Bild zeigt drei Ampullen mit verschiedenen Impfstoffen gegen Covid-19.
APA/AFP/Thomas Kienzle
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Niederösterreich impft

Kreuzimpfung ab August „leichter möglich“

Das nationale Impfgremium empfiehlt Kreuzimpfungen derzeit in der Regel nicht. Dennoch wünschen sich immer mehr Menschen zwei unterschiedliche Impfstoffe, sagt Berndt Schreiner vom Roten Kreuz. Ab August soll das leichter möglich sein.

Seit die Deutsche Ständige Impfkommission Kreuzimpfungen empfahl, wünschen sich auch viele Menschen in Österreich eine solche Impfung. Dem nationalen Impfgremium zufolge sind Kreuzimpfungen aber eine Off-Label-Anwendung (Verordnung außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs, Anm.). Empfohlen wird das heterologe Impfen (Impfung mit zwei verschiedenen Impfstoffen, Anm.) in Österreich deshalb nicht.

Landesweit betrifft das Thema Kreuzimpfungen etwa 50.000 Menschen. Für 180.000 Erstimpfungen wurde AstraZeneca-Impfstoff verwendet, 130.000 dieser Menschen wurden damit auch schon ein zweites Mal geimpft.

Trotzdem kommt es in Wien bereits zur Anwendung. Es soll bei schweren Nebenwirkung nach der ersten Impfung bzw. bei einem dringenden Wunsch seitens des Patienten angeboten werden. Auf Wünsche habe man bisher nicht eingehen können, sagt Berndt Schreiner, Chefarzt des Roten Kreuzes Niederösterreich. Bei schweren Nebenwirkungen nach der ersten Teilimpfung sei es aber bereits gängige Praxis, bei der zweiten Impfung einen anderen Impfstoff zu verwenden, so Schreiner im „NÖ heute“-Interview mit Werner Fetz.

noe.ORF.at: Was sagen Sie zu dieser aktuellen Diskussion?

Berndt Schreiner: Wir sind schon seit Längerem in diese Diskussion involviert, weil wir immer wieder zu impfende Personen haben, die eine zweite Impfung mit Biontech/Pfizer wünschen, obwohl sie beim ersten Mal mit AstraZeneca geimpft wurden. In der Vergangenheit haben wir Kreuzimpfungen nur bei medizinischer Indikation durchgeführt.

noe.ORF.at: Wie wird man das in den nächsten Wochen organisatorisch machen? Mit der Buchung des ersten Termins hat man ja auch den zweiten Termin mitgebucht. Wo können Menschen jetzt den Wunsch kundtun, wenn sie den Impfstoff wechseln wollen?

Schreiner: Das Wechseln der Termine ist natürlich schwierig. Wenn Sie den ersten Termin mit AstraZeneca hatten und das gut funktioniert hat, dann spricht aus medizinischen Gründen überhaupt nichts dagegen, auch den zweiten Termin mit AstraZeneca zu absolvieren. Im Juli ist es außerdem kaum möglich zu wechseln, weil die Menge an Impfstoffen so berechnet ist, dass die, die den Erststich mit Pfizer bekommen haben, damit auch den Zweitstich bekommen.

Ab August wird es leichter werden, dann wird deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stehen, weil wir dann auch die überwiegende Masse der Menschen in Niederösterreich geimpft haben – zumindest einmal. Dann können Termine viel leichter geändert werden. Dazu kommt, dass es über die Buchungsplattform von Notruf NÖ möglich ist, Einzeltermine zu buchen. Dann kann man auch sehr niederschwellig bei einem niedergelassenen Arzt – was ja ab August wieder möglich sein wird – eine heterologe Impfung (Kreuzimpfung, Anm.) bekommen.

Studiogespräch Kreuzimpfung
ORF
„NÖ heute“-Moderator Werner Fetz im Gespräch mit Rot-Kreuz-Chefarzt Berndt Schreiner

noe.ORF.at: Was bringt dieses Wechseln? Bringt es eine bessere Immunantwort, wie es in manchen Studien heißt? Beziehungsweise heißt das, wenn ich zweimal mit dem selben Impfstoff geimpft wurde, dass ich dann eine schwächere Immunantwort habe?

Schreiner: Gemäß den Studien sieht man, dass heterologes Impfen – etwa zuerst eine Impfung mit AstraZeneca und dann mit Biontech/Pfizer oder auch andere mRNA-Impfstoffe wie Moderna oder Johnson, also das Mischen von Vektor- und mRNA-Impfstoffen – den Vorteil bringt, dass das Immunsystem mit zweierlei Dingen konfrontiert wird. Es kommt zu einer sehr starken Immunantwort und die Impfungen bieten einen sehr guten Schutz. Natürlich hat man aber auch gesehen, dass die Impfreaktionen durchaus heftiger ausfallen können und das muss man schon berücksichtigen.

Wir wissen aber auch, und das muss ganz klar gesagt werden, dass zwei Impfungen mit Vektorimpfstoffen oder mit mRNA-Impfstoffen, also das sogenannte homologe Impfen, eine sehr, sehr gute Wirkung haben. Die Zahlen aus Großbritannien, der Welt und auch aus Österreich zeigen uns mittlerweile, dass das sehr gut funktioniert, auch gegenüber der Delta-Variante, die jetzt in aller Munde ist.

Off Label – was heißt das eigentlich, was die Haftung betrifft? Wer haftet dann? Man selbst oder der Arzt, der die Impfung durchführt?

Schreiner: Das heißt nur, dass die Firma, die das zur Verfügung stellt, nach den Zulassungsstudien keine Verantwortung übernimmt und das immer unter der Verantwortung des Arztes steht. Und im Gespräch mit dem jeweiligen Patienten muss auch eine Begründung gefunden werden, damit man dann abwägen kann, welcher Weg bei einer Therapie bzw. einer Impfung der richtige ist.