Gericht

Freispruch im Zweifel nach Stimmzettel-Causa

Mit einem Freispruch im Zweifel vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs hat am Mittwoch in Wiener Neustadt der Prozess in der Stimmzettel-Causa bei der Gemeinderatswahl 2020 in Ebreichsdorf (Bezirk Baden) geendet. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Causa begann nur einen Tag nach dem Wahlsonntag. Auf einer Herren-Toilette des Rathauses will die 49-jährige Angeklagte, die als Beisitzerin fungierte und selbst als Kandidatin zur Wahl antrat, 14 amtliche, ausgefüllte Stimmzettel gefunden haben. Nachdem Sachverhaltsdarstellungen der Gemeindewahlbehörde und einer Bürgerliste eingebracht worden waren, wurde die Justiz tätig.

Zunächst wurde dem Anfangsverdacht der Fälschung bei einer Wahl oder Volksabstimmung nachgegangen. Doch nur wenig später geriet die 49-Jährige selbst ins Visier der Anklagebehörde. Denn ein weiterer Kandidat der Bürgerliste gab an, dass seine abgegebene Vorzugsstimme nicht in den Wahlergebnislisten aufscheint. Zudem habe er einen der 14 im Mistkübel gefundenen Stimmzettel als seinen eigenen erkannt.

Viele Hinweise, aber kein Beweis

Vor Gericht stand die Frau schließlich wegen Amtsmissbrauchs. Der 49-jährigen wurde vorgeworfen, die Stimmzettel zu ihren Gunsten ausgetauscht zu haben. Laut Richter gibt es zwar viele Hinweise, die diese Version nahelegen, schlussendlich konnte man ihr aber nichts eindeutig nachweisen. Deshalb wurde die Frau, die selbst mehrmals ihre Unschuld beteuerte, im Zweifel freigesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Politisch hatte der Fall jedenfalls Auswirkungen. Denn weil die Landeshauptwahlbehörde „Unregelmäßigkeiten beim Zustandekommen des Wahlergebnisses“ ortete, musste in einem Sprengel die Wahl wiederholt werden. Diese brachte am 7. Juni 2020 eine nicht unerhebliche Änderung des Gesamtergebnisses. Die SPÖ erreichte unter Einbeziehung der Stimmen des Sprengels 46,95 Prozent und fuhr mit 17 Abgeordnetensitzen die absolute Mehrheit an Mandaten ein. Beim ursprünglichen Urnengang Ende Jänner hatten die Sozialdemokraten 16 Sitze erreicht.