Karl Farkas 1931
Dokumentationsstelle für Literatur in Niederösterreich
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Kultur

Vor 50 Jahren starb Karl Farkas

Karl Farkas war einer der wichtigsten österreichischen Kabarettisten des 20. Jahrhunderts. Am Sonntag jährt sich sein Todestag zum 50. Mal. Farkas erwarb 1928 ein Haus in Dörfl (Bezirk Neunkirchen), wo er bis zu seinem Tod die Sommermonate verbrachte.

Karl Farkas wurde am 28. Oktober 1893 als Sohn des Schuhfabrikanten Moritz Farkas und dessen Gattin Franziska in Wien geboren. Der aufgeweckte Bub perfektionierte schon als Gymnasiast sein Talent als Blitz- und Schüttelreimer und schrieb in dieser Zeit erste Theaterstücke. Seine Schauspielausbildung an der Akademie für Musik und darstellende Kunst konnte er sich mit den Tantiemen und Honoraren seiner ersten Stücke und Texte finanzieren. Ölmütz, Mährisch-Ostrau und Linz waren die ersten Stationen des jungen Charakterdarstellers, der als Franz Moor, Mephisto oder Wurm auf der Bühne stand.

Farkas’ Karriere begann als „Blitzdichter“

Nach dem Ersten Weltkrieg, aus dem Farkas mit fünf Auszeichnungen zurückkehrte, arbeitete er als Schauspieler, Autor und Regisseur an der Neuen Wiener Bühne. Die Not der Inflation trieb ihn 1923 ans Kabarett. Als er erfuhr, dass beim Kabarett Simplicissimus Talente gesucht wurden, meldete er sich als „Blitzdichter“: „Rufen Sie mir ein Thema oder einen prominenten Namen zu und ich mache einen Reim daraus“, zitiert Farkas-Biograf Georg Markus das Angebot des Bewerbers.

Karl Farkas undatiert
APA/ORF/HDS
Josef Hader über Karl Farkas: „Ich glaube, dass er für Österreich das Jüdische, den jüdischen Humor, diesen Humor, dass man sozusagen auch Witze über Dinge macht, die unter Umständen gar nicht zum Lachen sind, diesen jüdischen Humor hat er gleich nach dem Krieg wieder etabliert.“

„Der Direktor rief ihm zu: ‚Paula Wessely‘. Und der 29-jährige Farkas dichtete in der Sekunde: ‚Die Frau, der ich mein Interesse lieh/Das ist die Paula Wessely‘. Oder Leo Slezak: ‚Glaubt mir, dass ich euch keinen Schmäh sag/Der beste Sänger ist der Slezak‘“, schrieb Markus in seiner Kolumne „Geschichten mit Geschichte“ im „Kurier“. Anlässlich des 50. Todestages erschien Markus’ Buch „Karl Farkas. Sein Humor. Seine Erfolge. Sein Leben“ (Amalthea Verlag). Der Journalist hatte Farkas 1969 kennengelernt und arbeitete ein Jahr lang im Kabarett „Simpl“. Und so gab es in den 1920er Jahren unversehens einen neuen gefragten Conferencier. Zur Wiener Institution wurde er, als er im Duo mit dem großen Fritz Grünbaum, der sein Lehrmeister werden sollte, die „Doppelconference“ kreierte.

Autor, Regisseur, Übersetzer, Darsteller und Direktor

Bis ins hohe Alter erledigte Farkas täglich ein schier unglaubliches Arbeitspensum – er fungierte gleichzeitig als Bühnenautor, Regisseur, Drehbuchschreiber, Bearbeiter, Übersetzer, Theaterdirektor und Darsteller. Seine Lustspiele, Revuen, Komödien und Farcen wurden in Serien von 500 bis 600 Aufführungen gespielt. Viele dieser Revuen kamen im Wiener Stadttheater heraus, das er von 1926 bis 1931 leitete. Unvergessen ist auch sein Sigismund in der Wiener Erstaufführung des „Weißen Rößl“ (Regie Farkas), wo er mehr als 600-mal „Was kann der Sigismund dafür …“ sang.

Karl Farkas als Frosch in der „Fledermaus“, New York 1942
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Karl Farkas als Frosch in „Die Fledermaus“, New York, 1942

So wie viele seiner Kollegen musste Farkas nach dem „Anschluss“ 1938 Wien verlassen. Über die Tschechoslowakei, Frankreich – wo sich in Paris nahezu das ganze Team des „Weißen Rößl“ wiederfand –, Spanien und Portugal gelangte er im Jänner 1941 in die USA. Farkas vermochte mit Inszenierungen der „Lustigen Witwe“ oder „Land des Lächelns“ mit Richard Tauber auch den New Yorker Broadway zu erobern. Dem Sprachkünstler gelang es, sich ins Englische einzuleben – heimisch wurde er in Amerika aber nicht, hatte er doch seine Frau Anni und seinen Sohn Robert in Wien zurücklassen müssen.

Legendär: Doppelconferencen mit Ernst Waldbrunn

1946 kam Farkas wieder zurück nach Wien und nahm seine Arbeit als Autor und Schaupieler wieder auf. Über seine Erfahrungen auf der Flucht und im Exil sprach er zeitlebens kaum. 1950 zog er in sein Kabarett „Simpl“ in der Wollzeile ein. Pro Jahr brachte er mindestens zwei neue Programme heraus. Seine Doppelconferencen mit Ernst Waldbrunn wurden mit dem ORF-Fernsehen österreichweit ein Begriff, sein „Schau’n Sie sich das an“ zum geflügelten Wort. Bis zu seinem Tod stand er allabendlich auf der Bühne, schrieb fürs Fernsehen viermal jährlich „Die Bilanz der Saison“ und den Silvesterhöhepunkt „Bilanz des Jahres“ oder betreute musikalische Produktionen im Raimundtheater.

Ernst Waldbrunn (links) und Karl Farkas (rechts), 25.11.1950
USIS
Karl Farkas und Ernst Waldbrunn (l.) am 25. November 1950 im Studio des unter Aufsicht der US-Besatzungsbehörde stehenden Senders Rot-Weiß-Rot

Professor Karl Farkas, Träger des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich und des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik, starb am 16. Mai 1971 in Wien. Zu seiner Beisetzung in einem Ehrengrab der Stadt Wien kamen 13.000 Wienerinnen und Wiener, um dem Großmeister des österreichischen Kabaretts, dem Sprachartisten, dessen treffsicherer Witz stets ins Schwarze traf und nie unter die Gürtellinie abglitt, Lebewohl zu sagen.

Im Oktober 1979 wurde ein Park in der Burggasse in Wien-Neubau nach Karl Farkas benannt, seit 2002 trägt eine Gasse in Wien-Landstraße seinen Namen (unter der Adresse Karl-Farkas-Gasse 19 ist die Marx Halle zu finden), auch die Gemeinde Reichenau an der Rax ehrte mit der Karl-Farkas-Straße in Dörfl den Kabarettisten.

Literaturhinweis

Andreas Weber und Katharina Strasser (Hg.): Karl Farkas. Einer, der nicht hassen konnte. Zwei Bände mit 194 bzw. 134 Seiten, Literaturedition Niederösterreich, 25 Euro.

Karl Farkas und seine Villa in Dörfl

Farkas hatte 1928 eine Villa in Dörfl Nr. 22 gekauft, die nach dem „Anschluss“ im Jahr 1938 „arisiert“ und erst 1948 restituiert wurde. Hier verbrachte der Künstler nicht nur die Sommermonate, sondern schrieb auch unzählige seiner Texte. Ein Teil des Nachlasses war im Besitz des Thomas-Sessler-Verlages. Ulrich N. Schulenburg, der Leiter des Verlages, bot Gabriele Ecker, Leiterin der Dokumentationsstelle für Literatur in Niederösterreich, den Nachlass (Manuskripte, Fotos und Lebensdokumente) an.

Von Herbst 2015 bis ins Frühjahr 2016 wurde in der Niederösterreichischen Landesbibliothek in St. Pölten die Ausstellung „Einer, der nicht hassen konnte. Karl Farkas – Emigration und Heimkehr“ gezeigt, die sich vor allem auf die Zeit seiner Emigration in die USA und seiner Heimkehr nach Österreich bezog. Zur Ausstellung erschien auch in der Literaturedition Niederösterreich eine zweibändige Publikation, herausgegeben von Andreas Weber (Band 1: Beiträge zu Leben und Werk) und Katharina Strasser (Band 2: Katalog zur Ausstellung).