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Wirtschaft

Langzeitarbeitslose helfen in Teststraßen

Wer langzeitarbeitslos oder schon älter und auf Arbeitssuche ist, findet in der Krise schwer einen Job. Viele Stellen wurden gestrichen, einige wenige aber auch neu geschaffen – etwa in Teststraßen. Dort arbeiten Arbeitssuchende seit Februar in der Administration.

Rena Schandl und Carlo D’Angelo sind zwei von knapp 50 langzeitarbeitslosen Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern, die in Teststraßen von Städten beschäftigt sind. Sie scannen E-Cards, helfen bei der Registrierung und beantworten häufig gestellte Fragen. Das Projekt, das im Februar vorgestellte wurde, verfügt über 150 Stellen. Ein Drittel der Plätze wurde mittlerweile vermittelt.

Rena Schandl war 36 Jahre lang und damit fast ihr gesamtes Berufsleben über beim Bund beschäftigt, erzählt sie gegenüber noe.ORF.at, „doch dann ist meine Mutter ein Pflegefall geworden und ich habe sie vier Jahre lang gepflegt. Jetzt fehlt mir nicht mehr viel bis zur Pension.“ Carlo D’Angelo war vor der Pandemie in der Veranstaltungsbranche tätig. „Ich bin jetzt 59 Jahre alt – zu jung für die Pension, aber zu alt, um zu arbeiten. Egal wie viele Bewerbungen ich schreibe, immer heißt es, ich sei ‚überqualifiziert‘ – das ist der neue Ausdruck für ‚zu alt‘, bin ich überzeugt.“

Umschulungen für gefragtere Berufsfelder

D’Angelo macht sich wenig Hoffnungen, vor seiner Pensionierung noch einmal in der Veranstaltungsbranche einen Job zu finden. Sie gehört zu den am stärksten von der Krise getroffenen Wirtschaftsbereichen, bestätigt auch das AMS. Anders als in den Teststraßen wird im Eventbereich kein Personal gesucht. „Insgesamt hat die Pandemie viel mehr Arbeitsplätze vernichtet als geschaffen“, sagt Sven Hergovich, Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich.

Langzeitarbeitslose und ältere Menschen ohne Beschäftigung hätten es derzeit noch schwerer als sonst, eine Anstellung zu finden. „Positive Entwicklungen sehen wir derzeit in drei Branchen: im Lebensmitteleinzelhandel, im Bau und Gesundheitsbereich. Diese drei haben tatsächlich mehr offene Stellen als vor der Krise und daher gibt es dort auch bessere Chancen für Langzeitarbeitslose“, so Hergovich.

Arbeit in Teststraßen als Überbrückung

Für den Einsatz in Teststraßen stehen für Arbeitslose 1,6 Millionen Euro zur Verfügung. Über das Modell der gemeinnützigen Arbeitskräfteüberlassung können sich Menschen für die Dauer von vier Monaten beschäftigen lassen. Die Tätigkeit in den Teststraßen sei eine Übergangslösung, so der für Arbeit zuständige Landesrat Martin Eichtinger (ÖVP). „Während ihrer Tätigkeit laufen natürlich die Bemühungen weiter, diese Personen in eine fixe Beschäftigung zu vermitteln.“

Das Projekt zwischen dem Land Niederösterreich, dem AMS und den Gemeinden bietet ein Beschäftigungsverhältnis im Ausmaß zwischen 20 und 40 Wochenstunden und wird durch das Arbeitsmarktprojekt „Jobchance“ betreut und abgewickelt. Das Land übernimmt den anteiligen Beschäftigerbetrag von monatlich 400 Euro. Das AMS fördert die Lohn- und Lohnnebenkosten und übernimmt die Organisation des Personals – mehr dazu in „Arbeitslose sollen in Teststraßen aushelfen“ (noe.ORF.at; 15.2.2021).

Arbeitsplätze nur in Teststraßen in Städten

Den Gemeinden, die die Projektteilnehmer für ihre Teststraßen anfordern können, fallen keine Kosten an. Allerdings ist eine Beschäftigung nur in den Bezirkshauptstädten und Statutarstädten möglich. Sie bieten in der Regel mehrere Teststraßen parallel an und haben fünf bis sechs Tage pro Woche geöffnet. Das Projekt helfe bei der Abwicklung der großen neuen Aufgabe, so St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ), der auch Vorsitzender des niederösterreichischen Städtebundes ist. „Diese Aktion gibt uns natürlich Ressourcen sowohl in den eigenen Kapazitäten als auch bei den Freiwilligen frei.“

Alfred Riedl (ÖVP) zufolge, Präsident des österreichischen Gemeindebundes, habe sich gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung​ in den Gemeinden bereits vor der Pandemie in anderen kommunalen Bereichen bezahlt gemacht, wenn Arbeitslose beispielsweise in der Grünraumpflege oder Verwaltung zum Einsatz gekommen sind. „Dadurch haben wir die Projektteilnehmer während der viermonatigen Probezeit lange und gut kennenlernen können. Immer wieder haben wir engagierte und erfahrene Arbeitskräfte im Anschluss in den Gemeinden aufgenommen.“