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Wirtschaft

IFE: Züge in aller Welt mit Mostviertler Türen

Ob in Asien, Amerika oder Afrika: Zugbetreiber aus aller Welt ordern Türen bei der Mostviertler Firma IFE. Der Marktführer für Schienenfahrzeugtüren entwickelt und testet seine Produkte für den Weltmarkt in Kematen an der Ybbs (Bezirk Amstetten).

Wer in Österreich öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kommt an den Türen der Firma IFE nicht vorbei. Verbaut sind sie in Wiener U-Bahnen und Straßenbahnen ebenso wie in Zuggarnituren der ÖBB und Westbahn. Der globale Marktführer von Schienenfahrzeugtüren, der mehrheitlich im Besitz des deutschen Knorr-Bremse-Konzerns ist, produziert seine Türen für den Weltmarkt. „Unsere Produkte findet man überall – zum Beispiel in den Hochgeschwindigkeitszügen in Saudi-Arabien, in der U-Bahn in Delhi, in Zügen in Taiwan oder Straßenbahnen in Boston“, erzählt Oliver Schmidt, Geschäftsführer von Knorr-Bremse Österreich.

Je nach Land und Betreiber variieren die Formen und Größen der Züge und mit ihnen die Anforderungen an die Türsysteme. Die für England typischen bauchigen Züge erfordern beispielsweise Türen mit starker Biegung und auch die Schieneninfrastruktur eines Landes spiegelt sich in den diversen Modellen wider, indem Garnituren und Züge etwa an Bahnsteigkanten angepasst sein müssen.

Türen wesentlicher Bestandteil für Barrierefreiheit

Gerade was den Ein- und Ausstieg betrifft, veränderten sich die letzten Zuggenerationen zunehmend in Richtung Barrierefreiheit. Denn wie barrierefrei Züge tatsächlich sind, entscheidet sich meist schon beim Einstieg. Durch das höhere Bewusstsein für Menschen mit eingeschränkter Mobilität werden barrierefreie Zustiege immer weiter verbreitet und beschäftigten die Ingenieure der Produktentwicklung. Denn damit einher gingen völlig neue Dichtungssysteme, die es erst zu entwickeln galt.

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Türentest
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Die neueste Türgeneration öffnet ohne Berührung – in der Teststation werden die Öffnungen in verschiedenen Situationen überprüft – etwa unter imitierten Regenbedingungen
Barrierefreier Einstieg
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Barrierefreie Ein- und Ausstiege wurden in den letzten Jahren immer wichtiger
Virtuelle Fernwartung
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Datenexperten werten Informationen aus, die beispielsweise Ubahntüren nach Kematen schicken. So lassen sich Unregelmäßigkeiten frühzeitig erkennen, noch bevor ein Defekt vorliegt

Zu den jüngsten Entwicklungen zählen aber nicht nur Trittbretter mit möglichst leicht überfahrbarer Kante, auch akustische und optische Signale für Menschen mit Seh- oder Höreinschränkungen werden heute von laufend mehr Betreibergesellschaften mitbestellt. Eine der neuesten Entwicklungen in Kematen ist ein Modell der kontaktlosen Türöffnung. Hierfür sind im Metallrahmen Sensoren verbaut, die in der Haltestelle erkennen sobald sich ein Mensch einer Türe nähert. Bei anderen Bewegungsreizen wie Starkregen dürfen sie hingegen nicht auslösen.

Türen müssen verlässlich öffnen

In jedem Massenverkehrsmitteln bildet der gesamte Türraum einen neuralgischen Punkt. In möglichst jeder Situation müssen die Türen verlässlich und sicher öffnen bzw. schließen. Während Bahnen aus Energie- und Kostengründen immer leichter wurden, durften die verbauten Materialien und Komponenten nicht an Sicherheit einbüßen. Gleichzeitig wurden die Züge speziell im Fernreiseverkehr immer schneller. „Das hat die Ingenieure in der Produktentwicklung massiv gefordert“, so Markus Ber, der Geschäftsführer von IFE. „Heute ist ein Zug, wenn er mit mehr als 200 Kilometern in der Stunde fährt, viel höheren Kräften ausgesetzt – ganz besonders im Tunnel oder wenn sich dort sogar noch zwei Hochgeschwindigkeitszüge begegnen.“

Bevor eine Türe diesen Kräften im täglichen Betrieb tatsächlich ausgesetzt werden kann, muss sie in der Firmenzentrale in Kematen (Bezirk Amstetten) umfangreiche Tests bestehen. Dazu werden die Schließsysteme beispielsweise diversen Umwelteinflüssen wie Hitze, Kälte oder Starkregen ausgesetzt, um ihre Beständigkeit und Dichtheit zu überprüfen, erklärt Ber. „Beim Wassertest etwa geht es um Starkregen bei einer Fahrgeschwindigkeit von mehr als 200 Kilometern pro Stunde.“

„Im Fokus“: IFE Doors

Die Firma IFE aus dem Mostviertel ist Weltmarktführer in der Herstellung von Schienenfahrzeugtüren. Sie wird diesmal in der Rubrik „Im Fokus“ vorgestellt.

Unternehmen ist Profiteur der Klimakrise

Die neueste Generation an Türen, die in Kematen bereits ausgestellt, aber am Markt noch nicht zu finden ist, arbeitet mit einer neuen Art des Linearantriebs. „Damit gehen wir in der Entwicklung weiter, in der Ausführung aber wieder einen Schritt zurück“, so Ber. Weil U-Bahntüren etwa 300 Mal täglich auf- und zugehen und im Lauf ihres bis zu 50 Jahre andauernden Lebens Millionen Male öffnen und schließen müssen, würden die Bahngesellschaften Ber zufolge zunehmend auf wartungsarme Modelle Wert legen. Um die Wartungspausen zu minimieren, senden die Türsysteme laufend technische Informationen nach Kematen. So können Datenspezialisten Auffälligkeiten erkennen bevor es zu Störungen kommt.

Der Unternehmensstandort in Kematen mit etwa 400 Beschäftigten ist das Zentrum für das weltweite Geschäft. Hier werden die Produkte entwickelt, getestet und vertrieben. Produziert wird hingegen im Ausland – in Brünn in Tschechien. Aus Kostengründen kommt für IFE die Herstellung in Niederösterreich nicht infrage, erklärt Oliver Schmidt, der Geschäftsführer von Knorr-Bremse Österreich. „Der Wettbewerb sitzt auch in Ländern, in denen kostengünstiger produziert werden kann“, so Schmidt, „wichtig ist aber, dass wir die hochwertigen Ingenieursarbeitsplätze hier halten können und von Niederösterreich aus das Weltgeschäft betreuen.“

Durch die globale Klimakrise profitiert das Bahngeschäft – mehr Zug, weniger Flug, lautet die Devise. An dieser Entwicklung kann das Mostviertel Unternehmen mitschneiden. Das bestätigt auch Oliver Schmidt im Gespräch mit noe.ORF.at: „Der Anteil der Hochgeschwindigkeitszüge auf der Welt nimmt zu, man setzt ganz klar und stärker auf den Faktor Schiene. In Europa etwa sehen wir, dass man die Städte per Zug besser vernetzen will.“ Davon profitiert das Unternehmen und zog erst kürzlich einen weiteren millionenschweren Großauftrag aus Deutschland an Land.