Ladestation für Elektroauto
ORF.at/Georg Hummer
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Wirtschaft

Gerüstet für den E-Auto-Boom

Nach jahrelangem Warten und Ausloten haben sich praktisch alle Autohersteller dafür entschieden, auf die E-Mobilität zu setzen und werben fast ausschließlich mit E-Autos. Niederösterreich dürfte für den Boom gerüstet sein, der sich auch schon abzeichnet.

Die Zukunft liegt im Strom – ein Trend, der eben beginnt, wie die Statistik für Niederösterreich zeigt. Zu den bestehenden 9.369 E-Autos kamen von Jänner bis März 1.797 dazu. Diese 11.166 E-Pkw bilden zwar bei einer Gesamtzahl von mehr als 1,1 Millionen trotzdem nur ein Prozent, doch das werde sich in den nächsten Jahren gravierend ändern, meint Verkehrsexperte Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ): „Wir rechnen mit einer Entwicklung wie in Norwegen, und das würde bedeuten, dass in den nächsten Jahren der Anteil der Neuzulassungen von E-Autos bei 50 Prozent liegt. Das würde sich dann auch auf dem Gesamtanteil auswirken.“

Die Infrastruktur – von der Anzahl der Ladestationen bis hin zum Stromnetz – sei darauf vorbereitet, sagt Ute Teufelberger, Vorsitzende des Bundesverbandes Elektromobilität Österreich, der die Energieversorger aller Bundesländer vertritt: „Österreich ist gerüstet und in Österreich ist Niederösterreich Vorreiter. Wir haben eine EU-Studie, die ausweist, dass Österreich die EU-Ziele um 190 Prozent übererfüllt. Also wir sind mehr als vorbereitet für den Hochlauf und wir haben einen Puffer, wenn die Hochlaufkurve tätsächlich so steil nach oben geht.“

Intransparente Verrechnung

Mit 2.243 Ladepunkten weist Niederösterreich die höchste Zahl aller Bundesländer auf. Die niederösterreichische Energie- und Umweltagentur teilt die positive Einschätzung der Situation, Kritik kommt allerdings an einer nicht ausgereiften Verrechnung. Geschäftsführer Herbert Greisberger spricht von einem hohen Maß an Intransparenz: „Insbesondere, wenn Sie längere Strecken zurücklegen, in einem anderen Bundesland zu einer Ladesäule eines anderen Anbieters fahren, um zu tanken, dann wissen Sie eigentlich nicht, wieviel Sie für die geladene Kilowattstunde zahlen werden.“

Elektroauto von innen
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Mittlerweile entwickelte sich auch ein Markt für gebrauchte E-Autos

Aber – und das ist wohl der markanteste Unterschied zum jetzigen Tank-Verhalten – geladen wird ohnehin fast ausschließlich Zuhause. Herbert Greisberger spricht von bis zu 90 Prozent. Wer ein Einfamilienhaus hat, vielleicht noch mit Photovoltaik, hat ideale Voraussetzungen. Strukturprobleme gibt es in Wohnhausanlagen. Da müsse es gesetzliche Änderungen geben, weil es jetzt noch sehr mühsam und kompliziert ist, in einem Mehrparteienhaus eine Elektro-Tankstelle genehmigt zu bekommen. Diese Änderung sei in der Bundesregierung aber in Bearbeitung, sagt VCÖ-Experte Christian Gratzer.

Benzin oder Diesel kosten doppelt bis dreimal soviel

Billiger sei das Daheim-tanken allemal, rechnet Ute Teufelberger vor: „Beim Laden vom normalen Stromnetz kommt ein E-Auto auf Kosten pro 100 Kilometer von 2 bis 2,50 Euro, während Diesel oder Benzin das Doppelte bis zum Dreifachen kostet.“

Auch auf den Autohandel kommt ein Umbruch zu. Stephan Mayr, Geschäftsführer des Autohauses Waldviertel in Horn, beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit E-Mobilität. Der Anteil an verkauften E-Autos liegt in seinem Autohaus bei 15 Prozent. Vor allem Firmenflotten stellen derzeit in großem Stil auf Elektro-Autos um, berichtet er. Jetzt wird der Gebrauchtwagen ein Thema: „Derzeit ist der Markt noch überschaubar, aber das wird mit dem Neuwagenverkauf mitwachsen. Und das Kriterium dabei ist die Haltbarkeit des Akkus.“ Die wird mit Geräten gemessen. Je höher die Rest-Reichweite, desto mehr ist der Gebrauchte noch wert.

Hochvolttechniker
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Mechaniker werden zu Hochvolttechnikern, um an E-Autos arbeiten zu können

Mechaniker werden Hochvolttechniker

Alles anders ist auch in der Werkstatt. Es werde jetzt viele Jahre noch parallel nebeneinander gearbeitet, sagt Stephan Mayr. Aber in seinem Betrieb sind zwei Mechaniker beschäftigt, die sich zu Hochvolttechnikern ausbilden ließen und jetzt zusammen an Elektro-Fahrzeugen arbeiten. Als Vorsichtsmaßnahme immer zu zweit und in Schutzanzügen. Trotzdem betonen sowohl sie als auch Stephan Mayr, dass die viel diskutierte höhere Gefährlichkeit eines E-Autos nicht per se gegeben sei, nur die Handhabung müsse eine andere werden.

Die Entwicklung geht sprunghaft voran, auch die Akku-Leistung wird laufend verbessert. Die Hersteller arbeiten auch an umweltfreundlicheren Batterien als den derzeit gebräuchlichen. Der Weg in die Zukunft der Mobilität ist ein spannender – und er scheint unumkehrbar.