Die neue Jugendberatungsstelle befindet sich in der ehemaligen Buswartehalle beim Hauptbahnhof in St. Pölten. Ein Team von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern steht jungen Menschen im Alter von zwölf bis 25 Jahren an drei Tagen pro Woche – Dienstag, Donnerstag und Freitag – von 12.00 bis 16.00 Uhr für Fragen zur Verfügung.
„Eine Jugendberatungsstelle ist eine Allround-Ansprechstelle“, sagte Bernhard Zima, geschäftsführender Obmann des Vereins Jugend und Lebenswelt, der die Einrichtung seit Anfang Mai mit Unterstützung von Land und Stadt betreibt. „Man kann ohne große Nöte hereinkommen und wir schauen, was Sache ist.“
„Goldene Generation statt depressiver Generation“
Die häufigsten Themen in der Arbeit mit den Jugendlichen seien alle Bereiche, „die zum Erwachsenwerden dazugehören“, so Zima. „Bildung, Beziehung, Finanzen, Recht, das Loslösen von der Familie, sexuelle Identität, aber auch wie hoch hängen die Trauben – also soll ich eine Matura oder Lehre machen, auf eine Fachhochschule oder eine Universität gehen, wie schaffe ich den Pflichtschulabschluss oder Fragen, die alleinerziehende Mütter haben.“
Auch das Coronavirus würde derzeit junge Menschen besonders beschäftigen. „Ich glaube, wahrnehmen zu können, dass es mit jungen Menschen etwas tut, wenn sie ein Jahr zuhause sitzen“, sagte Zima. „Ich würde mir statt einer depressiven Generation eine goldene Generation wünschen. Die Weichenstellung wurde hier nun getroffen.“
Sechs Jahre lang musste die Landeshauptstadt zuletzt ohne eine Jugendberatungsstelle auskommen. Mit der sogenannten „Ampel“ wurde die letzte derartige Einrichtung geschlossen, weil sich das Arbeitsmarktservice (AMS) aus der Finanzierung zurückgezogen hatte. Nun teilen sich das Land Niederösterreich, das 50.000 Euro jährlich beisteuert, und die Stadt St. Pölten, von der 40.000 Euro jährlich kommen, annähernd die Kosten.
„Beratung kostet Geld, viele Stunden. Es braucht mehrere Financiers“, sagte St. Pöltens Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ), der auch Präsident des Vereins Jugend und Lebenswelt ist. „Wir haben uns gewünscht, dass die ‚Ampel‘ fortgeführt wird, das ist leider nicht gelungen. Es hat ein paar Jahre gedauert, dass man doch überzeugt hat, dass es ganz dringend eine Jugendberatung im Zentralraum benötigt. Die ist jetzt gegeben, deshalb gehen wir nun guten Zeiten entgegen“, so Stadler.
Man habe in den vergangenen Jahren nicht auf die Jugendlichen vergessen, betonte Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ). „Ich habe 2018 das Amt (als Gesundheitslandesrätin; Anm.) übernommen. Seither waren wir bemüht, ein Angebot zu schaffen. Wir haben die erste Möglichkeit genutzt und gemeinsam mit der Stadt eine Jugendberatungsstelle in St. Pölten eröffnet.“ Gerade in Zeiten der Pandemie sei eine derartige Einrichtung „umso wichtiger“, sagte Königsberger-Ludwig.
Suche nach „blinden Flecken“ auf der Landkarte
In Niederösterreich gibt es 14 derartige niederschwellige Jugendberatungsstellen, für die ein Gesamtbudget von 780.000 Euro zur Verfügung steht. In einem Projekt will man nun „blinde Flecken“ im Bereich der Jugendarbeit auf der Landkarte ausfindig machen. „Persönlich bin ich davon überzeugt, dass jeder Jugendliche in Niederösterreich, egal wo er wohnt, die Möglichkeit haben soll, derartige Angebote in Anspruch zu nehmen“, sagte Königsberger-Ludwig. Während es in Ballungszentren mehr Angebote gebe, ortet die Gesundheitslandesrätin vor allem im Waldviertel Nachholbedarf, so etwa im Bezirk Gmünd.
Jugendberatungsstellen wurden in der Pandemie teilweise mit Ausnahmeregelungen bedacht und durften unter strengen Auflagen geöffnet bleiben. Aktuell sind Einzelberatungsgespräche erlaubt, Gruppensitzungen allerdings nicht. Dazu gelten die gewohnten Regeln wie Maske tragen oder Hände waschen. Streng genommen würden die Jugendlichen auch einen Termin brauchen, so Vereinsobmann Zima. „Für viele ist diese Schwelle doch relativ hoch“, hofft er auf eine Änderung durch einen neuen Erlass des Gesundheitsministeriums.