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Chronik

Rossatz: Letzter Nahversorger vor dem Aus

In Rossatz-Arnsdorf (Bezirk Krems) könnte bald das letzte Lebensmittelgeschäft für immer schließen. Es gibt zu wenig Personal für eine Weiterführung des Betriebs. Warum sich niemand für einen Job im Geschäft bewirbt, ist dem Bürgermeister ein Rätsel.

35 Kilometer entlang des rechten Donauufers, zwischen Melk und Mautern an der Donau, gibt es nur einen einzigen Nahversorger. Dieser befindet sich im Rossatzer Dorfzentrum. Nun droht auch diesem letzten Lebensmittelgeschäft aber das Aus. Denn es findet sich weder Personal zur Bedienung der Kunden, noch eine geeignete Kraft für die Filialleitung, sagt der Rossatzer Bürgermeister Ernst Polz (ÖVP): „Es ist zur Zeit sehr deprimierend. Wir möchten das Geschäft unbedingt hier behalten, jedoch finden wir niemanden, der bei uns arbeiten möchte.“

Polz ist überzeugt, dass das Geschäft sicher gut laufen würde: „Das Einzugsgebiet ist sicherlich nicht zu klein. Wir haben gleich in der Nähe den Campingplatz, die Touristen von dort kaufen auch alle im Geschäft am Dorfplatz ein. Außerdem haben wir neben den Einwohnern auch 500 Zweitwohnsitzer, die regelmäßig hier sind. Zur Zeit macht das Geschäft Umsätze von einer halben Million Euro – bei Personalkosten von 100.000 Euro.“

Fehlende Arbeitsmoral als mögliche Erklärung

Eine Erklärung dafür zu finden, ist nicht einfach, meint der Bürgermeister weiter. Er könne sich aber vorstellen, „dass die Bereitschaft, zu arbeiten, abhanden gekommen ist.“ Mit ein Grund könne die Kurzarbeitsregelung sein, mutmaßt Polz. Bis jetzt gäbe es zwar Bewerbungen, jedoch sei noch niemand Passender dabei. „Viele sehen dann, wie schwer die Arbeit ist oder sehen, dass der Laden doch nicht ihren Vorstellungen entspricht. Dann springen Interessenten schnell wieder ab.“

Der Nahversorgungsladen von innen mit Kunden
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Noch hat das Lebensmittelgeschäft am Rossatzer Dorfplatz offen. Wenn es bald nicht mehr Personal gibt, muss es schließen.

Auch die Rossatzerinnen und Rossatzer sind besorgt, dass sie bald zum Einkaufen nach Melk oder Mautern fahren müssen. „Es ist halt doch ganz was anderes, wenn man woanders hin muss, als wenn das Geschäft gleich im eigenen Ort ist“, meint Renate Sacher, die einen Zweitwohnsitz in Rossatz hat und regelmäßig längere Zeit in der Wachau verbringt. Dabei geht es nicht nur um die Strecke, vielmehr sei der Nahversorger um die Ecke auch eine Art „Kommunikationszentrum“, wo sich die Bürgerinnen miteinander austauschen, so der Bürgermeister.

Landesweites Phänomen

Bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich kennt man den Fall aus Rossatz. Das sei leider kein Einzelfall in Niederösterreich, bestätigt Wolfgang Hoffer, Referent der Sparte Handel: „Genaue Zahlen gibt es nicht, jedoch ist eine Tendenz zu beobachten: Es gibt auch im Lebensmittelhandel einen Fachkräftemangel. Gerade im ländlichen Bereich ist es schwer geworden, Personal zu finden. Oft fehlen die nötigen Qualifikationen – nicht jeder oder jede kann bei der Feinkost oder in einer Führungsposition arbeiten.“

Aber auch die Dienstzeiten seien – wie in anderen Branchen wie der Gastronomie – oft ein Problem. Gerade bei jungen Menschen haben sich die Prioritäten geändert, Arbeitszeiten am Wochenende oder zeitig in der Früh seien unbeliebter geworden, meint Hoffer. Es gäbe zwar noch immer Menschen, die gerne längere Zeit am Stück durcharbeiten – um dann auch einen längeren Zeitraum hindurch dienstfrei zu haben. Laut Hoffer werden diese Arbeitnehmergruppen aber immer weniger.

Kurzer Aufschwung während Lockdowns

Ein interessantes Phänomen gab es jedoch während der Lockdowns. „Hier hat sich die Supermarkt- und Lebensmittelbranche als besonders krisensicher gezeigt. Während andere Handelssparten lange im Lockdown waren und dementsprechend ihre Mitarbeiterinnen in Kurzarbeit schickten, waren unsere Mitarbeiter sehr präsent in den offenen Geschäften zu sehen. Dadurch stieg auch kurzfristig die Anzahl an Bewerbungen“, so Hoffer. „Diese Phase ist jedoch leider vorbei und die Branche sucht erneut nach Fachkräften.“

Unterdessen appelliert Bürgermeister Ernst Polz in Rossatz weiterhin an interessierte Personen: „Sollten wir bis Mitte September keine Filialleitung bekommen, dann müssen wir unser Nahversorgungsgeschäft schließen. Wir könnten uns auch gut vorstellen, dass jemand privat das Geschäft übernimmt und als Einzelhändler weiterführt.“ An Umsatz mangele es auf jeden Fall nicht, heißt es.