WIENER POLIZIST IN WAIDMANNSFELD ÜBERFAHREN – MORDPROZESS IN WIENER NEUSTADT
APA/CHRISTOPHER ECKL
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Chronik

Polizist überfahren: 21 Monate Haft für Ehefrau

In Wr. Neustadt ist am Dienstag eine 57-Jährige wegen grob fahrlässiger Tötung zu 21 Monaten Haft verurteilt worden. Sie soll ihren bei der Polizei tätigen Ehemann 2019 auf einem Campingplatz in Waidmannsfeld (Bezirk Wr. Neustadt) überfahren haben.

Am Dienstagabend wurde die Frau am Landesgericht Wiener Neustadt nicht rechtskräftig zu 21 Monaten Haft, davon 14 Monate bedingt, verurteilt. Zu Beginn des Mordprozesses hatte sich die Frau nicht schuldig bekannt. Sie hätte die Kollision mit dem Mann nicht bemerkt.

Am Abend des 13. August 2019 war der 54-jährige Polizist leblos auf dem Freizeitareal in Neusiedl bei Pernitz in der Gemeinde Waidmannsfeld entdeckt worden. Der Campingplatz tauchte in der Anklage immer wieder als zentraler Punkt in der 13 Jahre andauernden Beziehung des Paares auf. Das Duo hatte dort einen Stellplatz gemietet, wo es sich gerne aufhielt.

Streit vor Campingplatzparzelle

Zum Zeitpunkt des Vorfalls waren die beiden seit einem Jahr verheiratet. Gepflegt haben sollen sie zueinander einen ruppigen Umgang. Immer wieder sei es – auch begünstigt durch reichlich Alkoholkonsum – zu Streit gekommen. Vor allem der 54-Jährige soll manchmal etwas zu tief ins Glas geschaut haben. „Er war normal ein ganz ruhiger und lieber Mann. Aber er (der Alkohol, Anm.) hat ihm halt geschmeckt“, sagte die von Mathias Burger vertretene Beschuldigte bei ihrer Einvernahme. „Und da war er dann unausstehlich.“ Öfters besucht wurde ein Gasthaus am Campingareal, in dem die Angeklagte gelegentlich jobbte.

Alkohol konsumiert wurde von den Eheleuten auch dort. Der 13. August 2019 stellte in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Was folgte, war ein Streit, der sich vom mobilen Heim vor die Campingplatzparzelle verlagerte. Laut einer Zeugin schrie die 57-Jährige dort: „Ich kann dich nicht mehr sehen, ich bring dich um!“ Das bestritt die Wienerin am Dienstag unter Tränen vehement: „Nein, das stimmt ganz sicher nicht.“ Vielmehr habe sie mit ihrem Mann „Zukunftspläne geschmiedet“, vom gemeinsamen Altern am Land geträumt.

Polizist überfahren: Mordprozess gestartet

In Wr. Neustadt hat am Dienstag der Prozess um die Geschehnisse auf einem Campingplatz in Waidmannsfeld von 2019 begonnen. Eine 57-Jährige soll ihren bei der Polizei tätigen Ehepartner mit einem Auto überfahren und getötet zu haben.

Unter Alkoholeinfluss – ihr wurden 0,86 Promille bescheinigt – stürmte die Wienerin zu ihrem Pkw und setzte sich hinter das Steuer. Beruhigungs- und Schmerzmittel will die Frau im Vorfeld nicht konsumiert haben. Die Medikamente seien ihr erst nach dem Vorfall von einer Betreuerin verabreicht worden.

Angeklagte: „Ich wollte Zigaretten holen“

Infolge einer Vorwärtsfahrt auf einem unbefestigten und schlecht beleuchteten Stück des Areals soll die Beschuldigte am 13. August 2019 den Rückwärtsgang eingelegt und anschließend ihren Mann mit dem Heck des Kfz erfasst haben. „Ich wollte Zigaretten holen“, sagte die Angeklagte. Der 54-Jährige blieb nach einem Sturz liegen. Einige Wendemanöver später soll die Beschuldigte ihren Partner schließlich im Zuge einer Vorwärtsfahrt mit dem Kfz überrollt haben.

Ein Rumpeln habe sie dabei wahrgenommen. „Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass da mein Mann unter dem Auto liegt.“ Sie habe gedacht, „es ist ein Stück Holz oder so“. Der Polizist erlitt ein massives Quetschungstrauma des Brustkorbes und des Bauches, das u.a. mit einer Blutung in der Bauchhöhle einherging. Die Angeklagte verließ den Campingplatz nach dem Vorfall mit dem Auto, kam nach rund zehn Minuten wieder retour. Dort sei sie von einer Bekannten darüber informiert worden, dass mit ihrem Ehemann etwas nicht stimme. „Ich habe zuerst an einen Herzinfarkt gedacht“, gab die Beschuldigte zu Protokoll.

Staatsanwältin: „Ungewöhnliches Mordverfahren“

Von einem „ungewöhnlichen Mordverfahren“ sprach die Staatsanwältin. Die Angeklagte sei schließlich nicht in Untersuchungshaft gesessen. Im Ermittlungsverfahren war lange offengeblieben, ob ein Fahrlässigkeits- oder Vorsatzdelikt im Raum steht.

Nachdem ein auf grob fahrlässige Tötung lautender Strafantrag vom Landesgericht Wiener Neustadt zurückgewiesen worden war und diese Entscheidung vom Oberlandesgericht Wien bestätigt wurde, brachte die Staatsanwaltschaft Mordanklage ein. Die Geschworenen entschieden sich jedoch anders und befanden die Beschuldigte der grob fahrlässigen Tötung schuldig.