Seine Zeichnungen bestachen nicht nur optisch, sondern vor allem durch ihren tiefgehenden, gesellschaftskritischen Biss: Mit Manfred Deix starb am 25. Juni 2016 einer der wohl prominentesten politischen Zeichner der letzten Jahrzehnte. Zeit seines Lebens sorgte er mit seinen Bildern für Lacher, Aufregung und mitunter Stirnrunzeln.
Geboren wurde Manfred Deix am 22. Februar 1949 in St. Pölten. Bereits als Kind zeichnete er gerne und viel, was sich alsbald in einer früh eingeschlagenen Karriere manifestieren sollte. So konnte er sich bereits als Elfjähriger über einen wöchentlichen Comic-Strip in der „Niederösterreichischen Kirchenzeitung“ freuen. Die fachliche Kompetenz erwarb er sich ab 1965 an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, wo er etwa auf den späteren Roncalli-Gründer Bernhard Paul sowie die Maler Josef Bramer und Gottfried Helnwein traf. 1968 inskribierte er an der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz.
Seine Leidenschaften: Katzen und die Beach Boys
Erste Veröffentlichungen seiner markanten Zeichnungen gab es ab 1972 in Magazinen wie „profil“, „trend“, später auch im „stern“, „Spiegel“, „pardon“ und anderen. Seine gezeichneten und gemalten Zeitkommentare und Titelblätter machten ihn beim breiten Publikum populär, seine Verspätungen bei Abgabeterminen bei den Herausgebern berüchtigt. Vor allem aber galt es ihm, die Untiefen der österreichischen Seele in all ihren Facetten auszuloten, was nicht zuletzt dazu führte, dass die von ihm dargestellten Typen als „Deix-Figuren“ geradezu sprichwörtliche Bedeutung gewannen und sogar in den Duden aufgenommen wurden.
Sein erster Sammelband unter dem schlichten Titel „Cartoons“ erschien 1980 in Buchform – es sollten zahlreiche weitere folgen, darunter „Der dicke Deix“, „Der goldene Deix“ „Dichter Deix“, „Der heilige Deix“ und „Für immer Deix!“. Dabei stets vorhanden: die Signatur mit einer Königskrone anstelle eines i-Punktes. Und für seine Leser ebenso schnell ersichtlich wurde seine Leidenschaft für Katzen oder die Verehrung der US-Band Beach Boys, was beides immer wieder zeichnerischen Ausdruck fand. Bei einer Reise in die USA Mitte der 1980er-Jahre traf Deix schließlich nicht nur seine musikalischen Helden, sondern heiratete auch seine langjährige Lebensgefährtin Marietta.
Deix: „Satire darf alles und muss alles“
Wie weit seine Interessen reichten, belegten auch Entwürfe für diverse Bühnenausstattungen oder Kostüme – darunter Produktionen wie „Arturo Ui“ am Burgtheater und „Kehraus um St. Stephan“ an der Wiener Staatsoper. Und um ein direktes Wort war Deix nie verlegen. „Man hat mir oft Geschmacklosigkeit und Brutalhumor vorgeworfen. Wer denn, wenn nicht Satiriker, soll die Dinge beim Namen nennen“, hatte er in einem seiner vielen Interviews festgehalten.
Auch nach den Anschlägen auf das Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ im Jänner 2015 positionierte der bis zu seinem Tod in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) lebende Künstler sich deutlich: „Diese Terroristen glauben, sie können ein Loch in die Community reißen, aber das wird ihnen nicht gelingen.“ Denn letztlich sei die Aufgabe von Satire klar: „Sie darf alles und muss alles, was mit der Moral des Zeichners zusammengeht. Man darf den eigenen Mut aber nicht überlisten und nicht brandgefährlich werden.“
Peichl: „Deix ist nicht einzuordnen“
Ein Zuhause fanden seine unzähligen Werke schließlich in Krems, wo das Karikaturmuseum seit seiner Eröffnung 2001 eine umfangreiche Dauerausstellung zeigt. Deix war maßgeblich an der Gründung des Museums, dem einzigen Museum für Bildsatire und kritischer Grafik in Österreich, beteiligt. Seine gezeichneten und gemalten Zeitkommentare machten ihn beim breiten Publikum populär. Er verlieh der österreichischen Seele erschreckend genau Ausdruck.
„Manfred Deix ist nicht einzuordnen“, sagte der Architekt und Karikaturist Gustav Peichl anlässlich des Todes seines Freundes. Deix „war in jeder Weise außergewöhnlich, er war gut und liebenswert und konnte gleichzeitig bösartige Zeichnungen machen“, so Peichl, der das Karikaturmuseum entworfen hatte und 2019 verstarb. „Er war stur, fleißig, originell. Er war auch ein großartiger Schreiber, das hat man zu wenig entdeckt. Manfred Deix war einer der Großen, und das wird er bleiben, auch im Tode.“
Helnwein: „Größter satirischer Zeichner“
Gottfried Helnwein, Künstler und jahrzehntelanger Freund und Weggefährte: „Manfred Deix, der größte satirische Zeichner dieses Jahrhunderts ist nicht mehr. Wenn Michelangelo sagte, die größte Kunst sei ‚nichts als ein Schatten der göttlichen Perfektion‘, dann hat Deix mit seiner Kunst den unerbittlichen Gegenbeweis angetreten: Er zeigte uns, dass das Werk des Schöpfers nur so strotzt von Fehlern, Peinlichkeiten und Schnitzern.“
Gott sei Dank, müsste man sagen, so Helnwein, „denn bei einem perfektionistischen Gott hätten wir wenig zu lachen, und es war Deix, der uns zu der bedeutenden philosophischen Erkenntnis verholfen hat, dass die Schöpfung lächerlich und Gott der größte Humorist ist.“
Gusenbauer: „Ein schonungsloser Humor“
„‘Was hätte Manfred Deix dazu gesagt?‘ Diese Frage stellen wir uns im Karikaturmuseum Krems oftmals zu den Entwicklungen der letzten Jahre. Beispielsweise zur US-Präsidentschaft von Donald Trump, zur sogenannten Ibiza-Affäre und nicht zuletzt zur Pandemie“, so Gottfried Gusenbauer, Künstlerischer Leiter des Karikaturmuseums Krems zu noe.ORF.at.
Deix hätte zu all diesen Themen eine auf den Punkt gezeichnete Meinung gehabt. „Sein schonungsloser Humor gepaart mit meisterhaft ausgeführten Cartoons haben grandiose Ausstellungen im Karikaturmuseum Krems ermöglicht. Mit Freude erinnere ich mich an die legendären und zugleich prominent besetzten Eröffnungen. Egal ob Hella von Sinnen oder Mordillo, wenn der Meister rief, kamen sie alle in Österreichs einziges Museum für satirische Kunst.“
„Ich finde es genial“, so Gusenbauer weiter, „dass heuer der erste österreichische abendfüllende Animationsfilm ‚Rotzbub‘ das Leben von Manfred Deix auf witzige Weise zeitgemäß und neu erzählt. Damit wirken er und seine Arbeit in die nächsten Generationen fort. Manfred Deix hätte das ‚voll getaugt‘“, ist der Direktor überzeugt.
Das Karikaturmuseum wird 20 und feiert
Am Samstag lädt das Karikaturmuseum Krems anlässlich seines 20. Geburtstages zu einem Jubiläumstag, bei dem es ab 10.00 Uhr freien Eintritt zu vier Ausstellungen und dem Deix-Archiv gibt, die Einblicke in den Facettenreichtum des einzigen Museums Österreichs für satirische Kunst geben. Zu sehen sind u. a. Highlights aus den Landessammlungen Niederösterreich, Kuriositäten des Sammlerpaares Grill, Zeichnungen von Janosch und Karikaturen von Gerhard Haderer.
Am Sonntag folgt dann ab 10.30 Uhr eine Veranstaltung der Reihe „Kunst, Kaffee & Kipferl“: Durch die Ausstellung „Volltreffer! Satirische Meisterwerke aus der Sammlung Grill“ führt das Sammlerpaar Meisi und Helmut Grill.