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Kultur

Reichenau: Abschied der Festspielgründer

Nachdem Burgschauspielerin Maria Happel am Donnerstag als neue künstlerische Leiterin der Festspiele Reichenau präsentiert wurde, haben sich die Festspielgründer in einem offenen Brief verabschiedet. Eine Einigung bei den Ablösegesprächen gebe es bislang nicht.

Die deutsche Schauspielerin und Romy-Preisträgerin Maria Happel ist die neue künstlerische Leiterin der Festspiele Reichenau. Nach turbulenten Wochen wurde am Donnerstag bei einer Pressekonferenz verkündet, dass das Land und die Gemeinde Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) die Festspiele mit einer neuen Gesellschaft, der „Theater Reichenau Betriebs GesmbH“, übernehmen – mehr dazu in Maria Happel neue Leiterin in Reichenau (noe.ORF.at; 1.7.2021).

Beim Pressetermin am Donnerstag wurde von allen Seiten den Festspielgründern, Renate und Peter Loidolt, in hohen Tönen gedankt, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprach von einem „Lebenswerk“. Peter und Renate Loidolt, das Intendantenehepaar, das Anfang Mai seinen Rückzug bekannt gab, verabschiedete sich am Freitag in Form eines offenen Briefs und reagierte auf die Bestellung Maria Happels zur neuen Leiterin des Theaterstandortes.

„Happel so recht wie manch andere auch“

„Mir ist Maria Happel so recht wie manche andere auch“, erklärte Renate Loidolt in einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA). Es werde sich wohl einiges verändern, doch habe Happel viele Jahre hindurch in Reichenau mitgewirkt. Ihre Erfahrung stehe „außer Frage“. Allerdings gehe nun eine „Ära zu Ende, die von privatem Unternehmertum im Theaterbereich gekennzeichnet war.“ Insofern bezeichnet sich das Ehepaar Loidolt als „letzte Theaterprinzipale“. Ab Jahresende übernimmt die Niederösterreichische Kulturwirtschaft (NÖKU) gemeinsam mit der Gemeinde den Theaterbetrieb.

Das Intendantenehepaar Peter und Renate Loidolt am 2012
APA/GEORG HOCHMUTH
Peter und Renate Loidolt bei einer ihrer legendären Programmpräsentationen im Cafe Landtmann in Wien (2019)

Die Festspiele seien in der Lage gewesen, „weitgehend aus eigenen Mitteln (Kartenerlösen) die attraktiven Künstler-Besetzungen zu garantieren“, so Loidolt: „Die Beiträge der Öffentlichen Hand halfen bei den laufenden Investitionen und Erweiterungen in die Spielstätten, für den teuren Spielbetrieb waren öffentliche Subventionen nur ein ,Pflicht-Beitrag’ von 15 bis 17 Prozent des Jahresbudgets. Über Jahre durften die Tourismusbetriebe der Region mit über 40.000 Besuchern während der fünf Festspielwochen fix rechnen. Im Sommer 2020 sollte der millionste Besucher begrüßt werden.“

Bei Verhandlungen laut Loidolts „keine Einigung in Sicht“

Die Pandemie habe nach der Absage 2020 auch den neuen Anlauf mit einem wohlvorbereiteten Programm zunichtegemacht. Doch hätten laut Loidolt Karten- und Mitgliedsbeitrags-Rückzahlungen, Aufbrauch der Reserven, rücksichtslose Berichterstattung und verständnislose Prüfberichte ebenso zu diesem Ende beigetragen.

Was die laufenden Verhandlungen mit dem Land Niederösterreich bezüglich einer Ablöseregelung für getroffene Investitionen betrifft, insbesondere beim Neuen Spielraum, sei derzeit noch keine Einigung in Sicht. „Nicht einen Cent“ wolle das Land ablösen, klagt Renate Loidolt, die auch hofft, dass die NÖKU ihr Projekt eines Dokumentationsarchivs unterstützen wird. Wo es untergebracht werden soll, ist ebenfalls noch Gegenstand von Gesprächen.

Renate und Peter Loidolt gründeten vor 33 Jahren die Festspiele Reichenau in eigener Initiative. Aus einem anfänglichen Geheimtipp wurde rasch die Sommerbühne der großen Schauspielerinnen und Schauspieler der Wiener Bühnen. Das Gründerpaar erkannte die Chance, die dem vom damaligen Burgtheaterdirektor Claus Peymann gepflegten Regietheater deutscher Prägung distanziert gegenüberstehenden Publikumsschichten für ein Schauspielertheater mit betont österreichischer Note und heimischen Stars zu gewinnen. In den letzten Festivalwochen im Sommer bis zum Jahr 2019 (2020 und 2021 wurden die Festspiele coronavirusbedingt abgesagt) gab es bis zu 125 durchwegs ausverkaufte Vorstellungen.