Tornadoschäden in Tschechien
AP/CTK/Vaclav Salek
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Umwelt & Klima

Experten: Wetterextreme werden häufiger

Extreme Wettereignisse wie der Tornado in Tschechien dürften wohl weiterhin eher selten bleiben. Die höheren Temperaturen – bedingt durch den Klimawandel – bieten laut Experten aber grundsätzlich den Nährboden für immer heftigere Wetterphänomene.

Tornados sind Wirbelstürme, die bei großen Temperaturunterschieden entstehen. Aufgrund ihres zum Teil sekundenschnellen Entstehens können sie oft nicht vorausgesagt werden. Ein Tornado bildet sich nur unter bestimmten Konstellationen. Wichtige „Zutaten“ sind: große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in verschiedenen Höhen. In diesem Gefüge entsteht eine rotierende Bewegung in der eigentlichen Wolke, die nach unten herauswächst und als „Rüssel“ sichtbar wird.

Letzter starker Tornado 1916 bei Wr. Neustadt

Der bisher folgenschwerste Wirbelsturm in Österreich wurde am 10. Juli 1916 registriert: Mit Spitzengeschwindigkeiten von 300 km/h fegte damals ein Tornado von Bad Fischau (Bezirk Wr. Neustadt) durch Wiener Neustadt bis nach Lichtenwörth (Bezirk Wr. Neustadt). Der ein Kilometer breite und drei bis fünf Kilometer hohe Windschlauch legte eine 20 Kilometer lange Zugbahn zurück und wurde auf der fünfteiligen Fujita-Skala als Tornado der Klasse vier (F4), wie die European Severe Weather Database (ESWD) zuletzt aufwies, eingestuft. Mehr als 30 Menschen starben, über 300 wurden verletzt.

Schematische Darstellung Gewitterwolke und Tornado
APA
Wichtige „Zutaten“ für die Entstehung eines Tornados sind: große Wolken, Gewitter und unterschiedliche Windrichtungen in verschiedenen Höhen.

Wirbelstürme dieser Kategorie mit Windgeschwindigkeiten von 300 km/h wurden noch drei weitere Male in Österreich registriert: Am 11. August 1994 zog ein F3-Tornado in St. Michael (Bezirk Güssing) im Burgenland eine zwei Kilometer lange Spur der Verwüstung. In den Abendstunden verfinsterte sich der ganze Ort, ein Dach wurde vom Sturm mitgetragen und ein Gebäude gänzlich zerstört. In der Steiermark sorgten 1998 gleich zwei F3-Tornados in Weinburg am Saßbach (Bezirk Radkersburg) am 7. Juli sowie in Vornholz (Bezirk Hartberg) am 27. Juli für entwurzelte Bäume, zerstörte Wälder, Stromausfälle und eingedrückte Mauern.

Am häufigsten waren in den vergangenen Jahren Tornados der Stufen F1 (180 km/h) und F2 (250 km/h). Gehäuft treten die Wirbelstürme vor allem im Alpenvorland sowie in den südöstlichen Beckenlagen auf, wo feuchte, heiße Luft auf kalte Fronten trifft. F4- und F5-Tornados mit Geschwindigkeiten von 400 bzw. 500 km/h wurden in Österreich noch nie gemessen. In Wien wurde der letzte Tornado am 13. Mai 2003 beobachtet: Im Bereich der Alten Donau wurden dabei 30 Bäume entwurzelt.

Meteorologin Christa Kummer zu den Wetterextremen

ORF-Meteorologin Christa Kummer erklärt im Interview, warum Wetterextreme zunehmen.

Unwetter werden häufiger

Auch wenn Tornados in unseren Breiten also ein relativ seltenes Phänomen darstellen, sind sich Wetter- und Klimaexpertinnen und -experten weitgehend einig, dass Wetterextreme wie etwa Unwetter mit Hagel und Starkregen durch den Klimawandel zunehmen werden.

Georg Pistotnik, Klimaforscher der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und nach Eigenaussage „leidenschaftlicher Gewitterforscher“, war am Donnerstagabend im Weinviertel unterwegs. „Den Tornado selbst habe ich nicht gesehen, aber heftigste Gewitter.“ In dem Ausmaß dürfte er so eine Wetterlage noch nicht erlebt haben. Völlig überraschend seien die Unwetter für die Experten aber nicht gewesen: „Wenn man die Wetterkarten gesehen hat, musste man denken, man glaubt es fast nicht. Man musste sich fast die Augen reiben.“

„Mehr Energie in der Luft“

Für die kommenden Tage muss man sich wenig Sorgen machen, dass weitere Wetterereignisse in dieser Dimension auf Österreich zukommen, so Pistotnik. Insgesamt werde der Klimawandel nach der Überzeugung des ZAMG-Forschers aber mehr Gewitter bringen. „Da können wir sicher sein“, betonte Pistotnik. Durch wärmere Temperaturen sei mehr Energie in der Luft.

Keine Aussagen könne man aber zu Tornados treffen. „Tornados sind Unfälle der Atmosphäre“, erläuterte der Klimaforscher. Die Schwankungen zu deren Auftreten seien so stark, dass man keine Voraussagen treffen kann.

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Unwetterschäden in Schrattenberg
APA/Feuerwehr
Der Hagel richtete in Schrattenberg vor einem Jahr große Schäden an
Schrattenberg nach dem Hagelunwetter
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Hagelkörner beim Unwetter in Schrattenberg
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Beschädigtes Auto in Schrattenberg
ORF/Gernot Rohrhofer
Beschädigtes Auto in Schrattenberg
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Feuerwehreinsatz in Schrattenberg
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Statistik zeigt: Hagelkörner werden größer

„Wenn sich die Lufthülle der Erde erwärmt, entsteht mehr Energie“, erklärte auch Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur in einer Pressekonferenz am Freitag. Zudem könne die wärmere Luft mehr Wasserdampf aufnehmen. „Wenn sich das entlädt – mehr Energie und mehr Wasser -“ seien heftigere Regenfälle, Unwetter und Hagel sowie eventuell sogar Tornados die Folge.

Ob Tornados in Zukunft häufiger werden, sei wissenschaftlich nicht ganz klar, so Kromp-Kolb. Das hänge u.a. mit der Datenlage und der Kleinräumigkeit dieser Ereignisse zusammen: Wenn sie Siedlungsgebiete betreffen, können sie – wie in der Nacht auf Freitag in Tschechien – katastrophale Auswirkungen haben, über unbesiedeltem Gebiet werden sie manchmal gar nicht registriert. Sicher sei aber, dass die Heftigkeit der Tornados auch bei uns zunehmen werde.

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Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn
Mehr als 800 Feuerwehrmitglieder aus über 50 Feuerwehren waren alleine im Bezirk Hollabrunn im Einsatz
Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn
Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn
Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn
Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn
Feuerwehreinsätze im Bezirk Hollabrunn
Bezirksfeuerwehrkommando Hollabrunn

Beim Hagel müsse man davon ausgehen, dass sowohl die Ereignisse häufiger als auch die Körner größer werden, das zeige die Statistik bereits jetzt deutlich, so die Expertin.