Politik

Rechnungshof übt Kritik an St. Pölten

Laut einem Bericht des Rechnungshofs hat die Stadt St. Pölten bei der Einhebung der Wasserbezugsgebühren mehr als sieben Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet. Anstatt das Wasserversorgungs- und Kanalnetz zu erneuern, wurde es Beteiligungen der Stadt zugewiesen.

Die Landeshauptstadt St. Pölten besitzt eine eigene Wasserversorgungsanlage. In den Jahren 2015 und 2016 wurden pro Kubikmeter 1,30 Euro an Wasserbezugsgebühren verlangt. So wurden jeweils 1,36 Millionen Euro an Gebührenhaushaltsüberschüssen eingehoben. Von 2015 bis 2018 waren es insgesamt 7,08 Millionen Euro an Überschüssen, heißt es in einer Aussendung des Rechnungshofs.

Rechnungshof empfiehlt Sanierungen

Von den Überschüssen wurden den Beteiligungen der Stadt 5,44 Millionen Euro zugewiesen. Die Gebühren müssen aber eigentlich für jenen Zweck verwendet werden, für den sie eingehoben wurden: also für die Wasserversorgung. Ohne Einbeziehung dieser „Gewinnentnahmen“, wie die Stadt ihre Entnahmen für die Beteiligungen bezeichnet, hätte die Wasserbezugsgebühr nur 1,18 Euro je Kubikmeter betragen.

Rechnungshofbericht

Im Bericht geht es um die Beurteilung der finanziellen Lage, des Beteiligungsmanagements, der Derivatgeschäfte, des Personalwesens sowie der Gebührenhaushalte.

Weiters stellten die Prüferinnen und Prüfer eine zu geringe Erneuerungsrate des Wasserversorgungs- und des Kanalnetzes fest. Um die Substanz zu erhalten, wäre laut Rechnungshof eine jährliche Erneuerungsrate von mindestens einem Prozent anzustreben. Es werde außerdem empfohlen, eine zweckgewidmete Verwendung des Gebührenüberschusses sicherzustellen. Überschüsse sollten innerhalb von zehn Jahren in die Gebührenhaushalte rückgeführt werden. Dabei verwies der Rechnungshof auf das Risiko rechtswidriger Gebührenbescheide und daraus ableitbarer Rückzahlungsansprüche.

„Riskante Derivatgeschäfte“

In Bezug auf Abschlüsse von 2005 bis 2012 wurden „riskante Derivatgeschäfte der Stadt“ moniert – u.a. ein Zinsswap mit 41,66 Millionen Euro finanziellem Nachteil und ein Derivatgeschäft mit 5,25 Millionen Euro Verlust. „Der Gemeinderat ermächtigte den Bürgermeister, uneingeschränkt und ohne vorherige Befassung des Gemeinderats Derivatgeschäfte für die Stadt St. Pölten abzuschließen. Die Gemeindeaufsicht stellte fest, dass für bestimmte Derivatgeschäfte ein Gemeinderatsbeschluss erforderlich gewesen wäre“, so der Rechnungshof. Die Verantwortlichen hätten ihre Befugnisse beim Geschäftsabschluss überschritten, weil diese über dem Risikolimit lagen.

Rathausplatz St Pölten
ORF.at/Christian Öser
Viele Anmerkungen des Berichts habe man bereits umgesetzt, so die offizielle Reaktion der Stadt auf den Bericht

Von 2005 bis 2012 schloss St. Pölten demnach insgesamt 31 Derivatgeschäfte über einen Nominalbetrag von 300 Millionen Euro bei mehreren Banken ab. „Riskant agierte die Stadt unter anderem beim Abschluss eines Zinsswaps mit unbeschränktem Währungsrisiko“, hielten die Prüfer fest und bezifferten den finanziellen Nachteil mit 41,66 Millionen Euro. Die Landeshauptstadt war in Zusammenhang mit Swap-Geschäften von der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien auf 67 Millionen Euro geklagt worden, 2016 kam es zu einem Vergleich. Untreue-Ermittlungen gegen Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) wurden 2020 eingestellt. Bei einem Derivatgeschäft mit einer englischen Bank (Barclays-Bank, Anm.) hatte St. Pölten laut Auskunft des Rechnungshofs Verluste in der Höhe von 5,25 Millionen Euro.

„Dass Derivatgeschäfte nicht das Gelbe vom Ei sind, können inzwischen viele Gemeinden in Österreich sowie unzählige Firmen, Häuslbauer und selbst die Republik bestätigen. Vorgeschlagen wurden derlei Geschäfte aber in der Vergangenheit sogar von offiziellen Beratungs- und Prüfungsinstanzen“, teilte der Magistrat St. Pölten in einer Stellungnahme mit. „Die Investition in riskante Papiere ist mit den übergeordneten gesetzlichen Änderungen im Rahmen der risikoaversen Finanzgebarung seit vielen Jahren ausgeschlossen“, wurde betont.

Bürgermeister sieht „unterschiedliche Sichtweisen“

Die Stadt reagierte in einer Aussendung auf den Rechnungshofbericht. Zu den Gebühren werde festgehalten, dass St. Pölten „mit Abstand zu den günstigsten Städten zählt“. Die Investitionen in die Wasserleitungen oder ins Katastrophenmanagement würden nicht jährlich getätigt und seien deshalb im Untersuchungszeitraum des Berichts nicht berücksichtigt.

Die Stadt habe seit 2014 einen ausgeglichenen Haushalt, mit Überschüssen von drei bis zehn Millionen Euro pro Jahr habe man Investitionen finanziert. Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) spricht von Punkten, die positiv befunden wurden, aber es gebe auch unterschiedliche Sichtweisen. „Viele Anmerkungen wurden bereits im Vorfeld umgesetzt, bereits angegangen oder haben sich durch die aktuell gültigen Regeln bei der Budgetierung behoben", so Stadler.

ÖVP St. Pölten fordert Kontrollausschuss

Der Rechnungshof lege schonungslos den Finger in die Finanzwunden St. Pöltens, so VP-Klubobmann Florian Krumböck in einer Aussendung. Die ÖVP-Stadtpartei fordert nun die Einberufung einer Sitzung des Kontrollausschusses mit den Prüfern des Rechnungshofes, zudem sollen die Empfehlungen des Berichts umgesetzt werden.