LUSTENAU,AUSTRIA,31.JUL.20 – SOCCER – HPYBET 2. Liga, SC Austria Lustenau vs SKU Amstetten. Image shows head coach Jochen Fallmann (Amstetten). Photo: GEPA pictures/ Oliver Lerch
GEPA pictures/ Oliver Lerch
GEPA pictures/ Oliver Lerch
SPORT

Fallmann: „Team kann Italien überraschen“

Am Samstag trifft Österreichs Fußball-Nationalteam im Achtelfinale der Europameisterschaft auf Titelanwärter Italien und hofft auf eine Sensation. Jochen Fallmann, seit Kurzem wieder Trainer bei Zweitligist Amstetten, hält eine Überraschung durchaus für möglich.

Fallmann ist seit Jahrzehnten eng mit dem heimischen Fußball verbunden. Der 42-Jährige durchlief als Aktiver nicht nur einige Nachwuchs-Nationalteams bis zur U21, sondern absolvierte danach unter anderem für den SKN St. Pölten, die Admira, den LASK oder auch Braunau über 300 Spiele in Österreichs zweithöchster Spielklasse.

Als Trainer begleitete er zunächst seinen Stammklub St. Pölten, bevor es ihn nach Amstetten zog. Nach einer Saison bei der Wiener Austria als Co-Trainer von Peter Stöger ist Fallmann jetzt zurück im Mostviertel und steckt mit Amstetten derzeit mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison. Für noe.ORF.at beantwortet er fünf Fragen zum Achtelfinal-Schlager gegen Italien.

Sendungshinweis

Jochen Fallmann begleitet das Spiel der österreichischen Nationalmannschaft gegen Italien am 26.6.2021 ab 20.00 Uhr auf Radio Niederösterreich gemeinsam mit Moderator Andreas Hausmann und ORF-NÖ-Sportreporter Klaus Fischer.

noe.ORF.at: Österreich hat sich das Ziel „K.o.-Phase“ mit einer ansprechenden Vorrunde verdient erarbeitet und kann zum ersten Mal in einem EM-Achtelfinale antreten. Was trauen Sie dem Team gegen Italien zu?

Jochen Fallmann: Nach der Vorrunde, in der die Leistungen vor allem im letzten Spiel gegen die Ukraine sehr gut waren und wir unnötig lange zittern mussten, sind die Jungs sicher mit Selbstvertrauen vollgepumpt. Ein K.o.-Spiel ist so ähnlich wie ein Cup-Match und Österreich hat die Chance, Italien mehr als nur zu ärgern. Wenn 100 Prozent Leistungsfähigkeit auf den Platz kommt, ist durchaus eine Überraschung möglich.

noe.ORF.at: Die Italiener werden mit einer noch makellosen Bilanz von drei Siegen ohne Gegentor zu den Top-Favoriten auf den EM-Titel gezählt. Sehen Sie überhaupt Schwachstellen, die Österreich bearbeiten könnte?

Fallmann: Ja, das denke ich schon. Wenn man genau hinsieht, ergeben sich auch gegen Italien Möglichkeiten. Vor allem wenn sie in der Vorwärtsbewegung den Ball verlieren, entstehen sehr gute Konterchancen mit Räumen, die wir dann mit schnellen Lösungen auch nutzen müssen. Wenn wir das Momentum auf unsere Seite ziehen und vielleicht sogar in Führung gehen, stellen wir sie vor eine neue Spielsituation, mit der wir sie in Bedrängnis bringen können. Voraussetzung ist, dass das Umschaltspiel funktioniert und Torchancen eiskalt genützt werden.

LUSTENAU,AUSTRIA,31.JUL.20 – SOCCER – HPYBET 2. Liga, SC Austria Lustenau vs SKU Amstetten. Image shows head coach Jochen Fallmann, Matthias Wurm, Can Kurt (Amstetten) and Michael Lageder (A.Lustenau). Photo: GEPA pictures/ Oliver Lerch
GEPA pictures/ Oliver Lerch
Nach dem Ausflug zur Wiener Austria als Co-Trainer von Peter Stöger steht Jochen Fallmann wieder in Amstetten an der Seitenlinie und soll die Mostviertler nach einem personellen Umbruch in eine stabile Zweitliga-Saison führen

noe.ORF.at: Aus niederösterreichischer Sicht haben sich bisher Torhüter Daniel Bachmann und zuletzt gegen die Ukraine vor allem auch Christoph Baumgartner und Florian Grillitsch in den Fokus gespielt. Wer hat aus Ihrer Sicht das Potenzial, auch gegen Italien Akzente zu setzen?

Fallmann: Da werden alle gefordert sein. Wenn Bachmann seinen Kasten sauber hält und die eine oder andere brenzlige Situation entschärft, ist er genauso ein wichtiger Erfolgsfaktor wie Grillitsch. Er hat gegen die Ukraine einen Einsatz gefordert und danach auch bewiesen, dass seine Ballsicherheit und strategische Spielweise zu schnellen Angriffen beitragen kann. Aber: trotz unserer individuellen Qualität, die wir sicher im Team haben, müssen wir gegen Italien vor allem als Mannschaft funktionieren, um die Überraschung zu schaffen.

noe.ORF.at: Italien war bei Europameisterschaften seit 2008 zumindest immer im Viertelfinale und verfügt auch über viele arrivierte Spieler, wie Abwehrchef Giorgio Chiellini, für den es bereits die vierte EM-Endrunde ist. Welche Rolle spielt die Erfahrung ab der K.o.-Phase?

Fallmann: Es ist sicher der falsche Ansatz, wenn man der Meinung ist, dass Erfahrung nichts zählt. Es hat sich in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass Mannschaften, die bei Großereignissen Stammgast sind, sich in gewissen Situationen nicht so schnell überraschen lassen und abgeklärter auftreten. Italien hat hier sicher einen Vorteil, aber oft war es auch schon so, dass die starken Nationen der Vorrunde in den K.o.-Spielen Probleme bekommen und schwache Vorrundenergebnisse auf der anderen Seite zum EM-Titel führen können. Dänemark ist 1992 erst kurz vor der EM zusammengewürfelt worden und so Europameister geworden. Also ist auch für uns trotz der fehlenden Erfahrung alles möglich. Wir müssen aber auch an die Überraschung glauben.

noe.ORF.at: Ausgetragen wird die Partie aufgrund der britischen Reisebeschränkungen fast ohne österreichische Fans. Auch wenn die Unterstützung auf den Rängen fehlt – wie sehr kann ein Fußball-Tempel wie das Wembley Stadion Österreichs Mannschaft mitreißen?

Fallmann: Bei einer Europameisterschaft in so einem historisch bedeutsamen Stadion spielen zu dürfen, ist immer etwas Besonderes. Es ist aber Schade, dass die Mannschaft ausgerechnet in diesem Spiel nicht von den Fans gebührend unterstützt werden kann. Bei den Ungarn hat man in der Gruppenphase gesehen, welche Kräfte ein volles Stadion freisetzen kann. Auch deshalb hoffe ich auf den Aufstieg, damit noch ein weiteres K.o.-Spiel dazukommt, das auch auf den Rängen mit österreichischer Beteiligung stattfinden kann. Das wünsche ich mir für die Fans und auch für die Mannschaft.