Multiversum Schwechat
ORF
ORF
Chronik

Elf Anklagen in Multiversum-Causa

In Zusammenhang mit dem Multiversum in Schwechat (Bezirk Bruck a. d. Leitha) liegen zwei Anklageschriften vor. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft elf Personen versuchten schweren Betrug bzw. versuchte Untreue vor.

Die Anklagen der WKStA stehen in Zusammenhang mit der Gewährung von Bundessportförderungen zur Errichtung des Multiversums in Schwechat (Bezirk Bruck an der Leitha), sagte WKStA-Sprecherin Elisabeth Täubl gegenüber noe.ORF.at. Die Anklageschrift ist bereits rechtswirksam und war schon im März 2020 beim Landesgericht für Strafsachen Wien eingebracht worden.

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“ zufolge sollen dem Multiversum 2010 und 2012 zu Unrecht bis zu 7,8 Millionen Euro an Sportförderung zugesagt worden sein. 2,9 Millionen Euro seien tatsächlich ausbezahlt worden. Alle Betroffenen bestreiten sämtliche Vorwürfe. Im Falle einer Verurteilung beträgt der Strafrahmen zwischen einem und zehn Jahren Haft, teilte die Sprecherin mit.

Fünf Mitarbeiter des Sportministeriums angeklagt

Um wen es sich bei den elf Anklagten handelt, gab die WKStA-Sprecherin nicht bekannt. Dem Bericht des „profil“ zufolge sollen sich aber fünf Mitarbeiter des Sportministeriums unter den Angeklagten befinden, die unter dem damaligen Minister Norbert Darabos (SPÖ) für die Vergabe bzw. die Kontrolle der Bundessportförderung zuständig waren.

Ihnen soll vorgeworfen werden, in „vorauseilendem Gehorsam“ die „politische Befürwortung des Bundesministers“ umgesetzt zu haben, obwohl die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen seien. Ermittlungen gegen Darabos seien Anfang 2020 eingestellt worden. Laut „profil“ fordert die Republik das Geld im Rahmen einer Zivilklage von der Betreiberfirma zurück.

Zweite Anklageschrift noch nicht rechtswirksam

Die zweite Anklageschrift in der Causa ist hingegen noch nicht rechtskräftig, bestätigte Friedrich Köhl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg am Samstag. Laut „profil“ gibt es zumindest einen Einspruch. In der Anklageschrift wird vier Personen Untreue in Zusammenhang mit der Halle abseits der Sportförderung vorgeworfen. „Ein Ermittlungsverfahren wurde gegen eine größere Anzahl von Personen geführt. Gegen einen Teil davon wurde Anklage beim Landesgericht Korneuburg eingebracht“, sagte Köhl.

Gegen die übrigen Personen würden die Ermittlungen weiterlaufen. Drei der vier Verdächtigen befinden sich auch unter den elf von der WKStA Beschuldigten, so Köhl. Sollte die Anklage rechtswirksam werden, könnten die beiden Verfahren zusammengelegt und in Wien verhandelt werden. Ein Verhandlungstermin in Wien ist laut „profil“ aufgrund der aktuellen Coronavirus-Situation und der hohen Anzahl an Angeklagten noch nicht absehbar.

Ermittlungen auch gegen Petra Bohuslav

Dem Bericht des Nachrichtenmagazins zufolge setzte die WKStA 2018 auch Ermittlungsschritte gegen die damals zuständige niederösterreichische Sportlandesrätin Petra Bohuslav (ÖVP). Die nunmehrige kaufmännische Geschäftsführerin der Wiener Staatsoper teilte auf „profil“-Anfrage mit, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Im Multiversum war ursprünglich neben einer Mehrzweckhalle auch eine Tischtennishalle für ein Akademie-Projekt von Werner Schlager beheimatet. Dieser gewährte das Land Niederösterreich 2,8 Millionen Euro Förderung. „Das Projekt wurde umfassend geprüft, die Förderung des Landes Niederösterreich für die Werner Schlager Akademie entspricht den Richtlinien des NÖ-Sport-Gesetzes“, wurde Bohuslav zitiert.

„Dementsprechend bin ich überzeugt, dass dieses Verfahren dies auch klar bestätigen wird.“ Sie habe sich nichts vorzuwerfen. Auf „profil“-Anfrage teilte das Land Niederösterreich mit, eine Rückforderung der ausbezahlten Förderungen von der Gemeinde zu prüfen.

Jahrelanger Streit über Multiversum

Das Multiversum war 2013 durch enorme finanzielle Verluste in die Schlagzeilen geraten. Die Errichtungskosten waren von den geplanten 37 Millionen Euro auf 50 Millionen gestiegen. Der Gemeinderat hatte daraufhin eine unmittelbare Finanzspritze von 2,4 Millionen Euro beschlossen – allerdings nur durch die Stimmen der SPÖ. Nur zwei Jahre nach der Eröffnung des Veranstaltungszentrums hatte sich so die ganze Stadt in einer finanziellen Schieflage befunden.

Der Rechnungshof und die Oppositionsparteien hatten scharfe Kritik am damaligen Bürgermeister Hannes Fazekas (SPÖ) geübt. Dieser war in der Folge zurückgetreten. Nach jahrelangen Verhandlungen hatte der Gemeinderat im September 2020 beschlossen, den Hallenkomplex zu verkaufen.