Waldschäden nach einem Sturm
APA/Manfred Fesl
APA/Manfred Fesl
Umwelt

Zerstörte Natur: Restaurationen notwendig

Ein Expertenteam hat eine Prioritätenliste für die Restauration zerstörter Ökosysteme in Österreich erstellt. Ganz oben auf der Liste stehen etwa Wälder im Wald- und Weinviertel, Weingärten im Weinviertel und Äcker im Marchfeld und der Thermenregion.

Die EU schreibt den Mitgliedsstaaten vor, 15 Prozent ihrer ramponierten Lebensräume auf Vordermann zu bringen. Welche Wälder, Felder, Grasländer, Weinbaugebiete, Moore und Auen in Österreich am sinnvollsten restauriert werden, legten Experten der Universität Wien, des Umweltbundesamtes und des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) nun in einer Studie fest. Die Instandsetzungsmaßnahmen würden 10,7 Milliarden Euro kosten und sollten bis 2050 abgeschlossen sein, hieß es.

Beim Wald, der etwa die Hälfte der Fläche Österreichs bedeckt, fanden die Forscherinnen und Forscher das beste Restaurierungspotenzial in Teilen des Wald- und Weinviertels in Niederösterreich, des Mühlviertels in Oberösterreich und in der östlichen Steiermark. Der Anteil an Totholz und an alten Bäumen soll dort erhöht werden.

Auf weniger schnellwüchsige, aber wertvolle Bäume setzen

Zudem müssten gebietsfremde Arten entfernt werden und eine vielfältige, standorttypische Baumartenzusammensetzung gepflanzt werden, erklärte Florian Danzinger vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Uni Wien. Das bedeute, „sich auf teils weniger schnellwüchsige, aber für die heimische Artenwelt wertvolle Bäume zu besinnen, und manche davon stehen lassen, auch wenn sie schon lange hiebreif sind“. Dafür müssten die Waldbewirtschafter freilich finanziell belohnt werden, meinte er.

entwurzelter Baum im Urwald Rothwald im Wildnisgebiet Dürrenstein
Werner Gamerith
Wildnisgebiet Dürrenstein

Neben Wäldern wurde auch Grünland definiert, das Priorität haben sollte. „Für die grünlandgeprägten Kulturlandschaftstypen wurden vor allem das Waldviertel in Niederösterreich, das Inn- und Hausruckviertel in Oberösterreich und der Flachgau in Salzburg als Schwerpunktregionen identifiziert“, so die Forscher in einer Aussendung der Universität Wien.

Beim Ackerbau priorisierte das Team das westliche Wein- und das östliche Waldviertel, die Thermenlinie und das Marchfeld in Niederösterreich sowie im Burgenland die Regionen Parndorfer Platte und Neusiedlersee-Seewinkel. Beim Weinbau sollten sich die Anstrengungen auf Teile des Weinviertels und die Region Neusiedlersee-Seewinkel konzentrieren, hieß es.

Hecken und Blühstreifen auf Feldern

In den landwirtschaftlich genutzten Grünflächen, Feldern, Weingärten und Obstplantagen sollten mehr Zwischenstrukturen geschaffen werden, so Danzinger. Die teils riesigen Flächen würden enorm von Hecken, Baumzeilen oder Blühstreifen profitieren. „Das ist auch wichtig für die Klimawandelfitness, weil sie die Winderosion und Abspülung durch Starkregen vermindern und im Winter den Schneefang gewährleisten“, sagte er. Dieser Nutzen würde aber nicht die Zusatzkosten und den Verlust an Ernteflächen aufwiegen. Deshalb bräuchte es zusätzliche Förderungen.

Bei den Obstplantagen sollte laut der Studie durch finanzielle Anreize erreicht werden, dass manche weniger intensiv genutzt werden und die Betreiber auf Hagelnetze und Ähnliches verzichten, meinte der Forscher. Durch Strukturmaßnahmen und extensive Bewirtschaftung würde in all diesen Gebieten auch der „landschaftsästhetische Wert“ steigen.

Ausblick auf den Lunzer See
ORF / Birgfellner
Lunzer See

Altarme wieder an Hauptgewässer anschließen

Bei den Auen und Mooren sehen die Studienautoren Restaurierungsbedarf im Osten Österreichs. „Bei den Auen ist es vor allem wichtig, wieder eine Fließwasserdynamik zu ermöglichen“, so Danzinger. Altarme sollten wieder an die Hauptgewässer angeschlossen und mit einer ausreichenden Wassermenge dotiert werden.

Die Forscher sortierten in der Studie die verschiedenen österreichischen Ökosysteme und Landschaften nach allen möglichen vorhandenen Daten in vier „Degradationsstufen“. „Es war eine große methodische Herausforderung, das Ganze einheitlich darzustellen, weil je nach den Ökosystemen ganz unterschiedliche Daten zur Verfügung gestanden sind“, sagte David Paternoster vom Umweltbundesamt.

Nachdem sie den Zustand der jeweiligen Ökosysteme eingeschätzt hatten, suchten die Forscher mögliche Zusatznutzen bei einer Restauration. „Zum Beispiel, dass sie innerhalb von Schutzgebieten liegen oder ein Netzwerk von Lebensraumkorridoren erweitern“, sagte Danzinger. Manche der als sehr schlecht eingestuften Landschaften sind deshalb nicht in der Priorisierungsliste, weil es schwer wäre, sie instand zu setzen, und es keinen Mitnahmeeffekt gäbe. Dafür sind andere Gebiete in den 15 Prozent der für den jeweiligen Ökosystemtyp priorisierten Gebiete, weil ihre Instandsetzung zusätzliche Vorteile für den Natur- und Klimaschutz bringt.