Administrator Henckel-Donnersmarck
Stift Klosterneuburg
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Religion

„Neuer Chef“ für Stift Klosterneuburg

Die turbulenten Zeiten im Stift Klosterneuburg nehmen kein Ende. Wie am Donnerstag bekannt wurde, ist der Altabt des Stiftes Heiligenkreuz, Gregor Henckel-Donnersmarck, zum neuen Administrator bestellt worden und damit de facto neuer Chef.

Die Bestellung von Gregor Henckel-Donnersmarck ist eine höchst ungewöhnliche Entscheidung. Einerseits, weil die Augustiner-Chorherren mit ihm einen Zisterzienser ins Stift bekommen – Henckel-Donnersmarck war zwölf Jahre lang Abt in Heiligenkreuz – andererseits, weil er bereits 78 Jahre alt ist. Als Administrator ist er formal dem Leiter des Stifts, Josef Clemens, unterstellt. Weil dieser aber im Vatikan sitzt, ist er de facto neuer Chef.

Henckel-Donnersmarck kommt ursprünglich aus der Wirtschaft, vor seinem Eintritt ins Kloster war er Geschäftsführer einer großen Speditionsfirma. In Kirchenkreisen gilt er als Sanierer. „Es geht aber nicht um die Finanzen“, sagte Walter Hanzmann, Sprecher des Stifts, am Donnerstagabend gegenüber noe.ORF.at, „sondern um den Umgang mit und die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Vergangenheit im Stift Klosterneuburg.“ Darüber hinaus soll Henckel-Donnersmarck „den Konvent wieder zueinander bringen und die Spiritualität ins Zentrum rücken“, so der Sprecher.

Päpstliche Visitation rund um Missbrauchsfälle

Erst im Sommer hatte im Stift Klosterneuburg eine päpstliche Visitation stattgefunden. In weiterer Folge wurde der deutsche Kurienbischof Josef Clemens vom Vatikan zum neuen Leiter bestimmt. Rom hatte diese auch damals ungewöhnliche Entscheidung damit begründet, dass der frühere Propst Bernhard Backovsky, der im Mai des Vorjahres aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war, nicht angemessen auf die Situation rund um die Missbrauchsfälle reagiert habe – mehr dazu in Missbrauch: Vatikan sieht Versäumnisse (noe.ORF.at; 19.11.2020).

„Warum sich Josef Clemens für den emeritierten Abt von Heiligenkreuz entschieden hat, wissen wir nicht“, sagte Hanzmann, „wir begrüßen das aber, weil er ein Ordensmann ist. Bischof Clemens ist ein Weltpriester, der nie in einem Orden gelebt hat und daher keinen Erfahrungswert hat. Sich einen Administrator zu nehmen, der das nachweislich kann und in seinem Bereich erfolgreich war, ist eine gute Entscheidung.“ Mit dem Heiligen Leopold hätten Heiligenkreuz und Klosterneuburg den gleichen Gründer, viele Chorherren würden in Heiligenkreuz studieren. Insofern gebe es ein „Naheverhältnis“ zwischen den beiden Stiften, so der Sprecher.

Henckel-Donnersmarck wurde neben seiner Leitungsfunktion im Stift Heiligenkreuz auch durch seine Wirtschaftsexpertise bekannt. In den 1960er-Jahren studierte er an der Hochschule für Welthandel in Wien und war später Manager in der Privatwirtschaft in Deutschland und Spanien. 1977 trat er ins Stift Heiligenkreuz ein, war nach seiner Priesterweihe bis 1991 Prior des Zisterzienserstiftes Rein bei Graz, anschließend Assistent des Generalabtes in Rom. Nach fünf Jahren als Nationaldirektor von Missio Austria (Päpstliche Missionswerke Österreich) wurde Henckel-Donnersmarck 1999 zum 67. Abt des Stiftes Heiligenkreuz gewählt und stand diesem bis 2011 vor.