Frau wehrt Gewalt mit der ausgestreckten Hand ab.
Pixabay/ Nino Carè
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Chronik

„Hinschauen“ bei Gewalt gegen Frauen

An elf Standorten in Österreich – darunter Amstetten – wird ein neues Gewaltpräventionsprojekt eingeführt. Es geht dabei um das „Hinschauen“ in der Nachbarschaft, Anzeichen für Gewalt gegen Frauen sollen früher und besser erkannt werden.

NÖ Frauentelefon

Das NÖ Frauentelefon bietet unter 0800/800 810 kostenlose und anonyme Beratung: jeweils montags, mittwochs und freitags von 10.00 bis 14.00 Uhr, Rechtsberatung freitags von 14.00 bis 16.00 Uhr.

Frauenhelpline

Frauen, die Schutz oder Beratung suchen, können sich rund um die Uhr auch an die Frauenhelpline wenden: 0800/222555 – ebenfalls kostenlos und anonym aus ganz Österreich.

Es sind alarmierende Zahlen: In Österreich erlebt jede fünfte Frau Gewalt und in den meisten Fällen spielt sich die Gewalt im Familienumfeld ab, also durch den Partner oder Ex-Partner. Seit Jahren steigt außerdem die Zahl der Frauenmorde, seit 2014 verzeichnet man eine Verdoppelung. Im Vorjahr wurden in Österreich 41 Femizide begangen. Eine Entwicklung, die Expertinnen und Politik Sorgen bereitet.

Meist gibt es Anzeichen

193 Frauen und 197 Kinder suchten im Vorjahr in den sechs niederösterreichischen Frauenhäusern Schutz. Im Frauenhaus Amstetten werden derzeit etwa acht Frauen und zehn Kinder betreut. Zuflucht sucht hier, wer Gewalt in der Beziehung erlebt hat und es schafft, sich aus dieser Spirale dauerhaft oder zumindest eine Zeit lang zu befreien. Das ist oft ein jahrelanger Prozess. Und meistens gibt es Anzeichen, die nicht im Verborgenen bleiben. „Alle Bewohnerinnen, die gerade bei uns sind, haben gesagt: ich habe geschrien, die Kinder haben geschrien, es war laut“, sagt Sozialarbeiterin Ursula Kromoser-Schrammel vom Frauenhaus Amstetten, „es ist etwas passiert in der Wohnung, und niemand hat sich gemeldet“.

„Gewalt in der Familie ist niemals Privatsache“, betont die zuständige Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ), „Gewalt in der Familie geht immer auch die Gemeinschaft und die Gesellschaft an. Und Gewalt in der Familie ist vor allem auch ein Auftrag an die Politik, gemeinsam an Konzepten zu arbeiten, um jeder Frau, jedem Kind, jedem Menschen ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Das geht nur im wirklichen Miteinander und im Hinschauen auf die Problematiken“.

Wie soll man als Nachbar reagieren?

Genau hier setzt das Projekt „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ an. Es setzt vor allem auf die Nachbarschaft. Es gehe darum, „dass man Gewalt erkennt, bewusst hört und sieht, was passiert in meiner Nachbarwohnung“, so Kromoser-Schrammel, „dass man dann auch gemeinsam mit den Nachbarn und Nachbarinnen überlegt, was können wir tun, wo können wir Angebote für die Frau oder für die Kinder machen“. Beispielsweise könne man, wenn man etwas in der Nachbarwohnung hört, „kurz anläuten und um ein Handykabel oder die Milch fragen, um die Gewalt zu unterbrechen“, rät die Sozialarbeiterin.

„StoP“ sei keine einmalige Bewusstseinskampagne, sondern ein „nachhaltiges und zukunftsorientiertes Gesamtpaket in der Gewaltprävention“. Unter der Federführung des Frauenhauses Amstetten sollen Menschen, insbesondere Nachbarn und Nachbarinnen, eingeladen und befähigt werden, sich aktiv gegen häusliche Gewalt zu engagieren.

Ein Projekt, das konkretes Handeln aufzeigt

Man will aber auch Menschen einbinden, die ihren beruflichen Schwerpunkt oder Lebensmittelpunkt in Amstetten haben. „Es ist ein Projekt, das sich explizit und direkt an die Bevölkerung wendet, diese aktiv einbindet und ihnen konkrete und anwendbare Handlungsmöglichkeiten aufzeigt, um zu zeigen, was jede und jeder Einzelne beitragen kann, um Partnergewalt an Frauen zu stoppen", so Königsberger-Ludwig.

Dass durch ein einmaliges Eingreifen der Nachbarschaft alle Probleme gelöst seien, dürfe man sich nicht erwarten, sagen die Verantwortlichen, aber viele kleine Schritte können letztendlich zum Ziel und im besten Fall aus der Gewaltspirale führen.