Roboter „Job Sepp“
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Wirtschaft

Männerberatung setzt auf Digitalisierung

Das erste Männerberatungszentrum, das vor einem Jahr im Mostviertel eröffnet wurde, soll ausgebaut werden. Ziel ist es, langzeitarbeitslosen Männern wieder zurück in den Beruf zu helfen. Großer Wert wird dabei auf das Thema Digitalisierung gelegt.

„Grüße Sie, herzlich willkommen im Männerberatungszentrum Mostviertel 4.0. Sind Sie bereits getestet, geimpft oder genesen?“, fragt der etwa 1,20 Meter große Roboter namens Job Sepp jeden, der beim Männerberatungszentrum in Amstetten zur Tür hereinkommt. Mittels Tablet können die Männer, die das Zentrum betreten, dem Roboter antworten.

Der Job Sepp begrüßt jeden, der in das Männerberatungszentrum kommt, auch den ORF Niederösterreich

„Auf diese ungewöhnliche Weise verlieren die Langzeitarbeitslosen die Scheu vor der digitalen Welt“, erklärt Projektleiter Leopold Kaiblinger: „Es steigert das Selbstwertgefühl.“ Die Männer hätten oft Schicksale hinter sich und seien niedergeschlagen. „Mit unserem Angebot werden sie aufgerichtet. Sie sehen, ich bin Teil der Digitalisierung, ich kann das Smartphone bedienen. Ich selber kann mein Leben wieder neu in die Hand nehmen“, so Kaiblinger.

Mann bedient den Roboter Job Sepp
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Der Job Sepp stellt Fragen, über das Tablet auf seiner Brust kann man ihm antworten

Natürlich wird neben dem Job Sepp besonders auf das persönliche Gespräch mit den Beraten Wert gelegt. Bisher nutzten 441 Männer das Programm im Männerberatungszentrum Mostviertel oder nutzen es noch. „Da geht es um wirklich intensive Beratung und darum, dass man sich die Zeit nimmt für die Menschen und schaut, wie können wir den Arbeitsmarkteinstieg möglichst schnell ermöglichen“, sagt der Geschäftsführer des AMS Niederösterreich, Sven Hergovich. Die Hälfte der Teilnehmer schloss bereits ab, davon fand wiederum die Hälfte einen Ausbildungsplatz oder eine neue Arbeit.

Facts:

  • Ende April waren in Niederösterreich 27.746 Männer ohne Job
  • Das Durchschnittsalter der Teilnehmer im MBZ liegt bei 46 Jahren
  • 56 Prozent von ihnen haben einen Pflichtschulabschluss, ein Drittel einen Lehrabschluss
  • Drei Prozent der Teilnehmer haben eine akademische Ausbildung

Einer von ihnen ist Manfred Wasinger. Zuvor war der 58-Jährige zwei Jahre lang arbeitslos und danach im Notstand: „Mit 900 Euro im Monat, das war sehr mühsam, weil man einfach keine Chance am Arbeitsmarkt bekommt.“ Wasinger hat seit einem schweren Unfall im Alter von 16 Jahren eine 60-prozentige Behinderung. „Mein rechtes Bein ist sechs Zentimeter kürzer. Und dadurch ist es zu Folgeschäden gekommen. Ich hatte fünf Bandscheibenvorfälle“, erzählt der ehemalige Sicherheitsbedienstete.

Interesse am Menschen

Nach seiner Entlassung bekam der damals 56-Jährige keine Stelle mehr, auch die vorzeitige Pensionierung wurde abgelehnt. Schließlich fand er den Weg ins Männerberatungszentrum. „Das war auch das erste Beratungszentrum, in dem ich das Gefühl hatte, man interessiert sich für mich und meine Probleme.“

Auch er hatte natürlich Kontakt zum Job Sepp. Zu Beginn war Manfred Wasinger skeptisch, was den kleinen Roboter angeht: „Als ich das erste Mal dort war und der Sepp gesagt hat, er will meine Augen scannen, habe ich gesagt ‚sicher nicht‘“, lacht Wasinger. „Aber das ist die Zukunft. Und Technik hat mich schon immer fasziniert.“

Manfred Wasinger war zwei Jahre lang arbeitslos, jetzt arbeitet er als Servicetechniker für Kleingeräte
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Manfred Wasinger fand durch das Männerberatungszentrum zurück in die Arbeitswelt

Der 58-Jährige lernte völlig neue Dinge und wurde nun erfolgreich vermittelt. „Den größten Unterschied merke ich beim Einkaufen. Früher, mit 900 Euro, habe ich im Geschäft lange überlegt, ob ich mir dies und das noch leisten kann. Heute gehe ich ins Geschäft und kaufe mir die Dinge, die ich möchte. Und natürlich ist mein Selbstwert ein ganz anderer.“ Seit Anfang Oktober arbeitet Wasinger als Servicetechniker für Kleingeräte – das heißt, er repariert zum Beispiel Rasenmähroboter. In diesem Bereich läuft inzwischen vieles digital.

Männerberatung wird ausgebaut

Auch sein Arbeitgeber Karl Streimelweger ist zufrieden: „Manfred hat sich sehr gut eingearbeitet, ich bin froh, dass er sich sehr gut mit Computern auskennt, weil heutzutage alle Geräte nur mehr mit dem Computer zu reparieren sind.“ Die Stelle wird für ein Jahr zur Hälfte vom AMS gefördert. Manfred Wasinger hofft, auch danach noch in der Firma bleiben zu können.

Dieses und weitere erfolgreiche Beispiele bringen das AMS Niederösterreich dazu, das Angebot des Männerberatungszentrums weiter auszubauen: Bis Jahresende soll Platz für 550 Männer geschaffen werden, dafür werden 615.000 Euro investiert.