Erdbeben Neunkirchen
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Chronik

Erdbeben: „Häufung nicht ungewöhnlich“

Im Raum Neunkirchen hat es in der Nacht auf Dienstag schon das zweite stärkere Beben innerhalb weniger Wochen gegeben. Diese Häufung sei aber nicht ungewöhnlich, heißt es von der ZAMG, die Zahl der Beben schwanke von Jahr zu Jahr.

Bis Dienstagmittag erreichten die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) bereits mehr als 14.000 Wahrnehmungsmeldungen aus der Bevölkerung via Formular auf der Webseite oder über die App „QuakeWatch Austria“, vereinzelt wurden auch leichte Schäden gemeldet, etwa feine Haarrisse im Verputz. Die Erschütterungen waren bis nach Wien, ins Wein- und Waldviertel, ins Burgenland und auch in Oberösterreich und Salzburg zu spüren.

Auf das Erdbeben der Stärke 4,4 um 0.57 Uhr folgten bis mittags mehr als 20 Nachbeben in der Region Neunkirchen und Wiener Neustadt. Das stärkste davon um 7.16 Uhr wies eine Magnitude von 2,9 auf. Einige Nachbeben wurden von der Bevölkerung ebenfalls bemerkt. Die Feuerwehr verzeichnete keine Einsätze aufgrund der Erdstöße, teilte Franz Resperger vom niederösterreichischen Landeskommando auf Anfrage mit. In der Neunkirchner Bezirksalarmzentrale wurden keine Schäden gemeldet, hieß es.

Geologe Wolfgang Lenhardt zum Erdbeben

Das Beben am Montag wir bereits das zweite stärkere Beben innerhalb weniger Wochen – könnte es auch ein Nachbeben von jenem von Ende März sein und so eingeordnet werden?

Obwohl es nach dem Erdbeben vom 30. März bereits das zweite stärkere innerhalb weniger Wochen war, sieht die ZAMG keinen „Trend zu mehr Erdbeben“, die Zahl der Erdbeben in Niederösterreich und allgemein in Österreich „schwankt von Jahr zu Jahr stark“, hieß es in einer Aussendung.

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Nach dem Beben wurden bei Neunkirchen zum Teil auch leichte Schäden gemeldet, etwa feine Risse im Verputz
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Durchschnittlich 48 Erdbeben pro Jahr in Österreich

In den vergangenen zwanzig Jahren ereigneten sich in Österreich pro Jahr durchschnittlich 48 Erdbeben. Markante Ausreißer waren zum Beispiel 2002 mit nur 13 spürbaren Beben und 2020 mit 73. Meist folgen auf ein starkes Beben mehrere spürbare Nachbeben, dadurch steigt die Gesamtzahl der registrierten Ereignisse deutlich.

Nicht spürbar, aber messbar sind in Österreich pro Jahr zwischen 700 und 1.400 Erdbeben. 2021 gab es laut ZAMG bis inklusive 20. April in Österreich rund 500 messbare Erdbeben, etwa 40 davon wurden von der Bevölkerung verspürt.

Der Erdstoß in der Nacht auf Dienstag dürfte ein Folgebeben vom 30. März gewesen sein, ein solches kommt in dieser Intensität im langjährigen Durchschnitt (100 Jahre) in Niederösterreich etwa alle zwölf und in ganz Österreich alle drei Jahre vor, sagte ZAMG-Seismologe Anton Vogelmann zur APA. Ein stärkeres Beben wie Ende März kommt in Niederösterreich alle 15 bis 20 Jahre vor. Auch hier gebe es aber große Schwankungen und Abweichungen – in der Geologie gehe es schließlich um Millionen Jahre.

Mit weiteren Nachbeben muss laut Vogelmann gerechnet werden. Darunter können auch erneut spürbare Erschütterungen sein. „Eine Nachbebentätigkeit von zwei bis drei Wochen ist zu erwarten“, sagte der Experte.

Aktive Erdbebenregion im Wiener Becken

Verantwortlich für die Beben ist der Umstand, dass es sich beim Wiener Becken um ein „Zerrungsbecken“ handelt. Laut Vogelmann ist der westliche Teil stabil, während der östliche in Richtung Nordosten geschoben wird. Die Erdkruste wird dadurch gestreckt und immer dünner und sinkt langsam ab. In zehn Kilometer Tiefe kommt es dann zu Brüchen, durch die Spannung abgebaut wird – die Erde bebt. Die Absenkung beträgt gerade einmal ein paar Millimeter in 100 Jahren, dennoch haben sich in den Hunderten Millionen Jahren Sedimente mit einer Höhe von 3.000 Metern im Wiener Becken eingelagert.

Diese Bewegung im Wiener Becken ist übrigens in Relation zu unserem Kontinent zu sehen. „Ganz Europa bewegt sich nämlich in Richtung Süden auf Afrika zu“, erläuterte der Seismologe.

Prognosen noch in weiter Ferne

Echte Erdbebenprognosen gibt es laut ORF-Wetterredaktion zurzeit noch nicht. Was in manchen Fällen möglich ist, das ist die Angabe einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Erdbeben in einem gewissen Gebiet. Zeitpunkte oder genaue Orte oder genaue Stärken könnten aber nicht vorhergesagt werden, so Alois Holzer von der ORF-Wetterredaktion.

Das habe damit zu tun, dass den Erdbebendiensten zu wenige Informationen über die Spannungszustände in der Erdkruste und über die Energieantriebe aus noch tieferen Schichten vorliegen würden. Größtenteils sei man auf die Rückschlüsse aus den Erdbeben selbst angewiesen. „Und wenn das erste Beben bereits das stärkste ist, dann kommt diese Information schlicht zu spät“, so Holzer.

Erdbeben im Raum Neunkirchen

In der Nacht auf Dienstag hat es im Raum Neunkirchen schon das zweite stärkere Beben innerhalb weniger Wochen gegeben. Diese Häufung sei aber nicht ungewöhnlich, heißt es von der ZAMG, die Zahl der Beben schwanke von Jahr zu Jahr.

Viele sehen Erdbeben nicht als Bedrohung

Obwohl Erdbeben in Österreich keine Seltenheit sind, werden sie vom Großteil der Bevölkerung nicht als konkrete Bedrohung gesehen, ergab kürzlich eine Befragung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Außerdem ist laut KFV fast jedes vierte Gebäude in Österreich nicht erdbebensicher gebaut.

Laut der KFV-Erhebung fühlt sich nur etwa jeder Dritte auf ein Erdbeben vorbereitet. Die Tipps der Experten: Falsch sei es bei einem Erdbeben, aus dem Haus zu laufen, denn dadurch erhöhe sich die Gefahr, von herabfallenden Gegenständen getroffen zu werden. Solange die Erde bebt, sollte man sich unter einen Türstock stellen und mit der Körpervorderseite weg von Fenstern drehen, um das Gesicht vor Glassplittern zu schützen.

Einfache Regeln für zu Hause

In jedem Fall ist laut ORF-Wetterredaktion für entstehende Schäden durch ein Erdbeben die Bauweise sehr ausschlaggebend. „Es ist also wichtig, die Gebäude gut instand zu halten und bei Neubauten die Erdbebenbaunormen einzuhalten“, so Holzer. Die aktuelle Baunorm verlange etwa im Raum Wiener Neustadt eine viele höhere Belastbarkeit durch Erschütterungen als beispielsweise im Mühlviertel.

Jeder selbst kann aber auch ganz direkt das Risiko von Verletzungen infolge von Erdbeben reduzieren. Die einfache Regel dazu lautet: „Keine schweren Bilder, keine Regale und schon gar keine massiven Gegenstände auf Regalen über dem Bett anbringen. Diese können während eines Erdbebens leicht herunterstürzen und im Schlaf, wo man ja nicht schnell reagieren kann, schwere Verletzungen verursachen“, so der ORF-Wetterredakteur.