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Chronik

Deponie Enzersdorf vor Verfassungsrichtern

Seit Jahren sorgt in Enzersdorf a. d. Fischa (Bez. Bruck/Leitha) ein Deponieprojekt für Diskussionen. Es liegt eine gültige Umweltverträglichkeitsprüfung vor, doch eine Bürgerinitiative brachte nun Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein.

Mit ihrem Einspruch beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) blitzte die Bürgerinitiative „Kalter Berg“ zwar ab, aber jetzt setzt man die Hoffnungen auf den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Die Umweltschützer sehen sich nämlich in ihren Grundrechten verletzt. So sei gegen den Gleichheitssatz verstoßen worden sowie gegen weitere verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte wie etwa gegen das Recht auf ein faires Verfahren laut Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, hieß es am Mittwoch in einer Aussendung. Gemeinden können den VfGH in Umweltverträglichkeitsverfahren nicht anrufen, daher werde die Beschwerde der Bürgerinitiative von der Gemeinde Enzersdorf an der Fischa unterstützt.

Der Beschluss des VwGH – und damit die Abweisung der Einsprüche der Bürgerinitiative in letzter Instanz, durch die nun eine gültige Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegt – wird von der Gemeinde akzeptiert. Aber, so deren Anwalt Wolfram Schachinger in der Aussendung: „Die Straßenanbindung ist der Knackpunkt für die Deponie, die nur errichtet werden darf, wenn diese vorliegt.“

Grundstücksenteignungen sind rechtlich nicht möglich

Doch diese Straßenanbindung gibt es nicht. Und die Grundeigentümer, auf deren Grundstücken man eine Straßenanbindung errichte könnte, können wegen des geplanten Baus einer Deponie nicht enteignet werden. "Konkret sieht das Abfallwirtschaftsgesetz keine Möglichkeit der Zwangsrechtsbegründung, also Enteignung, für eine Deponie und damit auch nicht für deren Zufahrtswege vor – da es kein überwiegend öffentliches Interesse an ihrer Realisierung gibt. So bleibt nach zehn Jahren Rechtsstreit eine Deponie, die gar nicht verwendet werden kann. Und dagegen hat die Gemeinde auch nichts einzuwenden.“ Gemeinsam mit der Gemeinde Enzersdorf ging in den letzten Jahren auch die ebenfalls betroffene Nachbargemeinde Göttlesbrunn-Arbesthal (Bezirk Bruck/Leitha) gegen die Deponiepläne vor.

Gemeindeamt Enzersdorf an der Fischa
Wikimedia Commons/Waerfelu
Widerstand gegen das Deponieprojekt kommt seit Jahren vom Enzersdorfer Gemeinderat

Enzersdorfs Bürgermeister Markus Plöchl (ÖVP) und Vize-Bürgermeister Werner Herbert (FPÖ) führen als Argument auch noch an, dass ein Deponiegelände innerhalb des „Grünen Rings“ „uns als unauflöslicher Widerspruch“ erscheint, da ausreichend Flächen außerhalb zur Verfügung stehen. „Aber zuerst für die Zufahrt auch noch große Forstbestände zu roden, um auf das Deponiegelände innerhalb dieser Schutzzone zu fahren, ist absurd“, so Plöchl und Herbert. Durch das Projekt „Grüner Ring“ sollen in der Region östlich von Wien über Gemeindegrenzen hinweg Grün- und Agrarflächen gesichert werden.

Areal: 27 Hektar, Betriebsdauer: 20 Jahre

Die „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“) berichteten im Oktober 2020 nach dem VwGH-Beschluss, dass nach Auskunft der Betreiber, der Enzersdorfer Abfallverwertungsgesellschaft EAVG, die Deponie „Kalter Berg“ für Bodenaushub, Baurestmassen und Reststoffe bis 2022 fertiggestellt sein soll. Aus Sicht der EAVG liege das 27 Hektar große Gelände ideal, „weil mehr als zwei Kilometer vom nächsten bewohnten Gebiet entfernt. Im Rahmen des Genehmigungsprozesses habe man die Betriebsdauer zudem auf 20 Jahre reduziert und das Projekt verkleinert“, so die „NÖN“.

So sind 1,1 Mio. Kubikmeter Bodenaushub, 1,7 Mio. Kubikmeter Baurestmassen und 875.000 Kubikmeter Reststoff genehmigt. Insgesamt investiere die EAVG 17,8 Millionen Euro, sechs Millionen Euro wurden bereits für Grundkauf, Untersuchungen und Planungen ausgegeben, hieß es in den „NÖN“.

Gemeinde Enzersdorf: „Wir schöpfen Rechtsweg voll aus“

Beide Gemeinden – Enzersdorf an der Fischa und Göttlesbrunn-Arbesthal – argumentieren mit dem Fehlen einer Straßenzufahrt zur Deponie gegen das Projekt. „Zum Wohle unserer Bevölkerung ziehen wir gemeinsam mit der Bürgerinitiative und Umweltschützern weiter an einem Strang und schöpfen den Rechtsweg voll aus“, erklärten Markus Plöchl und Werner Herbert, Bürgermeister und Vize-Bürgemeister von Enzersdorf unisono.