Eine kleine Werkstatt in Absdorf (Bezirk Tulln), Fini hat ihren Kontrolltermin. Der Chihuahua-Mischling hat zu kurze Beine und hoppelt eher als zu laufen. Mit dem Rollstuhl kann sie aber wieder lange Strecken zurücklegen. Aufgrund der Vibration und des Aufpralls zieht Mirjam Mader-Ullrich alle paar Monate die Schrauben nach. „Das Gewöhnen an den Rollstuhl ist wie bei Menschen unterschiedlich. Manche Hunde tun, als wäre es nie anders gewesen, andere denken sich ‚Da verfolgt mich jetzt ein Rad, das finde ich uncool‘, aber mit Leckerlis kann man sie gut daran gewöhnen“, erzählt Mader-Ullrich.
Rollstühle für Hunde sind das Hauptgeschäft der 41-Jährigen. 20 Arbeitsstunden stecken in einem Exemplar, jedes ein Unikat und maßgeschneidert für das Tier. Vor zwölf Jahren ist sie durch Zufall auf diese Berufsmöglichkeit gestoßen. Für den Hund einer Bekannten fertigte sie damals eine Schiene an. Bis 2018 arbeitete sie weiterhin als Orthopädietechnikerin und stellt Gipse uns Orthesen für Menschen her. Das Geschäft lief dann aber so gut, dass sie sich selbstständig machte.
Liebe zu Tieren und Leidenschaft für Handwerk verbunden
„Die Kunden kommen aus Deutschland, Polen, auch Kroatien. Die weiteste Entfernung waren 800 Kilometer, die jemand zu mir gefahren ist. Ich habe aber noch nie Werbung gemacht, das geht alles mit Mundpropaganda.“ Sie leitet nun ein kleines Familienunternehmen: Ihre Mutter Edeltraud Mader näht etwa die Stoffe, ihre Vater Klaus Mader ist gelernter Schlosser und fügt die Metallelemente der Rollstühle zusammen.
Die Verbundenheit mit Tieren begann in der Kindheit, wie Klaus Eder erzählt: „Die Mia (Mirjam; Anm.) hatte reichlich Haustiere: von Mäusen, einer Ratte, Hühnern, Hasen und Wildvögel hat sie viel aufgezogen. Also diese Kreaturen schätzen, das ist, denke ich, einfach wichtig und das haben wir ihr immer mitgegeben.“ Die Arbeit mit Tieren zieht sich auch durch die Familie, die Großeltern führten in Bayreuth (Deutschland) ein Tierheim.
Für manche gibt es keine Hoffnung mehr
Hunde und Katzen sind die häufigsten Patienten, behandelt wurden in Absdorf aber auch schon Alpakas, die Bandagen brauchten, oder ein Pfau, der eine Orthese benötigte. Auch eine Rollstuhl-Anfrage für ein Kaninchen gibt es, aber da tüftelt Mirjam Mader-Ullrich noch am optimalen Aufbau der Konstruktion. Bei manchen Tieren würde eine Prothese oder ein Rollstuhl aber nur das Leiden verlängern, so Mader-Ullrich. Jedes Problem könne man damit nicht lösen.
Prothesen für Vierbeiner
Trotz Fehlbildungen sollen Hunde und Katzen das beste Leben haben. Möglich macht das Mirjam Mader-Ulrich, die Rollstühle, Prothesen und Schienen für die Tiere herstellt.
„Die Frage ist, will der Hund noch die Welt erkunden, braucht er das? Oder braucht ihr ihn? Natürlich müssen das die Besitzer selbst entscheiden, und wenn einer sagt, er möchte das trotzdem unbedingt, dann mach ich es, aber ich sage ihnen zuvor meinen Standpunkt“, so Mader-Ullrich im Gespräch mit noe.ORF.at. Ihr Beruf erfülle sie deswegen, weil ein Auftrag immer mit glücklichen Gesichtern ende. Manche Tierbesitzerinnen und -besitzer hätten bei der letzten Anprobe und der Übergabe des Rollstuhls schon vor Freude geweint.
„Viele begleite ich jahrelang, weil sie Nachversorgungen brauchen. Das sind schon meine Lieblinge, das ist schon fast eine Freundschaft, weil da merkst du, wie der Hund aufblüht, aber dann auch wie er alt wird und dann schon andere Schwächen hat.“ Davon zeugen auch die vielen Fotos von Hunden und Katzen in der Werkstatt.