Bahnhof Neu-Nagelberg
ORF/ Anna Perazzolo
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Chronik

Historischer Bahnhof bei Gmünd wird verkauft

Der Waldviertler Schmalspurbahnverein verkauft den 121 Jahre alten Neu-Nagelberger Bahnhof (Bezirk Gmünd). Die Nutzungsideen der Interessentinnen und Interessenten für das historische Gebäude sind so vielseitig wie das Verkaufsobjekt selbst.

Bereits 1990 erwarb der Waldviertler Schmalspurbahnverein, auch bekannt als Wackelstein-Express, den Bahnhof Neu-Nagelberg in Breitensee bei Gmünd und machte ihn zum Vereinssitz. Vor zehn Jahren wurde der Sitz allerdings nach Heidenreichstein (Bezirk Gmünd) verlegt und der Bahnhof Neu-Nagelberg einem Vereinsmitglied vermietet. Nachdem die bisherige Mieterin aber im vergangenen Jahr verstorben ist, sucht der Waldviertler Schmalspurbahnverein nun neue Besitzer für den Bahnhof.

Zusammen mit dem 148 Quadratmeter großen Gebäude steht auch eine Wald- und Grünfläche mit insgesamt einem Hektar Fläche zum Verkauf. Daneben können nach Wunsch auch 100 Meter Nebengleise und ein Waggon übernommen werden. Ausrufungspreis für das gesamte Grundstück mit Gebäude sind 99.000 Euro. Der Zuschlag erfolgt dann für den Bieter mit dem besten Preis- und Nutzungsvorschlag, so der Vereinsobmann.

Nostalgiezüge fahren auch weiterhin

Die vor dem Gebäude verlaufenden Hauptgleise bleiben allerdings im Besitz des Waldviertler Schmalspurbahnvereins und werden auch weiterhin zu touristischen Zwecken befahren, erklärt Vereinsobmann Manfred Schwingenschlögl. „Die Nostalgiezüge verkehren von Mai bis Oktober mehrmals in der Woche. Von Juli bis August sogar täglich. Das ist auch der Grund dafür, warum der Zugang zum Bahnsteig für Gäste auch von den neuen Besitzern gewährleistet werden muss“, so der Obmann gegenüber noe.ORF.at.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Bahnhofsgebäude
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Der historische Bahnhof Neu-Nagelberg soll noch im Juni seinen Besitzer wechseln
Nebengleise und Waggon
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Die Nebengleise samt Waggon können von den neuen Besitzern übernommen werden. Die Hauptgleise, auf denen auch weiterhin die Nostalgiezüge verkehren, bleiben im Besitz des Waldviertler Schmalspurbahnvereins.
Die originale Tür zur Ticketausgabe ist noch immer vorhanden
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Die Tür zur Ticketausgabe ist noch original erhalten
Ehemaliger Warteraum des Bahnhofs
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Der ehemalige Warteraum des Bahnhofs wurde zu einem Vorzimmer umfunktioniert
Wohnraum – keine Heizung – nur Holz
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Im Gegensatz zu Strom und Wasser gibt es im Gebäude keine Zentralheizung. Geheizt wurde bisher durch einen Holzofen.
Ehemalige Lampisterie – nun Bad
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Früher befand sich in diesem Raum die Lampisterie, in der Petroleumlampen gewartet wurden
Plumsklo
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Neben einem modernen Bad mit Toilette befindet sich im Bahnhofsgebäude noch immer ein Plumpsklo
Kohlerutsche
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Auch die originale Kohlenrutsche ist noch vorhanden
Keller ohne Licht – Kohlekeller
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Die Kohlenrutsche führt in den früher genutzten Kohlekeller
Dachboden Bahnhof
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Über eine nicht beleuchtete Treppe gelangt man in den Dachboden mit originalem Ziegelboden

Neben dem Erhalt des Zugangs wünsche man sich im Verein aber auch Besitzer, die sich zumindest zum Teil mit dem Gebäude identifizieren und die vorbeifahrenden Züge schätzen. Interessenten für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude gibt es jedenfalls bereits. „Wir waren über das enorme Interesse überrascht. Was uns besonders freut ist natürlich, dass so viele Interessenten dabei sind, die den Leuten den Bahnhof auch weiterhin zugänglich machen wollen“, berichtet Schwingenschlögl.

Vielseitige Nutzungsideen

Bianca und Benjamin aus Stössing (Bezirk St. Pölten) zum Beispiel möchten ihre kleine Wohnung hinter sich lassen und ein Leben als Selbstversorger im Waldviertel beginnen. „Wir würden natürlich schauen, dass der Bahnhof von der Bahn aus weiterhin sichtbar bleibt. Ein Vorgarten mit einem kleinen Zäunchen würde uns gefallen. Und natürlich Hochbeete mit selbst angebautem Gemüse und vielleicht ein paar Hühner im hinteren Teil vom Grund“, so Benjamin. Er selbst ist seit seiner Kindheit von Zügen begeistert und hat auch eine Zeit lang als Lokführer bei der Ybbstalbahn gearbeitet. „Im Herzen bin ich ein Eisenbahner und für mich ist das hier, falls es tatsächlich etwas wird, eine richtige Ehre.“

Andere hingegen, wie etwa Manfred Lanzinger aus Baumgartenberg in Oberösterreich, suchen eine spannende Beschäftigung. „Das Gebäude könnte man schön langsam renovieren und ein oder zwei ‚Tiny Häuser‘ zum Wohnen dazustellen. Das wäre dann ein Projekt von fünf bis zehn Jahren“.

Neuer Besitzer für 121 Jahre alten Bahnhof im Juni

Aber auch Unternehmen interessieren sich für das historische Gebäude. Gerhard Hufnagel vom Stadthotel in Waidhofen an der Thaya möchte das touristische Konzept durch den Bahnhof erweitern. Dabei soll „dem Bahnhof diese schöne Substanz erhalten bleiben und saniert und renoviert werden. Das Ziel wäre, den Gästen das Wohnen am Bahnhof mit dazugehörigem Zug anbieten zu können“, so Hufnagel. Welches Konzept sich durchsetzt, wird sich bereits im Juni entscheiden. Da soll der Bahnhof Neu-Nagelberg seinen Besitzer wechseln.