Adolf Krischanitz profilierte sich mit seinen klar konturierten Bauten in minimalistisch anmutender Formensprache weit über die Grenzen Österreichs hinaus. Sein umfassendes Werkverzeichnis beinhaltet Projekte wie die Kunsthalle Krems, der Traisenpavillon in St. Pölten, die Neue Welt Schule im Wiener Prater und die Lauder Chabad Schule im Wiener Augarten.
Auch der Bau der Kunsthalle Wien-Karlsplatz (1992) und deren Nachfolgeprojekt, der „project space“ (2002), gehen auf sein Konto – ein Prinzip, das er mit der temporären Kunsthalle auf dem Schlossplatz (2008) auch in Berlin umsetzte. Seit 2017 steht dieser Holzbau mit einer Grundfläche von 20 x 56 Metern und einer Höhe von elf Metern in Warschau am Ufer der Weichsel und dient dem Museum of Modern Art (MoMA) der polnischen Hauptstadt als Ausstellungsraum.
Dass Provisorien durchaus Bestand haben können, bewies Krischanitz u.a. bei seinem Um- und Ausbau des ehemaligen Brüsseler Weltausstellungspavillon von Karl Schwanzer. Als 20er Haus in der Nähe des Wiener Südbahnhofs aufgestellt, machte er ihn als 21er Haus zukunftsfit und stellte ihm einen sechsgeschoßigen Büroturm zur Seite. Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig ließ jedoch später im Belvedere21 manche im Zuge der Wiedereröffnung im Jahr 2011 getätigten Einbauten wieder entfernen. Sein sensibler Umgang mit historischer Bausubstanz war auch bei den Renovierungen der Wiener Werkbundsiedlung (1983), der Secession (1986 sowie 2017/18) oder beim Umbau des Brückenkopfgebäudes-Ost am Linzer Hauptplatz für die Kunstuniversität gefragt.
Vielseitig: Kunsthallen, Schulen, Möbel und Kantinen
Geboren wurde Adolf Krischanitz am 26. Mai 1946 in Schwarzach im Salzburger Pongau. Noch während des Architekturstudiums an der Technischen Universität in Wien (1965 bis 1972) gründete er 1970 zusammen mit Otto Kapfinger und Angela Hareiter die Arbeitsgemeinschaft „Missing Link“. Neben Lehraufträgen und Gastprofessuren in Wien, Neapel, München und Karlsruhe hatte Krischanitz 1992 bis 2011 auch die Professur für Entwerfen und Stadterneuerung an der Universität der Künste in Berlin inne, von 1991 bis 1995 war er Präsident der Wiener Secession.
Krischanitz, der auch im Bereich der Möbel- und Innenraumgestaltung tätig ist, lebt seit 1979 als freischaffender Architekt in Wien und gründete mit Birgit Frank 2004 das Architekturbüro Krischanitz & Frank in Wien, Berlin und Zürich, eine Zusammenarbeit, die bis 2007 bestand. Heute hat die Architekt Krischanitz ZT GmbH ihren Hauptsitz in Wien und eine Niederlassung in Zürich.
Zu den Projekten der vergangenen Jahre zählt die Erweiterung der Sammlung Friedrichshof (2010), das Bürohaus und die Werkskantine der Jungbunzlauer Austria AG in Pernhofen bei Laa an der Thaya (Bezirk Mistelbach, 2013), der Superblock Sulzer-Areal in Winterthur (2015) – der Umbau eines denkmalgeschützten Industriebaus in ein Büro- und Wohnhaus –, die Sanierung der Wiener Secession (2017/18) sowie das Headquarter der Zurich Insurance Group in Zürich und ein Wohnhausprojekt in Wien-Pötzleinsdorf, geplante Fertigstellung bei beiden ist Ende 2021. Gegliedert ist das Online-Projektverzeichnis seines Büros in die Kategorien Kunstraum, Wohn-Stadtraum, Werkraum, Lernraum, Interieur und Möbel.
Seit Jahrzehnten im In- und Ausland geehrt
Zu seinen zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen gehören unter anderem der Preis der Stadt Wien für Architektur (1991), der Otto-Wagner-Städtebaupreis (1997), die Loosmedaille für die Neue Welt Schule (1997), das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2007), den Architekturpreis Berlin (2009) und den Wiener Stadterneuerungspreis (2018).

Niederösterreich zeichnete Krischanitz 2002 mit dem Kulturpreis des Bundeslandes im Bereich Architektur aus. Für den Traisenpavillon in St. Pölten bekam er 1989 den Bauherrenpreis, 1996 noch einmal, diesmal für die Kunsthalle Krems. 2010 erhielt er den Holzbaupreis des Landes Niederösterreich für das Archiv der Zeitgenossen in Krems, vier Jahre später für die Jungbunzlauer-Werkskantine.
Wie Architektur das Leben aller Menschen prägt
Die Fotografin Margherita Spiluttini, bekannt durch ihre jahrzehntelange Arbeit vor allem als Architekturfotografin, dokumentierte zahlreiche von Adolf Krischanitz geplante Projekte. Sie übergab ihren künstlerischen Vorlass dem Architekturzentrum Wien (Az W), das seinen Sitz im MuseumsQuartier in Wien-Neubau hat. Das Az W besteht seit 1993 und etablierte sich „international als herausragender Ort zur Vermittlung und Erforschung von Architektur“, heißt es auf der Website des Az W. Es versteht sich als „das österreichische Architekturmuseum. Es zeigt, diskutiert und erforscht, wie Architektur und Stadtentwicklung das tägliche Leben aller Menschen prägen.“
Auf einer Fläche von 2.000 Quadratmetern präsentiert das Az W internationale Themenausstellungen, eine permanente Überblicksausstellung zur österreichischen Architektur „a_schau“ und insgesamt mehr als 500 Veranstaltungen im Jahr. Derzeit wird die Ausstellung „Boden für Alle“ gezeigt, in der die fortschreitender Verbrauch von Boden und die Zersiedelung der Landschaft thematisiert wird: „Ein sorgloser oder ein kapitalgetriebener Umgang mit dieser Ressource hat in den vergangenen Jahrzehnten Gestalt und Funktion unserer Städte und Dörfer massiv verändert. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und steigender Wohnungspreise stellt sich die Frage, ob der bisherige Weg mit maximalen Kompromissen und minimalen Anpassungen noch tragbar ist. Wo bleibt eine weitreichende und mutige Bodenpolitik?“
Ab 19. August ist im Az W die Ausstellung „Tatiana Bilbao Estudio“ zu sehen. Erstmals wird in Österreich die Arbeit der 1972 geborenen mexikanischen Architektin Tatiana Bilbao präsentiert. Die lokalen Kultur-, Kunst- und Bautraditionen, wie beispielsweise die Verwendung von Stampflehm, spielen in Bilbaos Werken eine wichtige Rolle. „Wenn man aus einem Land kommt, in dem viele Menschen nur über sehr wenige wirtschaftliche Ressourcen verfügen, ist man es gewohnt, diese nicht zu verschwenden“, so Tatiana Bilbao.