah die Maßnahmen am Donnerstag als „denkbar schlechtestes Ergebnis“ an. Speziell störte sich Landbauer an der Rolle der Landeshauptleute von Niederösterreich und dem Burgenland, Johanna Mikl-Leitner und Hans Peter Doskozil (SPÖ), beim sogenannten Ostgipfel. Beide seien „als Tiger nach Wien gestartet und als Bettvorleger in ihren Bundesländern gelandet“.

Indra Collini, Landessprecherin der NEOS, äußerte die Befürchtung, dass „schärfere Maßnahmen das Infektionsgeschehen weiter in den Privatbereich verlagern“ könnten. Es sei bedauerlich, dass sich Mikl-Leitner nicht durchsetzen habe können und den Menschen ein Stück Freiheit unter kontrollierbaren Bedingungen verwehrt worden sei.

Bereits am Mittwochabend hatte Niederösterreichs SPÖ-Chef Franz Schnabl Kritik geäußert. Der Landeshauptfrau-Stellvertreter sprach u.a. von zu spätem und zu zögerlichem Handeln. Bemerkenswert waren die Aussagen vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass die Maßnahmen von Schnabls Parteikollegen Michael Ludwig und Doskozil mitgetragen und verkündet worden waren – mehr dazu in Teils scharfe Kritik an Oster-Lockdown (noe.ORF.at; 25.3.2021).

IV: „Permanente Maskenpflicht nicht machbar“

Die Industriellenvereinigungen der vom Ost-Lockdown betroffenen Länder Wien, Niederösterreich und Burgenland sprechen zwar davon, den neuen Stillstand zu akzeptieren. Es gibt aber auch Kritik: Die neue generelle FFP2-Maskenpflicht in Innenräumen bedeute für die Unternehmen eine Riesen-Herausforderung. „Die FFP2-Pflicht wäre so nicht machbar, wenn das Arbeitsinspektorat nach 75-minütiger Arbeit mit Maske eine 30-minütige Tragepause vorschreibt“, teilten sie am Donnerstag mit.

„In dieser Tragepause dürfte man sich nur alleine in einem Innenraum aufhalten. Das ist in der Praxis nicht machbar, denn so würde es zu Produktionsstillständen kommen“, so IV-NÖ-Präsident Thomas Salzer. Er fordert daher Ausnahmen von der permanenten Tragepflicht – vor allem in großvolumigen Produktionshallen mit Belüftung und ausreichend Abstand. „Leider gibt es in der Bundesverwaltung zu wenig Verständnis für betriebliche Prozesse. Die vorgesehenen Maßnahmen entbehren jeglichen Praxisbezuges – und das, obwohl es nachweislich kaum Ansteckungen in Betrieben gibt.“