Die Pleite von Konsum im Jahr 1995 war eine der größten der Nachkriegsgeschichte. Inklusive der zugehörigen KGM-Großmärkte verloren knapp 17.000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz, nachdem die Banken dem bankrotten Konzern förmlich von einem Tag auf den anderen den Geldhahn zugedreht hatten. Die angehäuften Schulden beliefen sich auf mehr als 30 Milliarden Schilling.
630 leerstehende Konsum-Filialen teilte sich die damalige Konkurrenz auf, zu der zu diesem Zeitpunkt noch Firmen wie LÖWA und Julius Meinl zählten. Auch diese beiden Namen sind im Lebensmitteleinzelhandel mittlerweile Geschichte. Dazu zählen auch die zu Meinl gehörenden „PAM PAM“-Filialen, sie sich geringfügig länger hielten als die „Julius Meinl“-Geschäfte. Von diesen existiert einzig noch ein Spezialitätengeschäft, das sich bis heute in exklusiver Lage am Wiener Graben hält.
Die jüngste Pleite der österreichischen Supermarktgeschichte war jene von „Zielpunkt“ im Jahr 2016. Allein in Niederösterreich verloren dadurch mehr als 500 Menschen ihren Job – mehr dazu in „Zielpunkt-Pleite: 428 Betroffene arbeiten wieder“ (noe.ORF.at; 25.11.2016).
Fast 90 Prozent aller Filialen im Besitz dreier Konzerne
Die Namen der Supermärkte werden laufend weniger. In Österreich teilen sich folglich immer weniger „Big Player“ den Markt unter sich auf – an der Spitze SPAR, die REWE-Gruppe und Hofer. Sobald Fusionen im Raum stehen, hat die Bundeswettbewerbsbehörde ein besonders „wachsames“ Auge auf die Branche, so Natalie Harsdorf, die Leiterin der Rechtsabteilung in der Bundeswettbewerbsbehörde. „Die Unternehmen sollen aus eigenem Antrieb wachsen, aber Fusionen würden wir sehr kritisch prüfen.“
Harsdorf zufolge sind fast neun von zehn Supermarktfilialen in der Hand der großen drei. „Wir haben in Österreich eine hohe Konzentration. Die drei großen Firmen zusammengerechnet halten mehr als 88 Prozent – das ist in dieser Form europaweit besonders. Außerdem rangieren wir in Bezug auf die Filialdichte auf Platz eins in Europa.“ Ein Nachteil für Konsumentinnen und Konsumenten sei das aber nicht unbedingt. In den Augen der Bundeswettbewerbsbehörde herrsche unter den Firmen derzeit ein „großer Wettbewerbsdruck“ – etwa auch, was die Preisgestaltung anbelange.
Unternehmen setzen auf Stärkung der eigenen Markennamen
Hinter dem jüngsten Ende der „Merkur“-Märkte, die seit dieser Woche „Billa Plus“ heißen, steht im Gegensatz zum Aus von Zielpunkt, Konsum und Co. keine Pleite, sondern eine Neupositionierung der REWE-Gruppe. Die Stärkung von Dachmarken ist in umkämpften Handelsbranchen eine häufig beobachtete Strategie, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes Österreich, gegenüber noe.ORF.at.
Einkaufen werde Will zufolge für die Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr mit Emotionen verknüpft, die auf Markenversprechen beruhen. Für Firmen sei es folglich viel wichtiger geworden, ihre Marken am Markt deutlich zu positionieren und sich damit von Mitbewerbern abzugrenzen. „Shopping kostet Menschen wertvolle Zeit, die sie nicht mehr gerne opfern. Zudem kauft man Lebensmittel in besonderem Maße für das unmittelbare leibliche Wohl – auch jenes der eigenen Familie. Deswegen haben die Unternehmen diesbezüglich immer mehr nachgeschärft, um Kunden zu gewinnen. Beginnend bei der Werbung bis zur Konzeption der Shops braucht es heute ein stimmiges Gesamtkonzept.“
Einkaufen wird zum Erlebnis stilisiert
Im Lebensmitteleinzelhandel müsse heute vom Eingang über die Werbung bis zur Theke das Markenversprechen eingelöst werden, um bestehen zu können, ist Will überzeugt. „In den vergangenen 20 Jahren hat die Branche massiv in die Professionalisierung ihrer Marken gesetzt und sich dabei viel von anderen Branchen abgeschaut.“
Wenn Supermärkte „verschwinden“
Seit dieser Woche sind 144 „Merkur“-Märkte namentlich und optisch Geschichte, 28 von ihnen in Niederösterreich. Der Eigentümer REWE hat die Märkte in die „Billa“-Marke eingegliedert.
Schon bei den Eröffnungen der ersten Supermärkte vor etwa 60 Jahren warben sie nicht ausschließlich mit ihrer neuen Bandbreite an Produkten. Die Firmen begannen, den Einkauf selbst als Erlebnis zu vermarkten. Mit der gegenwärtigen Modernisierung von Marken und Filialsystemen verfolgen die heutigen Unternehmen dasselbe Ziel.