Matura-Vorbereitungen in Wiener Neustadt
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Bildung

Matura im Zeichen der Krise

Kommende Woche beginnt in Niederösterreich die schriftliche Matura für mehr als 7.150 Schülerinnen und Schüler – erneut im Zeichen der Krise. Antreten darf nur, wer einen negativen Test vorweisen kann. Die mündliche Prüfung ist freiwillig.

Im Bundesgymnasium Zehnergasse in Wiener Neustadt sitzen die Schülerinnen und Schüler der Maturaklasse 8D auf der Dachterrasse. Die Hefte und Laptops liegen auf dem Schoß, im Hintergrund prasselt der Regen vom grauen Maihimmel. Sogar eine Tafel gibt es. Mathematik-Professorin Simone Sallinger geht noch die letzten offenen Fragen durch. Im Freien dürfen die Maturantinnen und Maturanten ihre Mund-Nasen-Schutz-Masken ablegen. Bei der Reifeprüfung, die am Gymnasium kommenden Donnerstag und Freitag stattfinden wird, müssen die Schülerinnen und Schüler ihre Masken allerdings tragen.

Matura-Vorbereitungen in Wiener Neustadt
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Mathe-Maturavorbereitungen mit Blick über Wiener Neustadt. Outdoor müssen die Schülerinnen und Schüler keine Masken tragen und können durchatmen

Außerdem müssen sie getestet sein. Das lässt die Anspannung natürlich noch größer werden, denn sollte der Test positiv sein, muss die Matura verschoben werden. Ersatztermine gibt es ab 7. Juni. „Ich werde nächste Woche zu Hause bleiben und nicht rausgehen, nur für Sport. Klar gibt es da eine Angst, aber ich glaube, wenn wir uns gut an alle Regeln halten und Abstand halten, wird das passen“, sagt Maturant Moritz Mittermann. Auch seine Klassenkollegin Anna Schappelwein ist ähnlich vorsichtig: „Ich werde einfach darauf achten, dass ich nächste Woche zu Hause bleibe und meine sozialen Kontakte einschränke.“

Selbstständigkeit und Durchhaltevermögen

Die vergangenen Wochen und Monate waren geprägt von Distance Learning, Hybridunterricht, zuletzt Ergänzungsunterricht und vielen Stunden vor dem Laptop. Das war natürlich sehr herausfordernd, aber die jungen Erwachsenen sehen darin auch Vorteile: „Wir haben so viel dazugelernt. Wir sind teilweise komplett auf uns allein gestellt gewesen. Ich glaube schon, dass da viele für die Zukunft etwas mitnehmen können“, so Anna Schappelwein. „Eben die Selbstständigkeit, die uns im Studium wahrscheinlich abverlangt wird, die Arbeitseinteilung, das Zeitmanagement und das selbstständige Arbeiten zu Hause“, so die Schülerin, die ab Herbst Jus studieren möchte.

Matura-Vorbereitungen in Wiener Neustadt
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Die letzten Vorbereitungen für die Reifeprüfung laufen auf Hochtouren

Christina Huber fühlt sich von vielen Außenstehenden missverstanden: „Das Einzige, was mich stört, ist, dass man von vielen als ,Coronajahrgang’ abgestempelt wird. Manche bezeichnen uns sogar als ,Lost generation’, aber wir sind nicht verloren, weil die Kompetenzen, die man später braucht, hängen nicht vom Schulwissen ab. Wir haben zwei sehr wichtige Kompetenzen mitbekommen: Selbstorganisation und auch Durchhaltevermögen“, so die 18-Jährige gegenüber noe.ORF.at.

Wenige melden sich für mündliche Matura

Heuer ist die mündliche Matura freiwillig. Am Gymnasium Zehnergasse in Wiener Neustadt haben sich in den fünf Maturaklassen nur fünf Schüler zur mündlichen Prüfung angemeldet. Einer davon ist Moritz Mittermann: „Ich will das Erlebnis haben, die mündliche Matura abzulegen. Im Studium hat man dann ja dauernd mündliche Prüfungen, aber mit dem Unterschied, dass einen die Professoren nicht kennen. Ich freue mich schon auf diese Erfahrung.“

Ein leeres Blatt Papier bei der schriftlichen Matura abgeben – wie es im Vorjahr einige getan haben – ist heuer keine gute Idee. Um positiv beurteilt zu werden, müssen mindestens 30 Prozent der Gesamtleistung erbracht werden. Gefeiert werden darf der Erfolg in diesem Jahr nicht so richtig, auch die großen Maturareisen werden ausfallen. Es bleibt eben ein außergewöhnliches Jahr für eine Maturaprüfung.

Outdoor-Klasse in Wiener Neustadt
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Auch unter diesen Zelten wird gelehrt und gelernt

Outdoor-Klassen könnten bleiben

Die nächste Maskenpause findet im Innenhof des Gymnasiums statt. Hier wurden grüne Partyzelte aufgestellt, darunter stehen die Tische und Stühle. Mehrmals pro Tag wechseln die Lehrer – auch jene von den unteren Klassen – mit ihren Schülerinnen und Schülern hierher, um eine Masken-, aber keine Unterrichtspause einzulegen, erzählt Mathe-Professorin Simone Sallinger: „Jetzt dann im Sommer, wenn es mit den Masken in den Klassen heiß wird, ist es gut, dass wir die Möglichkeit haben, nach draußen zu gehen. Wir versuchen so oft wie möglich den Unterricht draußen stattfinden zu lassen“, so Sallinger.

Ein Konzept, das Direktor Werner Schwarz auch nach der Pandemie beibehalten möchte: „Das ist vielleicht etwas, das wir aus Corona lernen können – den Unterricht flexibler an Situationen anzupassen und den Unterricht auch vom Lehrplan und von den Orten her flexibler zu machen. Wir werden sicher auch nächstes Jahr in die Outdoorklassen rausgehen.“ Das wird die Maturantinnen und Maturanten des heurigen Jahres dann nicht mehr beschäftigen. Sie werden ihre Maturazeugnisse dann schon in der Tasche und die Zeiten unter den grünen Zelten oder auf der Dachterrasse noch in guter, aber ferner Erinnerung haben.