Teilnehmerinnen einer Reha nach einer Corona-Erkrankung, drei Frauen auf Gymnastikbällen
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Coronavirus

Long Covid als Belastung für Rehazentren

Die Behandlung von Long Covid – also Symptomen, die lange nach der eigentlichen CoV-Erkrankung auftreten – wird ein immer drängenderes Thema. Ein Reha-Aufenthalt kann helfen, dauert aber. Darüber ist mittlerweile auch ein politischer Konflikt entbrannt.

Ein regelmäßiges Wirbelsäulentraining war für Brigitte Habringer essentiell, hatte sie doch nach mehreren Bandscheibenvorfällen in ihrer Halswirbelsäule massive gesundheitliche Probleme. Doch dann infizierte sie sich im November 2020 mit dem Coronavirus. Geblieben sind ihr die Langzeitfolgen, die sie im Reha-Zentrum Moorheilbad Harbach (Bezirk Gmünd) bekämpfen will.

Long Covid zeigt sich bei ihr in einer großen Kraftlosigkeit: „Am Anfang war ein Stockwerk die Treppen raufzugehen wie eine Bergbesteigung. Ich war durchgeschwitzt und zittrig.“ Schritt für Schritt komme sie nun zurück – doch der Heilungsprozess dauert mittlerweile schon ein halbes Jahr. „Ich bin so froh, dass ich hier in Harbach Muskelaufbau machen kann. Dadurch wird die Wirbelsäule wieder entlastet. Ohne Unterstützung schafft man das alleine nicht so schnell“, erzählt die oberösterreichische Reha-Patientin.

Normale Behandlungen nicht möglich

Ähnlich ging es auch Berta Ritter aus Wildungsmauer (Bezirk Bruck an der Leitha). Kurz nach ihrer Hüft-OP wurde noch im Spital Covid diagnostiziert. Sie war frisch operiert wochenlang bettlägrig, was für ihre Genesung nicht förderlich war. „Meine Muskulatur hat sich derartig verkrampft, dass ich mich nur mit dem Rollator bewegen konnte. Ich bin am Rollator gesessen und hab mich geschoben, und zwar rückwärts“, erklärt Ritter.

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Der Weg zurück in ein beschwerdefreies Leben kann lang sein

Reha bei Long Covid dauert länger

Beide Frauen bekommen nun wie andere Reha-Patientinnen und -Patienten auch auf sie abgestimmte Behandlungen für ihre orthopädischen Probleme. Doch anders als sonst ist bei Long Covid ein normales Reha-Tempo nicht möglich. „Beim Ausdauertraining auf dem Ergometer, bei der Wassergymnastik, beim Krafttraining oder in der Einzeltherapie müssen wir mehr Pausen einbauen“, erklärt die Physiotherapeutin Michele Kuttner. „Man kann die Übungen etwas zurückschrauben, einfacher gestalten, weil die Belastungsfähigkeit durch die Erkrankung herabgesetzt ist.“

Auch geistig und seelisch haben viele zu kämpfen, etwa mit Konzentrationsstörungen. Auch Frust und Ärger über die monatelange Erschöpfung machen zu schaffen. „Da geht es neben der körperlichen Betreuung darum, zu verinnerlichen, dass man im Moment nicht so leistungsfähig ist. Auch ein Planen der nächsten Schritte ist wichtig. Man ist es ja nicht mehr gewohnt, so zu leben wie zuvor, das setzt viele unter Stress“, sagt die Psychologin Janina Wagner-Jakisic.

Politische Kontroverse um zusätzliche Zentren

Binnen kurzer Zeit ist das Long-Covid-Syndrom zu einem Massenproblem geworden. Zehn bis 20 Prozent der Covid-19-Erkrankten dürften langfristig davon betroffen sein, das betrifft alleine in Niederösterreich zehntausende Menschen. Wenn es nach den Gesundheitslandesräten der Bundesländer geht, braucht es daher eigene Long-Covid-Zentren, um den plötzlich gestiegenen Bedarf an Rehaplätzen decken zu können. Der Dachverband der Sozialversicherungsträger hatte diese Forderung jedoch zurückgewiesen, es gebe ausreichend Plätze in bestehenden Einrichtungen. Kritik daran kam am Mittwoch wiederum von Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) – mehr dazu in Landesrätin kritisiert Sozialversicherung (noe.ORF.at; 2.6.2021).

Gespräch mit Johannes Püspök, Ärztlicher Leiter Moorheilbad Harbach

Johannes Püspök, Ärztlicher Leiter des Moorheilbad Harbachs, hält zusätzliche Zentren nicht für notwendig. „Als Arzt kann ich sagen, dass ich im Moment die Möglichkeiten durchaus als ausreichend ansehe“, sagte er am Freitag im „NÖ heute“-Interview. Covid bzw. Long Covid könne sich als Querschnittmaterie auf unterschiedliche Bereiche des Körpers auswirken, diese seien aber alle bereits vom bestehenden Angebot abgedeckt.

Auch die Auslastungsgrenze sei noch nicht erreicht, so Püspök – zumindest in Harbach: „Wir können alle Patienten, die uns brauchen, auch aufnehmen. Soweit ich das aus unseren Partnerbetrieben kenne, ist das auch nicht anders.“ Er fordere alle Menschen, die aufgrund von Long Covid oder aus anderen Gründen Beschwerden hätten und sich betreuen lassen wollten, auf, sich in Rehabilitation zu begeben.