Bergbauernhof
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Landwirtschaft

Das schwierige Leben auf 1.025 Metern Höhe

Die Landwirtschaft wird immer digitaler. Traktoren kommen GPS-gesteuert ohne Fahrer aus. Allerdings nur in der Ebene. Bergbauern müssen ihrer Arbeit nach wie vor unter schwierigsten Bedingungen nachgehen – so auch Familie Rettensteiner aus Göstling.

Die Ybbstaler Alpen liegen ausgebreitet vor dem Betrachter auf 1.025 Metern Seehöhe in unmittelbarer Nähe der „Siebenhütten-Alm“. Die Wiesen sind so steil, dass sie zum Teil mit der Hand gemäht werden müssen, der Motormäher hat ebenso Zwillingsreifen – ein zweites Paar Reifen – montiert wie die Traktoren, um in diesem Gelände einen tieferen Schwerpunkt zu bilden und dadurch nicht umzufallen.

Hubert Rettensteiner bewirtschaftet seinen Hof „Kurzeck“ trotzdem mit Leidenschaft: „Weil wir ganz anders mit unserer Heimat verbunden sind und das alles erhalten wollen, nicht nur in guten Zeiten. Damit es Gäste heute und auch spätere Generationen noch genießen können.“ Die „spätere Generation“ hat sich schon in Stellung gebracht, Michael, der fünfjährige Enkel des Bauern, mäht mit seiner eigenen kleinen Sense wie sein Großvater das Gras und will später einmal den Hof übernehmen, sagt er.

Bergbauernhof
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Familie Rettensteiner bewirtschaftet einen der höchstgelegenen Bergbauernhöfe in Niederösterreich

Kritik an Auswüchsen des Fördersystems

Der Hof von Familie Rettensteiner hat also Zukunft. Auch, weil nicht immer die geraden Wege gegangen wurden. Hubert Rettensteiner begann schon vor 30 Jahren mit Mutterkuhhaltung, als von EU-Förderungen dafür noch keine Rede war. Es funktioniert bis heute.

Rettensteiner empfängt zwar auch Bergbauernförderung, lebt aber nicht ausschließlich davon und kritisiert Auswüchse des Systems: „Ich verstehe, dass es oft Unverständnis wegen der Förderungen gibt, weil in vielen Fällen die Bauern verlernt haben, über das Produkt ihr Geld zu verdienen. Weil in erster Linie die Förderung zählt und die Tiere in den Hintergrund rücken, da zählt nur noch die Masse.“

Eine Bäuerin aus Berlin

Anfang der 90er-Jahre zog eine Jungbäuerin ein. Keine „Hiesige“, sondern fast eine Exotin, sie kommt aus der Großstadt Berlin. Der Entschluss zum extremen Ortswechsel ging schnell. Sie lernten einander bei einem Heimatabend kennen und lieben, innerhalb weniger Monate wurde geheiratet.

Bergbauer mit Steirischer Harmonika
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Angelika Rettensteiner stammt aus Berlin und lernte Hubert bei einem Heimatabend kennen

In den vergangenen Jahrzehnten etablierte sie Urlaub am Bauernhof, Berlin wurde für Angelika Rettensteiner zur Erinnerung: „Im Herzen ist es immer drin, das wird man nicht los. Aber dort leben würde ich keinesfalls mehr wollen. Dieser Trubel! Ich schätze diese Einsamkeit hier oben – herrlich!“ Und mit dem Urlaub am Bauernhof als zweitem Standbein schaffen sie es, die Landwirtschaft im Vollerwerb zu führen.

Diese Einsamkeit, verbunden mit der Landschaft, genießen auch die Gäste und sie gefällt denen, die hier arbeiten. Hubert Rettensteiner: „Es gäbe einfachere Berufe, ganz sicher. Aber man muss ja nicht mit dem Strom schwimmen.“