Getreideernte mit Mähdrescher bei Witzelsdorf
APA/Harald Schneider
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Wirtschaft

2021: Leichter Rückgang bei Getreideernte

Nach einer guten Getreideernte 2020 erwarten die Bauern heuer eine leicht unterdurchschnittliche Menge. Die Landwirtschaftskammer rechnet in ihrer am Freitag veröffentlichten Ernteprognose mit 2,88 Mio. Tonnen Getreide ein Minus von sieben Prozent gegenüber 2020.

Ursachen für den Rückgang sind eine geringere Anbaufläche, kühle Temperaturen im Frühjahr mit verzögertem Pflanzenwachstum und Trockenheit im Juni. „Ernteschätzungen sind immer ein Blick in die Glaskugel“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Pflanzenproduktion der Landwirtschaftskammer Österreich, Nikolaus Berlakovich, am Freitagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wien. Berlakovich war von 2008 bis 2013 ÖVP-Landwirtschaftsminister ist seit 2018 Präsident der Landwirtschaftskammer Burgenland sowie Abgeordneter zum Nationalrat.

75 Millionen Euro Schäden durch Hagel

Die Bauern würden unter den Wetterextremen und der Klimaverschlechterung leiden, so Landwirtschaftskammer-Österreich-Präsident Josef Moosbrugger. „Das Risikomanagement ist entscheidend.“ Zu gravierenden Schäden hat der Hagel Ende Juni in Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Burgenland und Salzburg geführt. Laut Schätzungen der Österreichischen Hagelversicherung beläuft sich der Schaden auf rund 75 Millionen Euro. Nach jeweils mehreren Hitzetagen kam es zu gewaltigen Starkniederschlägen sowie Hagel und Sturm. 170.000 Hektar Ackerland, Grünland sowie Wein- und Obstflächen wurden teilweise stark beschädigt.

Viele Bauern hatten mit den Folgen der Trockenheit und Hitze zu kämpfen. „Der heurige Juni war der drittheißeste Juni in der gesamten Messgeschichte und in den vergangen vier Wochen gab es hier in Wien Oberlaa keinen verwertbaren Niederschlag“, sagte der Präsident der Landwirtschaftskammer Wien, Franz Windisch. Beim Winterweichweizen rechnet er mit einer sehr frühen Ernte.

Zuckerrüben: Plus 44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr

Die Getreideanbaufläche ohne Mais in Österreich ist heuer im Vergleich zu 2020 um fünf Prozent auf 516.445 Hektar gesunken. Vor allem die Fläche mit Roggen, Wintergerste und Triticale ging deutlich zurück. Im Frühjahr angebaute Kulturen, wie Mais, Sojabohnen, Kürbis und Sommergerste, hätten anfangs unter den kühlen Temperaturen gelitten, mittlerweile setzte ihnen Trockenheit und Hitze zu, berichtete Berlakovich.

Das stärkste Anbauflächen-Plus wurde bei Zuckerrüben verzeichnet, deren Fläche gegenüber 2020 um 44 Prozent auf 37.942 Hektar nach oben schnellte. Die AGRANA hatte mit der Schließung der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf (Bezirk Gänserndorf) gedroht, sollte die Rübenanbaufläche nicht deutlich steigen. Das Landwirtschaftsministerium und die Agrana haben heuer mit einem „Zuckerpakt“ den Rübenbauern unter die Arme griffen. Bei Sojabohnen und Ölkürbis verzeichnet die Landwirtschaftskammer einen Flächenrekord.

Getreideernte mit Mähdrescher bei Ebreichsdorf
APA/Robert Jäger
2,88 Millionen Tonnen Getreide im heurigen Jahr, das ist ein Minus von zwei Prozent gegenüber dem fünfjährigen Schnitt und ein Minus von sieben Prozent gegenüber 2020

Für die Getreidebauern gibt es auch gute Nachrichten von den internationalen Agrarmärkten. „Ich erwarte höhere Preise für die heimischen Bauern bei Weizen, Soja und Raps als im Vorjahr, weil es die Märkte hergeben“, sagte Berlakovich. Kritisch sieht er die Aufkäufe von Agrarrohstoffen durch China, die zu rasanten Preisanstiegen geführt haben. An den Warenbörsen sind die Preise für Soja um 62 Prozent und für Raps um 42 Prozent nach oben geklettert. Der Preis für eine Tonne Weizen an der Warenterminbörse Euronext in Paris ist um rund 16 Prozent höher als vor einem Jahr und liegt aktuell bei 209 Euro. In den vergangenen zehn Jahren ist der Weizenpreis stark geschwankt und pendelte zwischen 140 und 280 Euro.

AMA-Gütesiegel für Getreide wird gefordert

Einen neuen Anlauf gibt es auch beim geplanten AMA-Gütesiegel für Getreide. „Ich bin zuversichtlich, dass wir im Laufe des Jahres zu einer Lösung kommen“, sagte Moosbrugger. Es gebe Interesse vom Handel. Zentral sei aber auch, dass der Getreidebauer „einen Nutzen“ habe und nicht nur Agrarmarketingbeiträge zahle, so der Bauernvertreter.

Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist derzeit ein großes Thema für die heimischen Landwirte. Der Landwirtschaftskammer-Chef Moosbrugger begrüßte den „Kompromiss“ bei den Verhandlungen über die künftige EU-Agrarpolitik. „Doch für die Bäuerinnen und Bauern werden die kommenden Jahre eine riesige Herausforderung, da bei gleichbleibendem Budget die gesetzlichen Auflagen für alle 27 EU-Staaten massiv angehoben worden sind“, so Moosbrugger. Außerdem setze Österreich „schon heute eine breite Palette an freiwilligen Maßnahmen in den Bereichen Umwelt, Klima und Tierwohl“.