Chefredakteur Robert Ziegler und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner sitzen sich gegenüber beim Interview
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Mikl-Leitner für strengeres Arbeitslosengeld

In der Debatte um das Arbeitslosengeld spricht sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) für eine Kürzung aus, wenn eine zumutbare Arbeit mehrmals abgelehnt wird. Das sagte sie im noe.ORF.at-Interview. Außerdem seien kostenpflichtige Tests denkbar.

Im Interview mit ORF-Niederösterreich-Chefredakteur Robert Ziegler skizzierte Landeshauptfrau Mikl-Leitner, wie es in puncto Pandemie, Testungen und Impfung im Land weitergehen soll und kann. Zudem waren der Arbeitskräftemangel, das Arbeitslosengeld sowie das 1-2-3-Klimaticket Thema des Interviews am Dienstagabend.

noe.ORF.at: Frau Landeshauptfrau, Niederösterreich startet mit der dritten Impfung, aber in Summe stockt der Impfmotor im Sommer etwas. Wir sind bei etwas über 60 Prozent der Gesamtbevölkerung, über 70 Prozent bei jenen, die geimpft werden können. Experten sagen, da braucht es viel mehr. Was wollen Sie tun, um das noch zu ändern?

Johanna Mikl-Leitner: Wir können stolz sein, dass wir in Niederösterreich bislang so gut durch die Pandemie gekommen sind. Ich denke hier an unsere Teststrategie, aber vor allem auch an die Durchimpfungsrate. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern liegen wir auf Platz zwei.

Ja, es stimmt, dass wir die Durchimpfungsrate noch stärken wollen und dass wir sie nach oben schrauben wollen. Deswegen wollen wir auch mit den Impfbussen die Schutzimpfung noch näher zu den Bürgerinnen und Bürgern bringen. Jeder kann Teil der Lösung sein, jede und jeder, der sich impfen lässt, kann Teil der Lösung sein. Wenn wir sehr viel Freiheit genießen wollen, dann braucht es auch eine hohe Anzahl an Geimpften.

Interview mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner

In der Debatte um das Arbeitslosengeld kann sich Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) strengere Regeln vorstellen. Im Interview mit Chefredakteur Robert Ziegler skizziert sie außerdem, wie es in Sachen Corona-Tests und Impfung im Land weitergeht.

noe.ORF.at: Es gibt eine Diskussion darüber, dass es für jene, die sich nicht impfen lassen wollen, Beschränkungen geben wird, zum Beispiel Eintritt in die Gastronomie oder zu Sportveranstaltungen nur für Geimpfte. Wäre das für Sie denkbar?

Mikl-Leitner: Beim Thema „1G“-Regelung ist es wichtig, dass es zu einer bundeseinheitlichen Regelung kommt, wenn sie kommen sollte. Ich halte es für vernünftig, die Strategie der Gratistestungen für Impfunwillige auch tatsächlich zu diskutieren. Die Mehrheit der Bevölkerung hat kein Verständnis, dass die Allgemeinheit für die permanenten Gratistestungen für Impfunwillige bezahlen soll. Das ist einfach eine Frage des Hausverstandes.

noe.ORF.at: Diese Tests kosten die Republik, wie kürzlich bekannt wurde, mehr als eine Milliarde Euro. Heißt das konkret, Sie sagen, ab einem gewissen Zeitpunkt sollten diese Tests kostenpflichtig sein?

Mikl-Leitner: Ja, ich glaube, das sollte man andenken. Klar ist, dass natürlich die Kosten für die Testungen als auch für die Impfungen wesentlich günstiger sind als ein erneuter Lockdown. Das heißt, wir müssen alles tun, um einen Lockdown zu verhindern.

noe.ORF.at: Es gibt einen Bereich, da scheint die Krise überwunden zu sein: die Wirtschaft. Die Prognosen für Niederösterreich sind bei 4,3 Prozent Wachstum für heuer – über dem Österreich-Schnitt. Die Arbeitslosigkeit ist niedriger als vor der Krise, viele Betriebe sagen schon, dass es einen Arbeitskräftemangel gibt. Wie gefährlich ist denn so ein Arbeitskräftemangel für den Aufschwung?

Mikl-Leitner: In Niederösterreich ist die Wirtschaft tatsächlich rascher angesprungen als in so manch anderen Bundesländern. Unser Wirtschaftswachstum liegt über dem österreichweiten Wirtschaftswachstum, aber es ist auch Faktum, dass wir zum einen Arbeitslosigkeit haben und auf der anderen Seite einen unglaublichen Mangel an Fachkräften.

Das führt nicht nur bei den Unternehmerinnen und Unternehmern, sondern auch bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die tagtäglich aufstehen und zur Arbeit gehen, zu einem Unverständnis. Da ist es schon wichtig, dass gerade jene, die arbeiten gehen, nicht die Dummen sind und, dass vor allem jene, die tatsächlich arbeiten können, auch wirklich arbeiten gehen.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner beim Interview
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Die Strategie der Gratistestungen für Impfunwillige sei zu diskutieren, meinte die Landeshauptfrau

noe.ORF.at: Es gibt ja jetzt eine Debatte darüber, dass sich beim Arbeitslosengeld etwas ändern könnte. Sie selbst haben das Thema eingebracht, dass das Arbeitslosengeld im Laufe der Zeit sinken könnte. Es gibt auch den Vorschlag, die Zuverdienstmöglichkeiten einzuschränken und die Zumutbarkeit auszudehnen. Wofür sind Sie konkret?

Mikl-Leitner: Ich halte es für richtig, sowohl über die Zumutbarkeit als auch über die Zuverdienstgrenze zu diskutieren. Was ich aber vor allem für richtig halte, ist, das Arbeitslosengeld zu diskutieren. Wenn jemand einige Male eine Arbeit ablehnt, die aber zumutbar ist, bin ich auch dafür, dass das Arbeitslosengeld reduziert wird.

noe.ORF.at: Es gibt natürlich Kritiker, die sagen, das könnte am Ende die treffen, die sozial besonders schwach sind, und dass das nicht treffsicher ist. Wenn man hier Änderungen macht, wie will man denn garantieren, dass es nicht die trifft, die es ohnehin schon schwer haben?

Mikl-Leitner: Ich glaube, hier muss man ganz klar differenzieren, wer arbeiten kann und wer nicht arbeiten kann. Es braucht eine ganz klare Differenzierung, wer aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund bestimmter Defizite nicht arbeiten kann. Wenn man aber mehrmals eine zumutbare Arbeit ablehnt, dann ist es auch gerechtfertigt, das Arbeitslosengeld langfristig zu reduzieren. Ich glaube, das hat mit Gerechtigkeit zu tun.

Chefredakteur Robert Ziegler und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner sitzen sich gegenüber beim Interview
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ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner beim Interview im Landhaus

noe.ORF.at: Kommen wir noch zum Thema Verkehr. Umweltministerin Gewessler arbeitet ja daran, das 1-2-3-Klimaticket einzuführen. Sechs Bundesländer sind bis jetzt dabei, Niederösterreich nicht. Warum?

Mikl-Leitner: Sowohl die Verantwortungsträger des Bundes als auch des Verkehrsverbundes Ost-Region haben sich ein wirklich gutes Ziel gesetzt, nämlich eine gemeinsame Lösung zu finden. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir bis 1. Dezember eine Lösung vorliegen haben.

Klar ist, dass natürlich die Situation der Ostregion genau in den Fokus genommen werden muss. Uns geht es nicht nur um einen günstigen Tarif, sondern für uns geht es vor allem auch um attraktive Verkehrsanbindungen, um wirklich gute Angebote im Bereich des öffentlichen Verkehrs. Das ist für uns ganz wichtig und entscheidend. Das heißt, ein ganz klares Ja zu einer nachhaltigen und langfristigen Lösung, vor allem einer Lösung, die langfristig auch finanziell auf guten Beinen steht.

noe.ORF.at: Wie wollen Sie denn sicherstellen, dass am Ende niemand draufzahlt? Es gibt ja gerade die Debatte, dass im Großraum Wien, wenn ich etwa von Klosterneuburg oder Mödling nach Wien fahre, ein Klimaticket dann teurer ist als die bisherigen Fahrkarten.

Mikl-Leitner: Deswegen sage ich, dass die besondere Situation der Ostregion in den Fokus genommen werden muss, dass hier alle zu Gewinnern werden müssen und dass es niemanden geben soll, der dabei verliert. Deswegen braucht es ganz klare, präzise Verhandlungen. Lieber etwas mehr Zeit und dafür dann ein gutes Ergebnis, und zwar ein gutes Ergebnis für unsere Pendlerinnen und Pendler in der gesamten Ostregion.

noe.ORF.at: Kommt es am 1. Jänner 2022?

Mikl-Leitner: Ich bin fest davon überzeugt, dass hier im Dezember eine Lösung vorliegen wird. Wir arbeiten daran.