St. Pölten Hauptbahnhof
OEBB/Robert Deopito
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Verkehr

Ostregion: Zähe 1-2-3-Ticket-Verhandlungen

Nach den Plänen von Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) hätte das 1-2-3-Ticket mit 1. Juli in Kraft treten sollen. Doch dazu fehlt nach wie vor die Einigung des Bundes mit der Ostregion. In der Finanzierung fühlt sich Niederösterreich benachteiligt.

Während mit sechs Bundesländern bereits eine Einigung bezüglich des österreichweit gültigen 1-2-3-Tickets auf dem Tisch liegt, gestalten sich die Verhandlungen mit der Ostregion als deutlich zäher. Mit Niederösterreich, Wien und dem Burgenland liegt nach wie vor kein Ergebnis auf dem Tisch. Die geplante Einführung mit 1. Juli war damit nicht möglich. Zuletzt hat sich der Bund mit der Steiermark über das Ticket geeinigt. Die nächsten Wochen wird mit den Ländern der Ostregion weiterverhandelt. Im Verkehrsministerium zeigt man sich jedenfalls zuversichtlich, dass der Start des 123 Tickets noch in diesem Jahr erfolgen kann.

Zu den offenen Verhandlungspunkten mit Niederösterreich, Wien und dem Burgenland zählen etwa einheitliche Tickets und deren Vertrieb sowie die Umstellung der einzelnen Anbieter auf das neue Tarifmodell. Den größten Verhandlungsbrocken stellt allerdings die Finanzierung dar und da fühlt sich Niederösterreich laut dem zuständigen Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) benachteiligt.

Was ist das 1-2-3-Ticket?

Das geplante 1-2-3-Ticket berechtigt zur Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel wie zum Beispiel Zug, Bus, Straßenbahn oder U-Bahn. Es wird in drei Ausführungen angeboten:

  • Das 1er-Ticket gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel in einem Bundesland. Es kostet einen Euro pro Tag.
  • Das 2er-Ticket gilt für sämtliche Öffis in insgesamt zwei Bundesländern und ist für zwei Euro pro Tag erhältlich.
  • Das 3er-Ticket gilt für alle öffentlichen Verkehrsmittel in ganz Österreich. Das bundesweite Jahresticket kostet drei Euro pro Tag und kommt damit auf einen Gesamtbetrag von 1.095 Euro.

noe.ORF.at: Vergangene Woche haben neuerliche Gespräche mit der Ostregion stattgefunden. Glauben Sie, dass es bald eine Einigung geben kann?

Ludwig Schleritzko: Ich glaube, dass es hier noch Gesprächsbedarf gibt.

noe.ORF.at: Welche Punkte sind noch zu klären?

Schleritzko: Im Wesentlichen geht es um drei Punkte: Zum ersten um das Thema des Vertriebs und um die Frage, wer die Tickets verkaufen darf und wo man diese Tickets bekommt. Der zweite Punkt ist das Thema der Einführung. Wir, also Wien, Niederösterreich und das Burgenland, bestehen darauf, dass die Stufen eins, zwei und drei gleichzeitig eingeführt werden. Und zum Dritten geht es um ein Thema, das mich auch als Finanzlandesrat beschäftigt: die Finanzierung. Dabei geht es aber nicht nur um zwei oder drei Jahre, sondern um die Langzeitfinanzierung. Weil das 1-2-3-Ticket unsere Landeshaushalte außerordentlich belastet, braucht es eine ordentliche Finanzierung für die nächsten Jahrzehnte.

noe.ORF.at: Die Kritik der Ostregion hat in der Vergangenheit ja auch gelautet, dass der Bund nach der Bevölkerung zahlen will und nicht nach der erbrachten Leistung.

Schleritzko: Die Ostregion ist verantwortlich für 60 Prozent der Leistung im öffentlichen Verkehr. Niederösterreich ist ein ganz wichtiges Bundesland wenn es zum Beispiel um den Schienenverkehr geht. Wir haben ein Drittel aller Bahnstrecken in Niederösterreich und auch ein Drittel aller Bahnhöfe. Da sind wir als Flächenbundesland ganz anders gefordert als andere, kleinere Bundesländer, die jetzt schon ähnliche Modelle haben wie zum Beispiel Tirol oder Vorarlberg.

Ludwig Schleritzko
ORF
Niederösterreichs Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko hält eine Einigung zum 1-2-3-Tickets in diesem Jahr noch für möglich

noe.ORF.at: Zuletzt hat ja auch die Steiermark dem Ticket zugestimmt. Steigt da nicht auch der Druck auf jene Bundesländer, die noch ausständig sind?

Schleritzko: Aus unserer Sicht nicht. Bundesministerin Gewessler ist mit diesem Projekt in die Legislaturperiode gestartet, es ist ein Leuchtturmprojekt des grünen Koalitionspartners. Da muss er auch dafür sorgen, dass wir als Bundesländer klar sagen was für uns in Ordnung ist und was finanzierbar ist. Wir sind gemeinsame Partner und wir bringen das Ding gemeinsam auf die Welt.

noe.ORF.at: Wann schätzen Sie, dass es eine Einigung geben wird?

Schleritzko: Die Bundesministerin hat angekündigt, dass das Projekt mit erstem Juli startet. Der erste Juli ist verstrichen. Bei uns ist der Zeitdruck nicht so hoch, aber es wäre im Laufe diese Jahres noch möglich. Wir brauchen drei bis vier Monate Vorlaufzeit, um dann auch die Systeme entsprechend umzustellen. Das heißt, man müsste spätestens im September eine Einigung finden, wenn man es noch 2021 schaffen möchte. Andernfalls rutschen wir ins neue Jahr, was auch nicht schlimm wäre.