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Coronavirus

CoV-Maßnahmen erschweren Jugendarbeit

Seit Mitte März gilt für die außerschulische Jugendarbeit eine neue Verordnung. Laut dieser müssen Jugendliche, die ein Jugendzentrum besuchen, einen negativen Test vorweisen. Das schrecke viele ab, heißt es, die Zentren bleiben leer.

Wer derzeit ein Jugendzentrum besuchen will, muss einen negativen PCR- oder Antigen-Test vorweisen und seine persönlichen Daten wegen des Contact-Tracings angeben. Dadurch gehe nicht nur der einfache Zugang, sondern auch die Anonymität verloren, sagt Michael Hogl, Leiter des Jugendzentrums Steppenwolf in St. Pölten.

Fazit ist: Die Zentren sind leer. „Die Kids bleiben natürlich weg vom Jugendzentrum, weil sie genug haben von Reglements oder Tests, die sie sowieso schon in der Schule machen müssen und jetzt für den Besuch im Jugendzentrum wieder brauchen“, kritisiert Hogl. Prinzipiell sei die Freude darüber groß, dass außerschulische Jugendarbeit wieder möglich sei, meint die für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), aber es gebe Bedarf, die vom Gesundheitsministerium definierten Regeln zu überarbeiten.

Anderes Testkonzept für Jugendliche notwendig

„Wenn man die Verordnung genauer anschaut, dann sieht man, dass sie doch sehr an der Lebensrealität der Jugendzentren und der niederschwelligen Jugendarbeit vorbeigeht, allein schon was die Altersbegrenzung von 18 Jahren betrifft“, so Königsberger-Ludwig. „Das ist einfach nicht am Angebot orientiert, weil Jugendarbeit in Jugendzentren oder im niederschwelligen Bereich in Niederösterreich für Jugendliche bis 23 oder 24 Jahre möglich ist.“

Deshalb will sie nun das Gespräch mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) suchen. Außerdem möchte sie sich für ein anderes Testkonzept in diesem Bereich starkmachen, etwa für „Nasenbohrertests“. „Diese Tests könnten die Jugendlichen unter Aufsicht der Betreuerinnen und Betreuer selbst machen. Das wäre aus meiner Sicht die richtige Lösung“, so die Landesrätin.

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Die Jugendzentren werden derzeit kaum besucht

Es sei gerade jetzt notwendig, einen passenden Rahmen für Jugendliche zur Verfügung zu stellen, meinte Königsberger-Ludwig: „Ich glaube, dass es wichtig ist, dass sich Jugendliche treffen, denn sie sind wirklich belastet. Wir wissen auch von einer hohen Rate an Depressionen bei Jugendlichen. Sie leiden sehr unter den nicht vorhandenen sozialen Kontakten.“

Treffen verlagern sich an andere Orte

Jugendliche über 18 dürfen aktuell nur für Einzelgespräche ins Jugendzentrum kommen. Das führe zu teils skurrilen Situationen, erzählt Steppenwolf-Leiter Hogl. Es gebe Jugendliche, von denen einer 17 und der andere 18 Jahre alt sei und die am Vormittag nebeneinander in der Klasse sitzen würden, am Nachmittag aufgrund der Altersbeschränkung aber nicht gemeinsam ins Jugendzentrum kommen dürften. Das sei absurd.

Viele junge Menschen würden sich daher andere Treffpunkte ausmachen, erzählt der 20-jährige St. Pöltner Arlind Brao: „Wir treffen uns immer bei der Tankstelle oder ab und zu zum Fußballspielen.“ Solche Zusammenkünfte würden dann zu unrecht kriminalisiert, so Hogl, „weil es ein ganz normales Grundbedürfnis ist, sich in diesem Alter mit Gleichaltrigen zu treffen. Außerdem ist es ganz wichtig für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Wenn es das in dieser Phase nicht gibt, werden wir in ein paar Jahren mit weiteren Problematiken konfrontiert werden“, befürchtet er.

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Jugendliche treffen sich derzeit aufgrund der Maßnahmen lieber an anderen Orten als im Jugendzentrum

Jugendliche brauchen Kontakt zu Gleichaltrigen

Auch bei der mobilen Jugendarbeit Nordrand in St. Pölten spüre man, dass sich Jugendliche nach gemeinsamen Aktivitäten sehnen würden. Es sei eine erschöpfende Zeit für junge Menschen, meint Julia Zauchinger, die fachliche Leiterin der mobilen Jugendarbeit Nordrand. „Die Jugendlichen finden einen Weg zu kommunizieren, weg von Sozialen Medien, hin zur Wirklichkeit, um draußen zu sein, draußen Leute kennenzulernen oder draußen Zeit mit Jugendlichen zu verbringen. Es ist ein Teil ihrer Entwicklung“, sagt sie.

Deshalb sei es „wichtig, dass Jugendliche Kontakt zu Gleichaltrigen haben“, ist Zauchinger überzeugt. „Wir arbeiten mit Jugendlichen zwischen zwölf und 23 Jahren und hoffen, dass der Zugang für die gesamte Altersgruppe wieder geöffnet wird. Bis dahin sind wir weiterhin für über 18-Jährige da, wenn sie im Einzelgespräch Beratung und Information brauchen“, so Zauchinger.