Aufräumarbeiten in Schrattenberg nach dem Unwetter
APA/Hans Punz
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Chronik

Noch keine Normalität in Unwetter-Hotspots

Nach den heftigen Unwettern in diesem Sommer in vielen Gebieten in Niederösterreich sind die Reparaturarbeiten weiter im Gange. In Paudorf, Allentsteig und Schrattenberg ist der Weg zurück zur Normalität noch lange nicht abgeschlossen.

In Paudorf (Bezirk Krems) hat sich der 18. Juli sozusagen in das kollektive Gedächtnis eingebrannt. Binnen kurzer Zeit sorgte Starkregen für ungekannte Wassermassen, es fielen bis zu 150 Liter pro Quadratmeter innerhalb von zwei Stunden. Die Fladnitz wurde zu einem reißenden Fluss. Zahlreiche Gebäude wurden überschwemmt und in Mitleidenschaft gezogen.

Bürgermeister Martin Rennhofer (ÖVP) sprach mehr als einen Monat danach von einer „riesigen Naturgewalt“. Die Unwetterfront sei über der Region „wirklich stehengeblieben“, derartiges habe es in der Gemeinde „noch nie gegeben“ – mehr dazu in Wassermassen überfluten mehrere Orte (noe.ORF.at; 18.7.2021).

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Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Im Raum Göttweig fielen am 18. Juli am Nachmittag bis zu 150 Liter Wasser
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Mehrere Ortschaften wie Höbenbach, Paudorf und Furth wurden überflutet
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Bürgermeister Martin Rennhofer sprach von sintflutartigen Niederschlägen
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
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In Höbenbach stand das Wasser zwischen 30 und 40 Zentimeter
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
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Viele Straßen konnten wegen der Wassermassen nicht mehr befahren werden
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Die Feuerwehren im Bezirk Krems standen im Dauereinsatz
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer
Unwetter Hochwasser Bilanz Feuerwehr
BFK Krems/Gernot Rohrhofer

Mit der Wiederherstellung werde man bis Herbst oder gar Winter „massiv beschäftigt“ sein, befand Rennhofer. Neben vielen Privatpersonen sei auch die Gemeinde betroffen, rechnete der Lokalpolitiker mit Ausgaben von bis zu 400.000 Euro u.a. für Schäden an Güterwegen und im Kanalsystem.

Was außerdem bleibt, ist in Paudorf stets der bange Blick zum Himmel. Erst zu Wochenbeginn wurde in der Gemeinde bei einem Unwetter erneut starker Regen verzeichnet. Dieser habe aber „keine neuen Schäden an den Häusern“ nach sich gezogen, atmete der Bürgermeister durch.

Allentsteig: 400 Dächer beschädigt

Allentsteig (Bezirk Zwettl) und Schrattenberg (Bezirk Mistelbach) wurden am 24. Juni von schweren Hagelunwettern heimgesucht. Mehrere Zentimeter große Körner beschädigten Hunderte Hausdächer und veränderten das Bild dieser Regionen nachhaltig. Schrattenberg wurde tags darauf von einem erneuten Gewitter getroffen. Dieses sorgte in Objekten mit kaputter Dachkonstruktion für Überschwemmungen.

Für Franz Loidolt, den Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Allentsteig, waren die einsatzreichen Tage nach dem Hagelunwetter eine „einmalige Geschichte“, es „war nicht einmal das Hochwasser 2002 so schlimm“. Zerstört wurden in der Waldviertler Stadtgemeinde rund 400 Dächer von Wohnobjekten. „Im Grunde war die ganze Ortschaft betroffen, es gab so gut wie kein Haus ohne Schaden“, blickte Loidolt, der als Einsatzleiter zahlreiche Helfer koordiniert hatte, zurück. In Mitleidenschaft gezogen wurden auch Objekte der Mitglieder seiner Mannschaft: „Es gab keinen einzigen, den es nicht selber auch erwischt hat.“

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Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Allentsteig wurden neben Schrattenberg massiv von den Unwettern getroffen
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Die Feuerwehrleute arbeiten mit Hochdruck, um die Dächer dicht zu machen
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Mehr als 300 Dächer wurden zerstört
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Mit Folien wurden die Gebäude geschützt
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Aus dem Katastrophenschutzlager des Landesfeuerwehrverbandes wurden tausende Quadratmeter Kunstfolien ins Einsatzgebiet gebracht
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Die Reparaturarbeiten sind ein Kampf gegen die Zeit: Die Angst vor erneuten Unwettern geht um
Aufräumarbeiten Allentsteig
FF Allentsteig
Die Feuerwehrleute retteten einen Jungstorch. Er saß während des Unwetters völlig verängstigt in seinem Nest und hätte den heftigen Hagelschlag vermutlich nicht überlebt

Aktuell gehe in Sachen Dächerreparatur „viel weiter“, dennoch seien mehrere Personen noch in einer Art Warteschleife – auf Material oder Termine. Die Stadtgemeinde wurde in den vergangenen zwei Monaten aus der Not heraus zum Anziehungspunkt für Dachdecker-und Spenglerunternehmen aus diversen Regionen. „Letzens habe ich sogar einen aus der Steiermark gesehen“, schilderte Loidolt.

Schrattenberg: Planen noch auf vielen Dächern

Ähnlich gestaltet sich die Lage in Schrattenberg. „Bei uns ist derzeit alles am Werken“, fasste Bürgermeister Johann Bauer (ÖVP) zusammen. 15 bis 20 Dachdecker- und Spenglerunternehmen sind regelmäßig an Ort und Stelle. Viele Dächer seien aber weiterhin nur notdürftig gesichert. „Ich hoffe, dass zumindest von allen Wohnhäusern bis zum Herbst die Planen weg sind“, blickte Bauer im APA-Gespräch voraus. Die Reparatur der Dächer aller Nebengebäude werde sich in diesem Jahr wohl gar nicht ausgehen, meint er.

Die Schadensbegutachtung geht laut Bauer ins Finale, rund 600 Gebäude werden in Summe besichtigt. Eine erste Schätzung von 400 zerstörten Hausdächern habe sich leider ziemlich genau bewahrheitet. Das Hagelunwetter „wird in die Chronik eingehen – im negativen Sinn“ – mehr dazu in Schrattenberg und Allentsteig: Katastrophengebiet (noe.ORF.at; 26.6.2021).

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Arbeiten am Dach
ORF
Hunderte Häuser müssen in Schrattenberg repariert werden
Arbeiten am Dach
ORF
Zu wenig Fachpersonal und fehlendes Material sorgen für Verzögerungen
Arbeiten am Dach
ORF
Die Arbeiten werden wohl noch Monate dauern
Abgedecktes Dach
ORF

Dachdecker und Spengler arbeiten an Kapazitätsgrenzen

Eine fast historische Herausforderung stellen die Hunderten Schadensstellen in Allentsteig und Schrattenberg auch für die in den jeweiligen Regionen ansässigen Dachdecker und Spengler dar. Viele Betriebe verschoben andere Aufträge nach hinten, teils blieb Unternehmern kaum Zeit, um Kostenvoranschläge für herkömmliche Projekte zu erstellen. Ein Ende des Arbeitens an der Kapazitätsgrenze ist vorerst nicht in Sichtweite.

„Die Lage für die Betriebe in den betroffenen Gebieten hat sich leider noch nicht entspannt“, befand Friedrich Sillipp, Landesinnungsmeister der Dachdecker, Glaser und Spengler in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ). „Die Wiederinstandsetzungsarbeiten werden sicher das ganze Jahr über dauern, manche Schadensfälle sich über den Winter bis ins Frühjahr ziehen. Denn trotz aller Anstrengungen ist es nicht möglich, so viele Schadensfälle binnen so kurzer Zeit abzuarbeiten.“

Einen Blick in die fernere Zukunft riskiert WKNÖ-Funktionär Werner Linhart, Inhaber eines Dachdecker- und Spenglereibetriebes in Gänserndorf. „Gebäude und Infrastruktur müssen künftig robuster gebaut und ausgestattet werden.“ Eine drohende Häufung von Unwetterereignissen gelte es bereits „bei der Planung zu berücksichtigen“. Weiters sollten bestehende Objekte nachgerüstet werden, um Auswirkungen und Schäden zu minimieren.