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Chronik

Drasenhofen: „Unterbringung rechtswidrig“

Das Gericht hat im Fall eines Flüchtlings entschieden, dass die Unterbringung in dem mit Stacheldraht umzäunten Asylquartier Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) rechtswidrig war. Der für Asylfragen zuständige Landesrat Waldhäusl (FPÖ) übt heftige Kritik.

Ein nach einer Beschwerde eines Betroffenen zuvor gegenteilig lautender Beschluss war vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden. Entsprechende Berichte von „Der Standard“ und der ZiB2 wurden am Mittwoch auf Anfrage bestätigt. Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) prüft nun Rechtsmittel.

„Gegen das Verfassungsrecht auf persönliche Freiheit“

Die Überstellung und Unterbringung des Betroffenen in dem Quartier habe gegen das Verfassungsrecht auf persönliche Freiheit verstoßen, entschied das Landesverwaltungsgericht (LVwG) Niederösterreich. Damit sei man der Ansicht des Verfassungsgerichtshofes gefolgt, sagte LVwG-Präsident Patrick Segalla gegenüber der APA. Die Entscheidung beziehe sich auf den Anlassfall und nicht auf das Asylquartier Drasenhofen als Ganzes, fügte er hinzu.

„Die Fachabteilung Asyl und Integration des Landes Niederösterreich prüft aktuell die Einbringung von Rechtsmittel“, teilte Landesrat Waldhäusl mit, der die Überstellung in das Flüchtlingsquartier im November 2018 angeordnet hatte. Möglich ist nach Angaben des LVwG eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien.

Asylquartier Drasenhofen im Jahr 2018
APA/Helmut Fohringer
Eine Aufnahme aus dem Jahr 2018: Das Asylquartier Drasenhofen

Waldhäusl stellt Unabhängigkeit der Justiz in Frage

Der Asyl-Landesrat stellte auch die Unabhängigkeit der Justiz in Frage: „Die angeblich unabhängigen Gerichte entscheiden immer öfter im Sinne der Täter, jeglicher Opferschutz wird bequem ausgeblendet.“ Waldhäusl erwähnte in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer aus Ghana wegen Drogendealens straffällig geworden sei. „Bedenklich ist hier allemal, dass der gleiche LVwG-Richter den gleichen Akt vor zwei Jahren abgewiesen hat, jetzt aber – ohne Verhandlung – das Urteil der Rechtswidrigkeit gefällt hat. Man fragt sich ernsthaft, welche Rechtsmeinung dieser in zwei Jahren wohl vertreten würde!?“, meinte der FPÖ-Politiker.

Die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in dem von Securitys bewachten Quartier mit Stacheldraht und Ausgangsbeschränkungen hatte für viel Kritik gesorgt. Die Asylwerber wurden im Herbst 2018 nach wenigen Tagen von der Einrichtung im nördlichen Weinviertel nahe der Grenze zu Tschechien an andere Standorte verlegt.

ÖVP „hat Urteil so erwartet“, NEOS begrüßt Entscheidung

NEOS-Landessprecherin Indra Collini begrüßte am Mittwoch die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts. „Damit hat es Landesrat Waldhäusl einmal mehr schwarz auf weiß, dass sein Gefängnis für minderjährige Jugendliche illegal war. Dass er nun Zweifel an der Unabhängigkeit des Rechtsstaats äußert, ist ein durchschaubares Spiel." Laut Collini sei nun abzuwarten, ob die Causa auch strafrechtliche Folgen für den Landesrat habe. „Kommt es zur Anklage, muss das Konsequenzen in Form eines Rücktritts haben – das gilt für den Kanzler, den Landesrat sowie generell für alle Politikerinnen und Politiker.“

Von Seiten der ÖVP Niederösterreich hieß es am Mittwoch dazu in einer Stellungnahme: „Jeder, der die Vorgänge 2018 verfolgt hat, hat dieses Urteil genau so auch erwartet“, so Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner.

Grüne fordern Misstrauen gegen Waldhäusl

Geht es nach den Grünen Niederösterreich, so bestehe „keinerlei Notwendigkeit so jemanden wie Landesrat Gottfried Waldhäusl als Teil der Landesregierung zu behalten“, sagte Landessprecherin Helga Krismer in einer Aussendung. "Nach diesem Urteil hat die Bevölkerung mehrheitlich die Erwartungshaltung, dass Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre Verantwortung als Regierungsvorsitzende nachgeht und Gottfried Waldhäusl das Misstrauen ausspricht. Dazu gehört auch, dass sie ihm wesentliche Agenden wie Flüchtlingsangelegenheiten, Fremdenangelegenheiten, Grundversorgung und Koordination der Integrationsangelegenheiten entzieht.“