Volkstanzgruppe Reinsberg
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Chronik

Landjugend: „Sozialer Motor“ in Gemeinden

Mit 20.000 Mitgliedern ist die Landjugend eine der größten Jugendorganisationen in Niederösterreich und vor allem in kleinen Gemeinden so etwas wie ein „sozialer Motor“. Der Mix zwischen gemeinnützigen Projekten und Party kommt bei der Jugend gut an.

In Dirndl und Lederhose probt eine Gruppe von Jugendlichen, alle um die 20 Jahre alt, in Reinsberg (Bezirk Scheibbs) für einen großen Volkstanzwettbewerb. Die Tänzerinnen und Tänzer sind fast alle auch Mitglieder bei der Landjugend. „Es gehört dazu, in einem kleinen Ort, dass man zur Landjugend geht“, erzählt eine von ihnen. „Ohne Landjugend wäre es ziemlich fad im Ort.“

Mit der Landjugend verbinden viele Menschen Party, in vielen Gemeinden gibt es Landjugenddiscos oder von den Jugendlichen organisierte Dorfbälle. In Reinsberg hat etwa die sogenannte „K-Disco“ bereits so etwas wie Kultstatus unter den Jugendlichen in der Region. Die stellvertretende Leiterin der Landjugend Reinsberg, Verena Eßletzbichler, will im Gespräch mit noe.ORF.at die Arbeit der Landjugend aber nicht nur auf Party reduziert wissen. „Ich glaube, es ist eine gesunde Waage. Sicher ist viel Party dabei, aber auch viele Seminare, die die Leute vielleicht nicht sehen. Die Leute sehen auch nicht, was man im Hintergrund alles macht.“

1946 als Fortbildungsverein für Bauernjugend gegründet

Gegründet wurde die Landjugend 1946 als „Ländliches Fortbildungswerk“ für Jugendliche. Ziel war es, die bäuerliche Jugend in mehreren Fachbereichen aus- und weiterzubilden. 1986 erfolgte die Umbenennung in Landjugend Niederösterreich, auch die Zielsetzungen wurden angepasst. Als „überparteiliche Jugendorganisation“, wie es auf der Homepage heißt, „stehen unter anderem die Persönlichkeitsentwicklung, die sinnvolle Freizeitgestaltung sowie die aktive Mitgestaltung im ländlichen Raum“ im Vordergrund.

In Niederösterreich gibt es derzeit 223 Landjugendgruppen. Die meisten (103) im Mostviertel, gefolgt vom Waldviertel (53), dem Weinviertel (42) und dem Industrieviertel (25). Die größte Gruppe ist jene in Hafnerbach (Bezirk St. Pölten) mit 131 Mitgliedern, die kleinsten Gruppen sind Leobersdorf (Bezirk Baden) und Neumarkt-Blindenmarkt (Bezirk Melk) mit jeweils 15 Mitgliedern.

Mädchen sind mit einem Anteil von 56 Prozent gegenüber den Burschen (44 Prozent) in der Überzahl. Jede Landjugendgruppe besteht aus einem Leiter und einer Leiterin. Das gilt auch für den Landesvorstand, an dessen Spitze aktuell Kerstin Lechner aus Furth an der Triesting (Bezirk Baden) und Johannes Baumgartner aus St. Leonhard am Forst (Bezirk Melk) stehen.

Landjugend hält Traditionen und Bräuche aufrecht

Die Landjugendgruppen in Niederösterreich halten in den Gemeinden Traditionen und Bräuche aufrecht: vom Volkstanzen wie in Reinsberg über das Maibaumaufstellen bis zum Sonnwendfeuer, Erntekronebinden und der Nikolausaktion. Während der Pandemie halfen die Jugendlichen in vielen Orten bei der Abwicklung der Tests in den Teststraßen, laut Angaben der Landjugend wurden 750 Corona-Hilfseinsätze gezählt.

Die Gruppen nehmen an verschiedenen Wettbewerben teil: vom Motorsägenschneiden über das Sensenmähen bis zu Fußball- und Volleyballturnieren. Traditionell findet eine Wallfahrt nach Mariazell statt. Die Landjugend organisiert außerdem einen Redewettbewerb, vermittelt Auslandspraktika und unterstützt seit mehr als 50 Jahren Hilfsprojekte in Tansania.

Der ORF Niederösterreich berichtet von 3. bis 5. September ausführlich über den Projektmarathon der Landjugend Niederösterreich: auf Radio Niederösterreich, in der Fernsehsendung „NÖ heute“ (19.00 Uhr, ORF2-N) und auf noe.ORF.at.

Projektmarathon als Aushängeschild

Aushängeschild der Jugendorganisation ist aber mittlerweile der Projektmarathon. Dabei bekommen die Gruppen von ihrer Gemeinde eine Aufgabe gestellt, die sie in 42,195 Stunden – also Marathonlänge – umsetzen müssen. Das erste Wochenende geht heuer vom 3. bis 5. September über die Bühne. 122 Gruppen sind angemeldet, rund 2.700 Jugendliche werden sich bei den Projekten engagieren. In den Vorjahren wurden etwa Kinderspielplätze errichtet, Wander- oder Themenwege gestaltet, Aussichtsplattformen, Rastplätze und Getränkebrunnen gebaut oder Marterl bzw. Kapellen, die schon etwas in die Jahre gekommen waren, renoviert.

Gemeinschaft, Spaß und gemeinnützige Projekte: Dieser Mix kommt bei der Jugend am Land offenbar gut an. Jugendliche ab 14 Jahren können der Landjugend beitreten, die Mitgliedschaft endet meist, wenn man verheiratet ist – nicht selten, dass die Landjugend dann gleich zwei Mitglieder auf einmal verliert.