Unterricht in der NMS Pottenbrunn
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Bildung

Lehrer kritisieren Mischsystem an Schulen

Seit Montag sind die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen wieder zurück in den Klassenzimmern. Die Schüler sehen das durchwegs positiv, die Lehrer kritisieren hingegen das Mischsystem aus Präsenzunterricht, Distance-Learning und Betreuung.

Am Beispiel einer Mittelschule, die im Gegensatz zu einer Volksschule kein Klassenlehrersystem hat, wird der organisatorische Spagat offensichtlich. Die ersten bis dritten Klassen sind derzeit im Distance-Learning und müssen online von ihren Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden. Die vierten Klassen sind in zwei Gruppen aufgeteilt und abwechselnd im Präsenzunterricht und im Distance-Learning. Zusätzlich gibt es noch Kinder, die zur Betreuung in die Schulen kommen.

Konkret bedeutet das, dass ein Lehrer mehrmals am Tag zwischen Distance-Learning, Präsenzunterricht und Betreuung wechseln muss. Die technische Ausstattung an vielen Schulen ist allerdings mangelhaft, sodass Online-Unterricht kaum möglich ist.

„Spagat nicht machbar“

Michael Lahnsteiner, Direktor der Mittelschule in Pottenbrunn (Bezirk St. Pölten), schildert die organisatorischen Herausforderungen. „Die Lehrer haben sich im vergangenen Jahr zu Hause so eingerichtet, dass sie einen qualitativ hochwertigen Unterricht von zu Hause aus abhalten können. Das ist aber nicht möglich, wenn sie in der ersten Stunde die vierte Klasse in der Schule unterrichten sollen, zweite und dritte Stunde haben sie eine Klasse im Distance-Learning und dann wieder die vierte im Präsenzunterricht. Dieser Spagat ist nicht machbar. Das soll mir einmal jemand vorhupfen, wie das möglich ist.“

Helmut Ertl, Vorsitzender des Zentralausschusses der Landeslehrer, vertritt etwa 14.000 Pflichtschullehrer in Niederösterreich. Die Rückmeldungen seien eindeutig, nämlich dass es fast nicht machbar ist. "Mag sein, dass man diese Idee, die Abschlussklassen herein zu holen, öffentlich gut verkaufen kann, aber im internen Betrieb ist es äußerst schwierig. Man hätte noch abwarten sollen, meint Ertl. „Bis zum Ende des Lockdowns hätte man die Schiene des Distance-Learnings weiterführen sollen, um dann eine sinnvolle Öffnung der Schulen zu machen“ so Ertl. Er sieht die Qualität des Unterrichts in der jetzigen Form nicht gegeben.

Bundesschulsprecherin: „Schüler wollen Präsenzunterricht“

Ganz anders sieht das die Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek, die in wenigen Wochen die Matura im Gymnasium in der Biondekgasse in Baden absolviert. „Wir Schülerinnen und Schüler wollen Präsenzunterricht. In den Maturaklassen freuen wir uns, dass wir uns doch noch einmal vorbereiten können. Wir haben bald Schulschluss und da müssen sich noch die Prüfungen und Leistungsfeststellungen ausgehen.“ Insofern sei der Start des Präsenzunterrichts für die Abschlussklassen eine Erleichterung gewesen, so Bosek.

Auch in Hinblick auf die psychische Gesundheit der Jugendlichen, sei der Schritt wichtig. Sie würden den Schulbetrieb brauchen und wenn zumindest ein Teil der Schülerinnen und Schüler in die Klassenzimmer zurückkehren kann, dann sei das für die mentale Gesundheit der richtige Weg, sagt die Bundesschulsprecherin.

Direktor übt Kritik an Kurzfristigkeit

Schuldirektor Michael Lahnsteiner kritisiert generell, dass die Schulen über Änderungen immer sehr spät vom Ministerium informiert werden. Am Freitagnachmittag hatte man erst Klarheit, was am Montag umzusetzen ist.

„Diese Kurzfristigkeit ist ein Problem. Die Planbarkeit ist nicht gegeben“, sagt Lahnsteiner. „Die Kolleginnen und Kollegen gehen schon ziemlich am Zahnfleisch. Sie müssen sehr flexibel mit der Situation umgehen. Zum Glück habe ich ein tolles Team, das diese Situation hervorragend meistert.“