Schiedsrichterin Sara Telek
GEPA/Michael Riedler
GEPA/Michael Riedler
„Ganz persönlich“

„Die Europameisterschaft ist das große Ziel“

Es ist noch immer die Ausnahme von der Regel: eine Frau als Schiedsrichterin. Die 32-jährige Niederösterreicherin Sara Telek ist in vielerlei Hinsicht Vorreiterin: zuletzt beim größten Frauenfußballspiel auf europäischer Klubebene. Ihr großes Ziel: „die EM“.

Sara Telek, die in Dreistetten (Bezirk Wiener Neustadt) wohnt, war die erste Österreicherin, die bei einem Champions-League-Finale der Frauen an der Seitenlinie dabei war. Die Ausbildung zur Schiedsrichterin begann Telek vor 13 Jahren. Mittlerweile pfeift sie in der Frauenfußball-Bundesliga, bei den Männern steht sie in der Bundesliga als Schiedsrichter-Assistentin an der Seitenlinie.

noe.ORF.at: Wenn Sie in einem Stadion stehen, hören Sie noch oft „Oh, das ist ja eine Frau!“?

Sara Telek: Naja, es ist schon normaler geworden im Vergleich zu früher. Ich glaube, ich bin mittlerweile schon ein bekanntes Gesicht in der Branche.

noe.ORF.at: Die vorläufige Krönung Ihrer Laufbahn war das Champions-League-Finale der Frauen in Göteborg (Schweden) im Mai. War das der pure Stress oder konnten Sie das auch genießen?

Telek: Ich habe es vorab auch genießen können, auch wenn es etwas nüchterner ist. So richtig genießen und freuen kann man sich doch erst danach, wenn man auch weiß, man hat seinen Job gut gemacht. Als ich nach Hause gekommen bin, habe ich noch ein paar Tage gebraucht, um wieder ganz anzukommen und einfach zu merken, wie besonders dieser Moment war.

Man ist sich vorab einfach bewusst, dass jedes Spiel eine Herausforderung darstellt und nicht einschätzbar ist. Man möchte keine Entscheidung treffen, die das Endergebnis beeinflusst, und das ist natürlich schon ein sehr großer Druck.

Ganz persönlich Sara Telek
ORF
Sara Telek (l.) im Gespräch mit Eva Steinkellner-Klein

noe.ORF.at: Sie sind an der Seitenlinie gestanden. Ist das eigentlich der bessere Job oder pfeifen Sie lieber?

Telek: Besser würde ich nicht sagen. Ich pfeife schon sehr gerne. Es hat beides seine Reize und ich mache beides sehr gern. Bei mir hat sich im Laufe der letzten Jahre eher die Schiedsrichterassistenz herauskristallisiert.

noe.ORF.at: Seitenlinie bedeutet sehr oft mitlaufen, mit sehr fitten Spielern. Das heißt, Sie müssen auch selbst fit sein. Trainieren Sie oft?

Telek: Die Herausforderung auf der Linie ist vor allem die Geschwindigkeit. Ich trainiere eigentlich sechs Tage die Woche, das heißt ein Ruhetag. Wobei an diesen sechs Tagen dann meist ein Match dabei ist, bleiben also zum Training oft nur fünf Tage. Ich konzentriere mich auf Schnelligkeitstraining, Krafttraining und Intervalltraining.

Ich persönlich habe die letzten Jahre sehr stark den Fokus auf Schnelligkeitstraining gelegt, weil mein Ziel die Männerbundesliga ist. Außerdem möchte ich auch international mehr erreichen und da muss man bei Schnelligkeit aufzeigen.

noe.ORF.at: Sie pfeifen in der Regionalliga der Männer und in der Frauen-Bundesliga. Es kommt also zum direkten Kontakt mit den Spielern und Spielerinnen. Werden Sie oft angepöbelt?

Telek: Das kommt ganz auf das Spiel und den Charakter des Spielers an. Ich versuche mich grundsätzlich zurückzuhalten und auf Augenhöhe zu sein, aber schon die Grenzen aufzeigen, wenn es mir persönlich einfach zu viel wird.

Ganz persönlich Sara Telek
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Die Ausbildung zur Schiedsrichterin begann Telek vor mittlerweile 13 Jahren

noe.ORF.at: Schauen Sie zuhause auf der Couch noch Fußballspiele an?

Telek: Es ist weniger geworden, weil ich selbst mit Spielen und Vorbereitungen so eingedeckt bin. Wenn, dann nur ausgewählte Spiele, auf die ich mich dann wirklich freue.

noe.ORF.at: Macht Ihnen das noch Spaß? Oder kommentieren Sie das Spiel als Schiedsrichterin mit?

Telek: Ja, man sieht das dann schon sehr aus der Schiedsrichtersicht. Man kann es schon genießen, aber es ist auf jeden Fall trockener geworden, diese Euphorie ist nicht mehr vorhanden.

noe.ORF.at: Sie haben im Wiener Sportklub begonnen Fußball zu spielen, aber dann ganz das Fach gewechselt. Wie sind Sie zur Aufgabe als Schiedsrichterin gekommen?

Telek: Das war zufällig, würde ich sagen. Ich habe damals Fußball gespielt und wollte meine Fußballkenntnisse verbessern. Ich dachte, es wäre vielleicht interessant, die Schiedsrichterausbildung zu machen, um da ein bisschen tiefer in die Materie einzutauchen, das war der Grund.

noe.ORF.at: Das Schiedsrichterdasein ist in Österreich ein Hobby, haben Sie einmal in einem Interview gesagt. Haben Sie einen Nebenjob?

Telek: Ja, ich habe einen Nebenjob – also einen Hauptjob (lacht), Schiedsrichterin bin ich eigentlich nebenbei. Wobei es sich schön langsam dreht, weil es doch sehr intensiv ist. Je höher man raufkommt, desto intensiver wird der Aufwand. Ich merke, dass ich viele Opfer bringe und in der Freizeit oder privat sehr zurückgesteckt habe. Aber ich bin froh, weil es sich in meinen Augen im Nachhinein ausgezahlt hat. Ich werde sicher noch einige Jahre so verbringen: mit voller Konzentration auf die Schiedsrichterei und mein Hauptjob quasi so nebenbei.

Schiedsrichterin Sara Telek erklärt einem Spieler ihre Entscheidung
Privat
Auch bei Spielen der Herren hört alles auf das Kommando von Sara Telek

noe.ORF.at: Sie waren oft Vorreiterin beim Fußball. Ist Ihnen das wichtig, in diesem Männerbereich einen Pflock einzuschlagen?

Telek: Es ist eine schöne Sache, dass es gleichzeitig auch diese Rolle sein darf. Schön und auch ein bisschen traurig, weil wir ja schon 2021 haben und es noch immer eine Vorreiterrolle geben muss. Aber es ist wichtig, und ich hoffe, damit auch was zu bewirken.

noe.ORF.at: Gibt es irgendein Spiel, das Sie unbedingt noch pfeifen möchten? Oder wo Sie als Schiedsrichterassistentin dabei sein möchten?

Telek: Das nächste große Ziel, worauf ich hinarbeite, ist die Europameisterschaft der Frauen 2022 in England. Wenn ich weiter meine Leistungen beweise, dann gibt es auf jeden Fall die Chance, dass ich in Betracht gezogen werden könnte. Eine Nominierung wäre für mich DIE nächste große Sache. Und wenn das erreicht ist, dann kann man ja weiterschauen.