Arbeitslose Frau am AMS-Computer
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Wirtschaft

Arbeitsmarkt erholt sich langsam von Krise

Nach dem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit während der Pandemie zeichnet sich nun wieder eine leichte Entspannung ab. Ende Juni waren 46.003 Personen in Niederösterreich arbeitslos gemeldet, das sind nur noch drei Prozent mehr als vor der Krise.

Im Juni 2019 – vor Beginn der Pandemie – waren in Niederösterreich 44.677 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gemeldet. In der Krise stieg die Zahl der Arbeitslosen im Juni 2020 auf 64.224. Das entsprach einem Plus von 43,8 Prozent im Vergleich zum selben Monat des Vorjahres. Die aktuelle Halbjahresbilanz des AMS lässt jedoch aufatmen. Die Zahl der Arbeitslosen lag Ende Juni nur noch knapp über dem Niveau von 2019.

Mehr als 159.000 Personen waren AMS-Angaben zufolge im Vorjahr zumindest einmal von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Jahresdurchschnitt waren 28 Prozent mehr Personen arbeitslos vorgemerkt als 2019. Gleichzeitig sank die Zahl der offenen Stellen um 10,8 Prozent auf rund 10.400, teilte das AMS Niederösterreich mit. In Niederösterreich konnte der Aussendung zufolge aber „Schlimmeres verhindert werden“, knapp 200.000 Arbeitsplätze seien mithilfe der Covid-19-Kurzarbeit gesichert worden.

Langzeitarbeitslosigkeit bereitet weiter Sorge

Seit Mai kommt es aufgrund der Öffnungsschritte zu einer Erholung am Arbeitsmarkt. Von dieser positiven Entwicklung profitieren laut AMS alle Altersgruppen. Den höchsten Rückgang – nämlich 50,1 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020 – gab es bei den Jugendlichen. Sorge bereitet aber weiterhin der Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit. Ende Juni waren in Niederösterreich 14.385 Personen langzeitarbeitslos, was einem Anteil von 31,3 Prozent entsprach. Gegenüber dem Juni 2019 betrug das Plus 47,9 Prozent.

Das AMS zeigt sich zuversichtlich, dass die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt weiter anhält. Das Beschäftigtenniveau liegt seit März dieses Jahres bereits über dem Niveau des Jahres vor der Krise. Die voraussichtliche Arbeitslosenquote für Juni beträgt laut AMS 6,6 Prozent und liege damit genau auf dem Niveau von 2019. Die weitere Entwicklung sei davon abhängig, ob die Krise tatsächlich ausläuft oder in den kommenden Monaten wieder verstärkt Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie notwendig werden.

Gespräch mit Sven Hergovich, AMS

Sven Hergovich, Geschäftsführer des AMS Niederösterreich, über die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt und die Herausforderungen durch die Pandemie.

„Noch heuer unter Vorkrisenniveau“

„Wenn wir keine weiteren pandemiebedingten Einschränkungen am Arbeitsmarkt mehr haben werden, dann gehe ich tatsächlich davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben und dass es uns gelingen kann, dass wir die Arbeitslosigkeit noch heuer unter das Vorkrisenniveau senken werden“, so die Prognose von Sven Hergovich, Chef des AMS Niederösterreich.

Neben Arbeitssuchenden gebe es aber auch viele Arbeitgeber, die händeringend nach geeigneten Fachkräften suchen würden. „Es stimmt, dass die Qualifikationen, die nachgefragt werden und die, die angeboten werden, nicht immer übereinstimmen“, so Hergovich, „darum ist es wichtig, hier einerseits gut zu vermitteln, aber andererseits auch dort, wo jemand noch keine nachgefragten Qualifikationen hat, Schulungen und zusätzliche Ausbildungen anzubieten, um auch die Unternehmen dabei zu unterstützen, rasch passende Arbeitskräfte zu finden.“ Die ersten 32.000 offenen Stellen habe man seit Jahresbeginn bereits besetzen können, so Hergovich.

Hergovich Schaltung
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AMS-NÖ-Chef Sven Hergovich im Gespräch mit Werner Fetz

Arbeitslosengeld heuer schon 2.600 Mal gesperrt

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will bestehende Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose, die während der Krise vorübergehend nicht umgesetzt wurden, nun wieder anwenden. „Wir haben heuer bereits 2.600 Sperren verhängt“, erklärt Hergovich im „NÖ-heute“-Interview die Auswirkungen auf die Praxis, „das sind immerhin um 80 Prozent mehr Sperren als im vergangenen Jahr.“ Die „überwältigende Mehrheit der Arbeitssuchenden“ wolle allerdings „nichts sehnlicher“, als rasch wieder zu arbeiten.

Noch strengere Regeln – etwa, dass noch längere Wege zumutbar sind – brauche es laut Hergovich aber nicht: „Ich glaube, dass es jetzt darum geht, die bestehenden Regeln möglichst gut und konsequent zu kontrollieren, und das ist auch das, was der Arbeitsminister gefordert hat.“